Mission Vendetta: Thriller (German Edition)
daher den feindseligen Blick des Mannes, ohne mit der Wimper zu zucken.
»Nein«, sagte der Sheriff schließlich. Er gab sich keine Mühe, seine Verachtung zu verbergen. »Es gibt kein Problem.«
Als er davonmarschierte, schloss Dietrich die Augen und rieb sich den Nasenrücken. Ihm brummte der Schädel, und sein verletztes Bein pochte vor Schmerz.
»Scheißhinterwäldler!«, murmelte er auf Deutsch.
Anyas Stimmung schwankte zwischen Erleichterung und Verzagtheit, wenn sie daran dachte, erneut Kontakt mit Typhoon aufzunehmen. Vor vier Jahren hatte sie alles riskiert, um diesen Mann zu finden, und einen hohen Preis dafür gezahlt. Ihr war nicht danach, diese Erfahrung zu wiederholen.
Aber die Geheimnisse, die er hütete, lohnten den Aufwand.
Während ihres Gesprächs mit Drake hatte sich eine Idee in ihrem Kopf gebildet; eine Idee, die von ihrem verzweifelten Verlangen befeuert wurde, sich zurückzuholen, was sie verloren hatte. Es war derselbe Grund, der sie vor vier Jahren dazu gebracht hatte, die fruchtlose Verfolgung von Typhoon aufzugeben, und ebenfalls aus diesem Grund hatte sie in einem verzweifelten Schachzug ihre Karriere und sogar ihr Leben aufs Spiel gesetzt.
Wiedergutmachung.
Ihr Ansehen bei der Agency hatte durch das Debakel mit Munro und durch den Konflikt, der ihre Einheit gespalten hatte, sehr stark gelitten. Die ganze Angelegenheit hatte sie am Ende so angewidert, dass sie ihre Position aufgegeben und die Reste der Task Force Black aufgelöst hatte. Sie hatte fast ein Jahr lang in virtueller Isolation über ihre Fehler gebrütet.
Erst die Angriffe vom 11. September und die anschließende von den USA angeführte Invasion in Afghanistan hatten sie aus ihrem selbst auferlegten Exil herauslocken können. Aber sogar damals hatte sie gewusst, dass sie nie wieder die herausragende Stellung einnehmen würde, die sie einst innegehabt hatte, nie wieder so weit oben stehen würde wie damals, am Vorabend von Munros Verrat.
Die Chance, Beweise für das Vorhandensein von irakischen Massenvernichtungswaffen zu finden, war ihr wie ein Segen erschienen, wie die einmalige Chance, sich in Cains Augen zu rehabilitieren und zu beweisen, wie wertvoll sie immer noch für die Agency war.
Sie hatte diese Chance einmal vertan, aber jetzt bot sie sich ihr erneut.
Dies war auch einer der Gründe, weswegen sie Drake bis hierher begleitet hatte. Sie hätte ihm mindestens ein Dutzend Mal mit Leichtigkeit entkommen, ihn als Geisel nehmen oder sogar töten können. Aber sie hatte sich entschieden, bei ihm zu bleiben, weil sie wusste, dass er sie zu Munro führen konnte. Möglicherweise erwies er sich sogar als nützlich bei der Aufgabe, Typhoon aufzuspüren.
Wenn sie der CIA Munro und Typhoon auslieferte, konnte sie vielleicht, nur vielleicht, zu ihren eigenen Bedingungen in die Agency zurückkehren. Vielleicht konnte sie wieder für sie arbeiten.
»Erzählen Sie mir etwas über Munro.«
Anya blinzelte. Mit einem Mal war sie wieder in dem billigen Motelzimmer, und ihre Träume rückten – für den Moment jedenfalls – wieder in weite Ferne. »Was wollen Sie wissen?«
»Was ist wirklich zwischen Ihnen beiden vorgefallen?«, fragte Drake.
Sie lächelte grimmig. »Ich dachte, Cain hätte es Ihnen bereits erzählt.«
»Ich kenne seine Version, das stimmt. Aber ich möchte gern die Ihre hören.« Er trank einen Schluck Bier. »Wie haben Sie ihn kennengelernt?«
Sie seufzte und dachte an eine Zeit zurück, als ihr Leben noch völlig anders verlief. »Ich habe ihn rekrutiert«, begann sie. »Meine Einheit hatte zu wenig Leute, und Cain hat mich unablässig unter Druck gesetzt, neue Operatives zu verpflichten. Ich war dagegen. Ich wollte keine Außenseiter hereinholen, aber … Cain hat mich überredet. Also habe ich ein paar Kandidaten ausgesucht, und einer dieser Männer war Munro.«
Selbst jetzt noch erinnerte sie sich an Munro, wie sie ihn an jenem Tag zum ersten Mal gesehen hatte. Er hatte in einer Reihe mit einem halben Dutzend anderer Kandidaten in einer Ausbildungshalle in Camp Peary, Virginia, gestanden. »Die Farm«, wie man das Lager in der Agency nannte.
Er war jung gewesen, eifrig und vielleicht ein bisschen zu sehr von sich eingenommen, hatte ein ansteckendes Grinsen und ein natürliches Charisma, auf das andere zu reagieren schienen.
»Die meisten anderen stiegen im Laufe des Auswahlverfahrens aus, nicht aber Munro. Er schluckte alles, was ich ihm zumutete, und machte weiter. Ich habe noch nie einen so
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