Mission Vendetta: Thriller (German Edition)
machte es sich auf dem Stuhl gemütlich. Sie wusste, dass sie ständig von Videokameras und von Menschen auf der anderen Seite des Spiegels beobachtet wurde, aber das kümmerte sie nicht. Sollten sie doch zusehen!
Zum ersten Mal seit langer Zeit musste sie nicht ständig auf der Hut sein. Sie brauchte sich keine Gedanken um ihr Überleben zu machen. Keine Wachen würden unvermittelt hereinstürmen. Es würde kein bedrohliches Dröhnen von Türen mehr geben oder schwere Schritte, die einen weiteren Besuch von Bastard ankündigten.
Sie unterdrückte ein Lächeln, als sie an das brutale, blutige Ende dachte, das sie ihm bereitet hatte. Es war natürlich unprofessionell, derartig die Selbstbeherrschung zu verlieren, aber das kümmerte sie nicht. Es hatte sie ungeheuer befriedigt zuzusehen, wie er durch ihre Hände starb.
Sie bedauerte nur, dass sie sein Sterben nicht länger hatte hinauszögern können, dass es ihr nicht möglich gewesen war, ihn länger leiden zu lassen. Normalerweise bereitete ihr überflüssige Grausamkeit kein Vergnügen, aber bei ihm hätte sie eine Ausnahme gemacht. Bedauerlicherweise hatte sie nicht genug Zeit gehabt; es war wichtiger gewesen, dafür zu sorgen, dass er wirklich starb.
Die Frage war jetzt, was mit ihr passieren würde. Sie hatte keine Angst vor der Zukunft – sie war zu weit gekommen und hatte zu viel ertragen, um jetzt noch Angst zu empfinden. Aber sie war neugierig, warum Cain sich all die Mühe gemacht hatte, nachdem er vier lange Jahre keinen Finger gerührt hatte.
Ihre Gedanken wurden durch das laute Summen der Zellentür unterbrochen. Sie blickte auf, als die Tür aufschwang. Überrascht sah sie, dass Drake den Raum betrat.
Seit ihrer letzten Begegnung hatte er sich umgezogen. Er hatte die schwarze paramilitärische Uniform, den Waffengürtel und die kugelsichere Weste gegen einfache Jeans, Wanderstiefel, ein schwarzes T-Shirt und einen grauen Pullover mit Reißverschluss eingetauscht, der am Hals offen stand. Sein dunkelbraunes Haar war feucht und zerzaust; entweder hatte er gerade geduscht, oder er war draußen im Regen gewesen.
Regen. Sie hatte seit vier Jahren keinen Regen mehr auf ihrer Haut gespürt.
Zum ersten Mal betrachtete sie ihn richtig, sah ihn nicht als einen Soldaten oder Kameraden, als eine Quelle für Informationen oder eine mögliche Bedrohung, sondern als Mann.
Ihr fiel auf, wie groß er war. Größer als sie, vielleicht ein Meter fünfundachtzig. Er war gut gebaut. Nicht aufgebläht und mit gewölbter Brust wie ein Bodybuilder. Stattdessen hatte er eine durchtrainierte, athletische Figur, bei der Kraft und Beweglichkeit in einem ausgewogenen Verhältnis standen.
Seine Haltung verriet, dass er an körperliche Gefahr gewöhnt war und sich zutraute, sein Leben zu verteidigen. Er stolzierte nicht und marschierte auch nicht breitbeinig herum, sondern er gab sich locker und selbstsicher. Das war das Ergebnis eines ereignisreichen Lebens und von Selbstbewusstsein.
Sie wusste, wovon sie redete.
Sein Alter war nicht so leicht zu erraten. Er war nicht alt und verbraucht, aber er war auch nicht mehr jung oder gar jungenhaft. Er hatte ein schmales, gebräuntes Gesicht mit harten, klar definierten Zügen, das eine Intensität ausstrahlte, die einem nur das Alter und die Erfahrung verliehen. Seine Nase war gerade und schmal, er hatte ein markantes Gesicht mit prägnanten Wangenknochen, die sich zu einem kantigen Kinn hin verjüngten.
Seine Augen waren leuchtend grün, und ihr Blick war auf sie konzentriert. Außerdem lag eine seltsame Mischung aus Misstrauen, Neugier und vor allem Überraschung darin.
Nein, Überraschung traf es nicht ganz. Drake war offenbar erstaunt über die Veränderung, die mit dieser Frau vorgegangen war.
Die schmutzige, blutbefleckte Gefängniskleidung war verschwunden, ebenso der Schmutz und Dreck auf ihrer Haut. Sie war zwar noch blass nach all den Jahren ohne Sonne, aber sie war sauber und schimmerte rosig. Ihr langes, dichtes blondes Haar, zuvor fettig, verfilzt und zerzaust, war gründlich gewaschen und gebürstet. Sie trug es zu einem einfachen Pferdeschwanz zusammengebunden.
Das schlichte weiße T-Shirt ließ ihre blassen, aber sehnigen Arme frei. Ihr Geschlecht war unübersehbar. Die Wölbung ihrer Brüste, die sich unter dem T-Shirt abzeichnete, die sinnlichen, vollen Lippen, die ausgeprägten Wangenknochen und der klare, elegante Schwung ihres Kinns sprachen eine deutliche Sprache. Trotz allem, was sie hatte erdulden
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