Mission Vendetta: Thriller (German Edition)
war zwar ein ziemlicher Umweg, aber ihr war klar, warum sie den nahmen. So blieben sie auf den Hauptverkehrsadern und kamen schneller voran.
Es dauerte nicht lange, bis sie durch eine Welt aus grünen Vorstädten glitten, vorbei an gemütlichen Doppelhäusern und schicken Cafés. Wohin Anya auch blickte, sah sie Männer mit Sonnenbrillen und Polohemden, Frauen in modischen Hosenanzügen, die eifrig in ihre Handys sprachen, große, glänzende SUV s und luxuriöse Limousinen.
Der ganze Ort roch nach Überfluss und Exzess, nach Komfort und Sicherheit und Klimaanlagen. Und er unterschied sich so radikal von der Welt, in der sie die letzten vier Jahre verbracht hatte, dass sie eine Weile einfach nur aus dem Fenster starrte, fasziniert von diesem Widerspruch.
Drake sagte nichts. Er war ohnehin nicht sonderlich gesprächig, was ihr sehr gefiel. Sie hasste geschwätzige Menschen, vor allem redselige Männer. Ihrer Meinung nach verriet das einen Mangel an Selbstbewusstsein, als ertrügen sie das Schweigen nicht und verspürten den Drang, es mit sinnlosem Geplapper zu füllen.
Aber für sein Schweigen gab es noch einen anderen Grund. Was auch immer er vorhin am Telefon gehört hatte, es hatte ihn zutiefst erschüttert.
Sie wusste nicht genau, ob sie sich deshalb Sorgen machen musste oder nicht. Sein persönliches Schicksal interessierte sie zwar nicht, aber sie fragte sich, ob sein Unbehagen in irgendeiner Weise mit ihr zu tun haben könnte. Hatte er etwas darüber erfahren, was mit ihr geschehen würde, und bereitete ihm das Kopfzerbrechen?
Das Funkgerät unter dem Armaturenbrett piepte.
»Einheit eins. Drei Meilen nördlich von Ihrer Position bildet sich nach einem Unfall ein Stau auf dem Anacostia Freeway. Fahren Sie über die Frederick Douglas Bridge.«
»Verstanden. Frederick Douglas«, antwortete der Fahrer über die Freisprecheinrichtung. Anya kannte seinen Namen nicht, aber es war derselbe Mann, der dabei geholfen hatte, ihr den Peilsender zu implantieren.
Er war groß, etwa Mitte vierzig, breitschultrig und muskulös. Seiner Haltung und seiner Körpersprache nach zu urteilen, war er vermutlich einmal beim Militär gewesen. Er hatte die entspannte, lakonische Ausstrahlung eines Mannes, der seit Jahren denselben Job machte und ihn in- und auswendig kannte. Sie vermutete, dass er eher daran gewöhnt war, Leute einzuschüchtern, als sie zu bekämpfen, und wahrscheinlich nicht allzu schwer zu erledigen sein würde.
Der Mann sah Watts an und verzog das Gesicht. »Jeden Tag der gleiche Mist.«
Sie verließen den Freeway, als der Verkehr gerade begann, dichter zu werden, und fuhren nach Nordwesten über die Frederick Douglas Bridge. Sie kamen direkt am Washington Naval Yard mit den finsteren Reihen grauer Kriegsschiffe vorbei, und bogen dann Richtung Central D.C. ab, wo sie auf den Southwest Freeway stoßen würden.
»Sind Sie schon lange bei der Agency, Mr. Drake?« Die Frau namens Watts drehte sich auf ihrem Sitz um und tat, als würde Anya nicht existieren.
Sie war Mitte dreißig, sah gepflegt und durchtrainiert aus und war auf eine Weise hübsch, die nicht zu viel Aufmerksamkeit erregte. Anya nahm einen schwachen Hauch ihres Parfüms wahr. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie selbst das letzte Mal Parfüm aufgelegt hatte.
Anders als der Fahrer hatte Watts keinen militärischen Hi ntergrund. Sie hatte zweifellos ein College besucht, wahr scheinlich ohne einen Abschluss gemacht zu haben, aber sie war zweifellos intelligent und motiviert. Sie hatte das Schießprogramm der Agency absolviert und beherrschte v erschiedene Kampftechniken mit und ohne Waffen – Anya hatte geholfen, beides zu entwickeln, und kannte die Grenzen dieser Programme.
So wie die Frau aussah, trainierte sie alle paar Tage in einem Gymnastikstudio und joggte mehrmals in der Woche , wahrscheinlich morgens. Sie rauchte nicht, trank nicht übermäßig und aß vermutlich auch nicht sonderlich viel Fastfood. Aber sie trainierte vor allem für ihr gutes Aussehen und nicht, weil ihr Job es von ihr verlangte. Sie hatte etwas Weiches an sich, eine Selbstgefälligkeit, die Anya ein wenig reizte.
Interessanter jedoch war die Waffe, die Watts in einem Schulterhalfter unter ihrer rechten Achsel trug. Als sie sich herumdrehte, hatte sich ihre Jacke ein wenig geöffnet, sodass die Pistole sichtbar wurde. Es war eine Glock, Modell 22, die mit 40er Munition von Smith & Wesson geladen war. Ihre effektive Reichweite betrug bis zu fünfzig Meter. Das war
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