Mission Vendetta: Thriller (German Edition)
die Klinge des gegnerischen Messers im Nahkampf festklemmen .«
Drake war beeindruckt, sowohl von ihrer Waffenkenntnis als auch davon, wie viele Einzelheiten sie in diesem hektischen Moment registriert hatte.
»Sie sind geschieden«, fuhr sie fort. »Man kann noch den Abdruck sehen, wo der Ring an Ihrem Finger gesessen hat. Er ist bereits verblichen, also muss es ein paar Jahre her sein. Und Sie haben im Moment keine Beziehung.«
»Woher wollen Sie denn das wissen?« Es ärgerte ihn, wie genau ihre Vermutungen ins Schwarze trafen.
»Sie haben keine Fotos in Ihrer Brieftasche. Ich habe nachgesehen, während Sie geschlafen haben.« Sie lächelte, als sie sein Unbehagen bemerkte. »Außerdem habe ich bemerkt, wie Sie mich letzte Nacht angesehen haben. Sie haben bereits eine ganze Weile nicht mehr mit einer Frau geschlafen.«
Er konnte nicht verhindern, dass ihm das Blut in die Wangen stieg. Jetzt verstand er auch, warum sie sich vor ihm ausgezogen hatte. Sie hatte seine Reaktion testen wollen.
»Haben Sie meine Facebook-Seite gelesen oder so etwas?«, konterte er.
Das verwirrte sie immerhin, wenn auch nur für einen Moment. »Was ist ein Facebook?«
»Schon gut«, sagte er. »Wenn Sie ohnehin alle Antworten schon kennen, wozu brauchen Sie mich dann noch?«
»Weil es einige Fragen gibt, auf die ich keine Antwort weiß. Wie kommt es zum Beispiel, dass ein Mann wie Sie für einen Mann wie Cain arbeitet?«
Eine Weile schwiegen sie beide, aber er spürte, wie sie ihn mit ihrem Blick durchbohrte.
»Ich arbeite nicht für Cain«, antwortete er schließlich. »Ich arbeite für Dan Franklin.«
»Der Mann mit dem kaputten Rücken?«
Drake nickte. »Wir haben zusammen in Afghanistan gedient. Wir gehörten zu einer Special Task Force, die die Aufgabe hatte, die üblen Jungs unter den Taliban gefangen zu nehmen. Wir wurden gute Freunde, und als ich irgendwann das Regiment verließ, hat er mir einen Job bei der Agency besorgt.«
»Warum sind Sie ausgeschieden?«
»Darüber möchte ich nicht reden«, erwiderte er gepresst. Es gab viele Dinge aus seiner Zeit bei der 14th Special Operations Group, auf die er nicht gerade stolz war. Ganz besonders die Art und Weise seines Ausscheidens. So etwas würde er auf keinen Fall einer Frau auf die Nase binden, die er kaum kannte.
Zu seiner Überraschung drängte sie ihn nicht weiter. »Wie es aussieht, haben wir beide Dinge, über die wir lieber nicht sprechen wollen.«
Um sein Unbehagen zu überspielen, schaltete Drake das Radio an. Es dauerte einen Moment, bis es sich auf die winzige Radiostation des Lokalsenders eingestellt hatte, aber dann strömten die Klänge von Bob Marleys »Three Little Birds« aus den Lautsprechern.
»Vielen Dank«, knurrte Drake und streckte den Finger nach der Taste für den Sendersuchlauf aus.
»Warten Sie«, bat Anya ihn.
Er warf ihr einen verblüfften Blick zu. Sie saß da, den Kopf gegen die Kopfstütze gelehnt, und ihr Haar peitschte durch die Luft, aufgewühlt von dem Fahrtwind, der durch das offene Fenster hereindrang. Sie hielt die Augen geschlossen. Auf ihrem Gesicht lag ein so friedlicher und heiterer Ausdruck, dass er es nicht über sich brachte, den Sender zu wechseln.
»Ich hätte Sie niemals für einen Fan von Bob Marley gehalten.«
»Das war das erste Lied, das ich hörte, als ich nach Amerika kam«, erklärte sie. »Man spielte es im Radio, auf meiner ersten Fahrt nach Langley. Der Fahrer fragte mich, ob es mir etwas ausmachte, wenn er es sich anhörte.« Sie lächelte schwach und ein wenig sehnsüchtig. »Ich war schockiert. Noch nie hatte mich jemand um Erlaubnis gebeten, etwas tun zu dürfen. Niemand hatte sich jemals darum gekümmert, was ich dachte oder was ich wollte. Es war das erste Mal, dass ich wirklich das Gefühl hatte … frei zu sein. Es fühlte sich gut an.«
Drake sagte nichts. Darauf gab es nichts zu sagen. Das Beste, was er tun konnte, war, den Mund zu halten und sie das Lied genießen zu lassen.
Nicht zum ersten Mal dachte er über seine seltsame, rätselhafte Passagierin nach. Wer sie wirklich war, woher sie kam und was wohl in Zukunft aus ihr werden würde.
Sie kamen gut voran und hielten nur einmal an einer Tankstelle in South Carolina, um zu tanken und die Toilette zu benutzen. Zum Glück waren diesmal keine ortsansässigen Schwachköpfe unterwegs, und so fuhren sie ohne Zwischenfall weiter. Drake hatte sich einen großen Becher Cappuccino geholt und seiner Beifahrerin eine Flasche Coke.
Sie fuhren ohne
Weitere Kostenlose Bücher