Mission Vendetta: Thriller (German Edition)
den dunklen Bluterguss an seiner Schulter. »Sie sind verletzt.«
Er lächelte kurz. »Das ist passiert, als wir mit unseren Fallschirmen in Ihrem Gefängnis gelandet sind. Es war eine recht schmerzhafte Begegnung mit einem Schornstein.«
»Das wusste ich nicht.« Sie klang fast gerührt von seinem Geständnis.
Er zuckte mit den Schultern. »Das bringt der Job so mit sich. Ich hatte schon schlimmere Begegnungen.«
Darauf machte sie es sich ohne ein weiteres Wort auf dem Boden neben dem Badezimmer bequem. Der einzige Luxus, den sie sich gönnte, war ein Kissen.
Drake lag auf dem Rücken, die Arme hinter dem Kopf verschränkt, und starrte zu einem Spinnennetz hoch, das an der Deckenlampe hing. Es bewegte sich sacht in einer unsichtbaren Luftströmung hin und her. Die Kunststoffplatten an der Decke waren einmal weiß gewesen, jetzt jedoch vom Alter und vom Zigarettenrauch vergilbt.
»Typisch. Ihre erste Nacht in Freiheit, und dann landen Sie an einem Ort, gegen den selbst mein Haus wie das Savoy Hotel wirken würde.«
Als sie antwortete, klang ihre Stimme weicher und leise.
»In den meisten Nächten in Khatyrgan hätte ich jeden Mann in diesem Gefängnis getötet, um hier zu sein, wo ich jetzt bin. Es ist warm, ich kann herumlaufen und reden, wann ich will. Es gibt Essen und sauberes Wasser. Ich kann hinausgehen und die frische Nachtluft atmen. Ich kann einschlafen, ohne Angst haben zu müssen, vergewaltigt zu werden, wenn ich aufwache. Es ist gut, hier zu sein.«
Drake seufzte. »Wie haben Sie … Wie haben Sie es geschafft?«
»Was geschafft?«
»Zu überleben. Nicht verrückt zu werden.«
»So wie ich immer überlebt habe … ich habe all das einfach ausgeschlossen. Ich habe einen Teil von mir unberührt gelassen, ganz gleich, was mir passiert ist.« Er hörte, wie sie ausatmete. »Sie konnten mit meinem Körper machen, was sie wollten. Ich konnte sie nicht daran hindern. Aber mein Verstand gehörte mir selbst. Den konnten sie niemals kontrollieren.«
Er bezweifelte, dass er ertragen hätte, was sie hatte erdulden müssen.
»Ich habe es nicht so gemeint, verstehen Sie?«, sagte er schließlich.
Sie stützte sich auf die Ellbogen und sah ihn an. »Was haben Sie nicht so gemeint?«
»Was ich vorhin gesagt habe, dass ich mir wünschte, Sie wären noch dort. Das stimmt nicht. Niemand verdient es, an einem solchen Ort zu sein.«
Sie wirkte aufrichtig überrascht. »Nicht einmal ich?«
»Ich kenne Ihre Geschichte nicht, aber ich weiß, dass Sie immer noch hier bei mir sind.« Er stützte sich auf einen Ellbogen und sah sie an. »Das muss ja irgendetwas zu bedeuten haben.«
Anya sagte nichts, erwiderte seinen Blick jedoch etliche Sekunden lang. Auf ihrem Gesicht sah er denselben flüchtigen Ausdruck von Trauer und Verletzlichkeit, den er schon während des Flugs von Russland in die Staaten gesehen hatte.
Als sie ihren Kopf wieder auf das Kissen sinken ließ, folgte er ihrem Beispiel. In den nächsten Minuten hörte er nichts außer dem schwachen Summen der Klimaanlage und seinen eigenen Atemzügen. Schließlich überließ er sich dem Schlaf.
42
Drake beobachtete, wie sich die Windschutzscheibe in Zeitlupe auflöste. Tausende von winzigen Rissen breiteten sich wie ein Spinnennetz bei jedem Einschlag aus. Winzige Bruchstücke flogen in trägen Bögen nach außen und schwebten wie Schneeflocken vor seinen Augen.
Sein Blick fiel auf ein blaues Kleid dahinter, auf dunkles Haar und weit aufgerissene, flehentlich blickende Augen.
Drake erwachte mit einem Ruck und griff instinktiv nach der Waffe neben seinem Bett. Das war keine bewusste Bewegung, denn sein Verstand war immer noch in der albtraumhaften Welt gefangen, die ihn aufgesogen hatte.
Statt des kalten, rauen Griffs der Glock ertasteten seine Finger jedoch nur die glatte Oberfläche des Nachttischs.
»Suchen Sie etwas?«
Sein Kopf ruckte herum. Anya stand neben der Tür. Das Licht der aufgehenden Sonne drang durch die Spalten in den Jalousien hinter ihr. Sie hielt die Glock locker in der Hand.
Drake schnürte sich die Kehle zusammen, als er die Waffe anstarrte. Anya konnte jetzt tun, was sie wollte; sie konnte ihn erschießen, und er hatte keine Möglichkeit, sie daran zu hindern.
Sie erwiderte seinen Blick. In ihren Augen schimmerte ein Abglanz desselben mörderischen Blicks, den er in Khatyrgan gesehen hatte. Als könnte sie seine Furcht wittern und würde sie genießen.
Dann, mit einem Schlag, wurde ihr Blick weicher. Sie legte die Waffe auf
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