Mission Vendetta: Thriller (German Edition)
Stimme klang jetzt ruhiger. »Ich bin deine Schwester, und ich bin für dich da, ganz gleich, was auch passiert. Das weißt du.«
»Ja.« Seine Stimme klang belegt und rau von dem Drink. »Das weiß ich.«
Sie war immer für ihn da gewesen, obwohl er es nicht verdient hatte.
»Also rede mit mir«, drängte sie ihn. »Was auch immer du zu sagen hast, ich höre zu, das verspreche ich dir.« Sie zögerte einen Moment und versuchte, einen leichteren Ton anzuschlagen. »Wie es scheint, kannst du einen guten Zuhörer brauchen.«
Damit hatte sie natürlich recht. Drake wusste nicht, wie viel die anderen Mitglieder der Shepherd Teams ihren Freunden und ihrer Familie erzählten, ob sie sich irgendeinem von ihnen anvertrauten oder es vorzogen, das, was bei der Arbeit passierte, für sich zu behalten.
Er hatte sich immer für Letzteres entschieden, aber das war ein sehr mühevoller Weg, der mit jedem Schritt schwieriger wurde.
»Du kennst mich viel zu gut«, räumte er ein.
»Es ist nicht so schwer, aus dir schlau zu werden.« Ihre Worte klangen beiläufig, aber ihr Tonfall war es nicht. »Also sag mir, was dir im Kopf herumgeht.«
Er konnte sich ein kleines Lächeln nicht verkneifen. »Ich komme nach Hause, Jess.«
Es dauerte fast zwei Sekunden, bis sie zu einer Antwort imstande war. »Nach England, meinst du?«
»Ja. Jedenfalls für eine Weile.« Nach den Strapazen der letzten Nacht schuldeten ihm Cain und die Agency mindestens zwei Wochen Urlaub. Außerdem konnte er ihr das, was er zu sagen hatte, nicht über eine ungesicherte Telefonleitung mitteilen. »Natürlich nur, wenn du mich bei dir aufnehmen willst.«
»Selbstverständlich!« Diesmal kam ihre Antwort unverzüglich. »Du weißt, dass du hier immer willkommen bist.«
Er lächelte, obwohl es ihn schmerzte, diese Worte zu hören. Ihre Stimme erinnerte ihn an eine längst vergangene Zeit, eine glücklichere Zeit.
»Ich muss hier zuerst noch ein paar Angelegenheiten regeln, aber ich melde mich bald wieder bei dir. Und dann hoffentlich zu einer etwas christlicheren Zeit«, setzte er hinzu. Es gelang ihm, ein wenig Humor in seine Stimme zu legen. »Dann reden wir weiter, einverstanden?«
Sie wusste, warum er jetzt auflegte. Sie kannte ihn besser als jeder andere. »Also gut. Pass auf dich auf, Ryan. Ich liebe dich.«
»Ich dich auch.«
Er unterbrach das Gespräch und blickte auf das Glas mit Whisky. Dann holte er tief Luft und leerte es in einem Zug. Der Alkohol lief brennend seine Speiseröhre hinab.
Aber das konnte ihn nicht davon abhalten, sich ein weiteres Glas einzuschenken.
»Sie leidet unter Dehydrierung und Mangelernährung«, erklärte der Arzt. Er hatte eine sanfte Stimme, die so gar nicht zu seiner untersetzten Gestalt und seinem schwammigen Gesicht passte, auf dessen Wangen bereits ein Bartschatten zu sehen war. Auf dem Namensschild an seinem Kittel stand Cooper.
»Wir haben zwar die Ergebnisse der Blutuntersuchung noch nicht, aber wir wissen bereits, dass sie anämisch ist. Außerdem dürfte der Entzug von Sonnenlicht einen Mangel an Vitamin D verursacht haben. Die Knochendichte stellt in einem solchen Fall normalerweise ebenfalls ein Problem dar, aber ihrer Muskulatur nach zu urteilen, hat sie während ihrer Haft Gymnastik betrieben. Sie muss bemerkenswert fit gewesen sein, als sie inhaftiert wurde.«
Franklin reckte sich und ignorierte den schmerzhaften Krampf in seinem unteren Lendenwirbelbereich. Der Flug von der Luftwaffenbasis Andrews nach Alaska war eine wahre Qual gewesen. Er hatte eine scheinbare Ewigkeit auf einem ungemütlichen Sitz aushalten müssen, wobei sich seine Rückenmuskeln allmählich verknoteten.
Aber er hatte natürlich hierherkommen müssen. Cain hatte keine Verzögerung geduldet, als er erfuhr, dass das Shepherd Team und die Frau, für deren Rettung sie so viel riskiert hatten, in Alaska geblieben waren. Er hatte darauf bestanden, sofort hierherzufliegen, und zu diesem Zweck sogar eine eigene Maschine gechartert.
Das Objekt ihrer Aufmerksamkeit saß jetzt in einem Raum, in dessen Mitte ein Tisch auf dem Boden angeschraubt war. Ein Plastikbecher mit Orangensaft stand unberührt vor ihr.
Der erste Schritt war eine gründliche medizinische Untersuchung und Diagnose gewesen. Maras hatte zwar nur wenige Anzeichen von Schwäche gezeigt, aber ein Blick auf sie genügte, um zu wissen, dass sie jahrelang körperliche Misshandlungen und Vernachlässigung hatte erdulden müssen . Es war noch nicht absehbar, welche
Weitere Kostenlose Bücher