Mission Vendetta: Thriller (German Edition)
musste etwa Mitte dreißig sein, war weder auffallend schön noch hässlich, sondern eher ein bisschen plump, mit einem ovalen Gesicht, weichem Kinn und einer Hakennase.
Sie vermied jeglichen Augenkontakt mit ihm, und er sah sie auch nur kurz an. In ländlichen Gegenden wie dieser galt es als unhöflich, die Ehefrau eines Mannes mit mehr als gleichgültigem Desinteresse zu betrachten. Und er wollte auf keinen Fall herausfinden, ob Haifaa tatsächlich so friedlich war.
Der Tee war stark und süß und wurde auf die traditionelle arabische Art ohne Milch serviert. Das entsprach nicht gerade Drakes Geschmack, und nachdem sie so viele Stunden über heiße Wüstenstraßen geholpert waren, war der Gedanke an ein heißes Getränk noch weniger verlockend. Ein strenger Blick von Anya jedoch überzeugte ihn, trotzdem eine Tasse zu akzeptieren.
Er glaubte, ein amüsiertes Funkeln in Hussams Blick zu bemerken. Vermutlich wirkten sie fast wie ein altes Ehepaar.
»Also, Ameera, sag mir, was dich hierherführt«, erkundigte sich der alte Mann schließlich.
»Wir müssen morgen die irakische Grenze überqueren. Du musst mir die beste Stelle dafür nennen. Außerdem brauchen wir Waffen, am besten Sturmgewehre.«
Hussam betrachtete sie unter seinen schweren Lidern. »Du verlangst recht viel.«
»Ich weiß, dass du die Waffen hast. Du hast immer Waffen. Und ich weiß auch, dass deine Leute die amerikanischen Grenzpatrouillen beobachten. Wie könntest du sonst Benzin ins Land schmuggeln?«
Drake bemerkte, wie in den Augen des alten Mannes kurz Ärger und Überraschung aufflammten. Aber er verbarg beides rasch.
»Ich würde nicht fragen, wenn es nicht wichtig wäre«, fuhr Anya fort. Vielleicht versuchte sie, seinen verletzten Stolz zu beruhigen. »Auf der anderen Seite der Grenze, im Irak, gibt es einen Mann, den wir unbedingt finden müssen. Er ist im Besitz von Geheimnissen, für die Leute töten würden. Sehr viele Menschenleben hängen davon ab, Hussam.«
Sie war klug genug, nicht zu erwähnen, dass Munro Drakes Schwester als Geisel festhielt, oder etwas über den geheimen Waffendeal zu verlautbaren, für den Anyas Kontaktmann angeblich Beweise hatte. Je weniger dieser Hussam wusste, desto geringer war die Chance, dass er sie verraten konnte, falls er gefangen genommen werden sollte.
»Wenn ihn die falschen Leute zuerst finden, kann niem and abschätzen, welche Folgen das nach sich ziehen kö nnte«, log Drake. Er hoffte, dass sie ihn gemeinsam vielleicht umstimmen konnten.
»Nur du kannst uns helfen«, stimmte Anya ein.
Hussam griff nach einer Dattel und kaute eine Weile nachdenklich darauf, bevor er eine Entscheidung fällte. »Einverstanden. Was auch immer ihr braucht, werdet ihr bekommen«, sagte er. Dann hellte sich seine Miene ein wenig auf. »Ihr habt heute Abend noch nichts gegessen, stimmt’s?«
Anya lächelte ihn bedauernd an, eine Geste, die sie viel jünger aussehen ließ, als sie war. »Abgesehen von einem Apfel in Riad …«
Hussam lachte erneut. »Dann werdet ihr beide heute Abend meine Gäste sein. Ich lasse euch ein Zimmer herrichten, wo ihr euch waschen und ausruhen könnt.«
54
»Verraten Sie mir eins, Leutnant«, begann Dietrich, während sie sich von Tariqs Büro entfernten. »Wie ist es Ihnen gelungen, Ihren Vorgesetzten umzustimmen?«
Er schätzte al Ameen auf Anfang dreißig. Der Mann sah gut aus, und seinen scharfen Augen entging nichts. Im Unterschied zu den meist recht grimmig blickenden Gestalten, die hier herumliefen, zeigte er ein freundliches, fast entwaffnendes Lächeln. Sein wahres Alter verriet nur der zurückweichende Haaransatz, den al Ameen mit einer Kurzhaarfrisur zu kaschieren suchte.
»Sie können mich Rahul nennen«, antwortete der Leutnant. »Ich habe ihm gesagt, dass Sie seine Zeit nicht wert wären und dass ich ihm die Bürde abnehmen würde, sich mit ahnungslosen Fremden abgeben zu müssen.«
»Sehr großzügig von Ihnen«, gab Dietrich zurück.
»Warum sind Sie so scharf darauf, uns zu helfen?«, wollte Keegan wissen.
»Männer wie Tariq gehören zu der älteren Generation. Sie betrachten den Westen als einen Feind, gegen den man sich wappnen muss. Das sehe ich nicht so.«
»Tatsächlich nicht? Und wie sehen Sie uns?«, setzte Frost nach.
»Als Partner«, erklärte er. »Wir arbeiten zusammen, und wir profitieren beide davon. Arbeiten wir gegeneinander, werden wir beide scheitern. Mein Land ist durch amerikanisches Geld zum wohlhabendsten und höchstentwickelten
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