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Mission Walhalla

Mission Walhalla

Titel: Mission Walhalla Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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Haufen gewesen wären. Nach dem ganzen Aufwand, mich aus Deutschland rauszuschaffen, schickten sie mich dorthin zurück. Ein typischer Fall, wo die rechte Hand nicht weiß, was die linke tut. Und jetzt bin ich hier bei Ihnen.»
    «Arbeitet Mielke noch für die Amerikaner?»
    «Ich wüsste nicht, warum nicht. Jemand in einer so hohen Position? Er war ihre wichtigste Quelle für Geheimdienstinformationen über die DDR . Aber sie haben ihn mit niemandem geteilt. Selbst die Organisation Gehlen hatte keine Ahnung, dass Mielke für die Amis spionierte. Gehlen wusste, dass die Amis einen Agenten in den hohen Reihen hatten. Als die Amis nicht verraten wollten, um wen es sich handelte, beschloss Gehlen, die Zusammenarbeit mit ihnen zu beenden und sich ganz auf die Seite der Westdeutschen zu schlagen.»
    «Und wieso haben die Sie dann gehen lassen und sind das Risiko eingegangen, dass Sie uns das alles erzählen?»
    «Tja, erstens einmal wissen die nicht alles über mich und Mielke. Ich habe Ihnen bestimmte Dinge offenbart, die ich denen nicht gesagt habe. Aber das spielt auch im Prinzip keine Rolle. Nicht mehr. Ich habe seit 1949, als ich nach Argentinien ging, keine Verbindung mehr zu Mielke. In der Zwischenzeit ist er der zweit- oder drittmächtigste Mann in der DDR geworden, wer würde mir also glauben? Wie soll ich irgendwas von dem, was ich Ihnen erzählt habe, beweisen? Ich kann Ihnen nur mein Wort geben, mehr nicht. Außerdem habe ich andere Sorgen. Falls Sie es vergessen haben, ich möchte Sie vor allen Dingen davon überzeugen, dass nicht ich es war, der 1940 die Gefangenen aus Gurs in der Nähe von Lourdes erschossen hat. Ich glaube, denen ist nicht mal in den Sinn gekommen, dass Sie sich für Mielke interessieren könnten. Was die betrifft, geht es Ihnen nur darum, alte Rechnungen mit Leuten wie mir zu begleichen. Verzeihen Sie, wenn ich das sage, meine Herren, aber sie glauben, eure Geheimdienstinformationen hingen am Zaun des moslemischen Extremismus in Algerien fest und hätten keinerlei Bedeutung in ihrem Kalten Krieg gegen den russischen Kommunismus. Was ihr hier macht, ist ein Nebenschauplatz. Die halten sogar die Briten für wichtiger als euch.»
    Nichts davon wollten die Franzosen gerne hören, aber sie rechneten damit, es zu hören. Die Franzosen waren absolut pragmatisch; nicht die Tatsachen zählten, sondern die Erfahrung. Nur so konnten es die Franzosen überhaupt mit sich aushalten.
    Später kamen wir wieder auf Edgard de Boudel zu sprechen, und einer der beiden SDECE -Männer stellte mir die gleiche Frage, die Heydrich mir 1940 in Bezug auf Mielke gestellt hatte: «Glauben Sie, Sie würden ihn wiedererkennen?»
    «Edgard de Boudel? Keine Ahnung. Es ist sieben Jahre her. Vielleicht. Warum?»
    «Wir wollen ihn festnehmen und ihm den Prozess machen.»
    «Im Cherche-Midi? Wie viele Prozesse haben in dem Gerichtsgebäude stattgefunden? Hunderte, nicht? Wie viele Kriegsverbrecher und Kollaborateure habt ihr zum Tode verurteilt? Ich sage Ihnen, wie viele. Es stand in der Zeitung. Sechstausendfünfhundert. Viertausend Angeklagte wurden in Abwesenheit verurteilt. Finden Sie nicht, das reicht? Oder legt ihr es wirklich darauf an, dass es Ausmaße wie bei der Französischen Revolution annimmt?»
    Sie sagten nichts, während ich mir eine Zigarette ansteckte.
    «Wieso wollt ihr ihn vor Gericht stellen? Weil er in der SS war? Das kauf ich euch nicht ab. Frankreich ist voller Exnazis. Außerdem mochte ich ihn. Ich mochte ihn sehr. Wieso sollte ich ihn verraten? Gesetzt den Fall, ich könnte es überhaupt.»
    «Seit Stalins Tod im letzten Jahr führt euer Kanzler Adenauer Verhandlungen, um die Freilassung der letzten deutschen Kriegsgefangenen zu erreichen. Diese letzten sind vielleicht die schlimmsten oder zumindest die wichtigsten und in den Augen der Sowjets die schuldigsten. Viele dieser Männer werden im Westen wegen Kriegsverbrechen gesucht. Einschließlich Edgard de Boudel. Laut uns vorliegenden Informationen plant er seine Rückkehr aus der Sowjetunion nach Deutschland im Zuge einer dieser Repatriierungen. Wir glauben, dass er versuchen wird, von Deutschland zurück nach Frankreich zu kommen.»
    «Ich begreife das nicht», sagte ich. «Wenn er für den KGB gearbeitet hat, wieso kommt er dann als Kriegsgefangener zurück?»
    «Weil er in seiner derzeitigen Funktion nicht mehr nützlich für sie ist. Um sich ihre Gunst wieder zu erschleichen, bleibt ihm nichts anderes übrig, als zu tun, was sie von ihm

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