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Mission Walhalla

Mission Walhalla

Titel: Mission Walhalla Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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ich Elisabeth von der Tür weg in die Küche, wo wir uns zärtlich umarmten.
    «Was ist denn in dich gefahren?», sagte ich. «Einfach so die Stasi zu erwähnen?»
    «Keine Ahnung. Ist mir so rausgerutscht.»
    «Trotzdem, du hast dich ziemlich gut aus der Affäre gezogen, finde ich. Ich hatte das Fleisch von Richard Heike völlig vergessen. In der Armee haben wir von dem Zeug gelebt.»
    «Deshalb haben sie ihn wahrscheinlich auch erschossen.»
    «Wer? Die Russen?»
    Sie nickte. «Wer sind die beiden Kerle?»
    «Bloß zwei Handlanger des französischen Geheimdienstes.»
    «Aber sie sind doch Deutsche, oder?»
    «Ich glaube, die Franzosen lassen die Drecksarbeit gern von unsereins erledigen.»
    «Das machst du also zurzeit.»
    «Ehrlich gesagt weiß ich gar nicht, was ich zurzeit mache.»
    «Beruhigender Gedanke.»
    «Ich hab den Franzosen erzählt, ich müsste zu dir, um um deine Hand anzuhalten. Du hättest mir ein Ultimatum gestellt.»
    «Eigentlich gar keine schlechte Idee, Gunther.» Sie löste sich aus meiner Umarmung und setzte Kaffeewasser auf. «Ich lebe nicht gern allein. In Berlin allein zu sein ist schlimmer, als an einem anderen Ort allein zu sein. Sogar die Bäume sehen hier einsam aus.»
    «Soll das heißen, du wärest wirklich gern mit mir verheiratet?»
    «Wieso nicht? Du warst immer gut zu mir, Gunther. Einmal 1931. Dann wieder 1940. Ein drittes Mal 1946. Und dann noch einmal im letzten Jahr. Das macht viermal in dreiundzwanzig Jahren. Mein Vater hat uns verlassen, als ich zehn war. Mein Mann – na, du weißt ja, wie er war. Hat immer schnell die Fäuste fliegen lassen, mein Ulrich. Meinen Bruder habe ich seit Jahren nicht gesehen.» Elisabeth holte ein Taschentuch hervor und betupfte sich die Augen. «Gott, es wird mir erst jetzt richtig klar, dass du einer der ganz wenigen verlässlichen Menschen in meinem Leben bist. Vielleicht sogar der einzige.» Sie schniefte laut. «Mist.»
    «Was ist mit deinen Amerikanern?»
    «Was soll mit denen sein? Ist einer von ihnen etwa hier bei mir und trinkt Kaffee in meiner Küche? Was meinst du? Schicken sie mir Geld aus Amerika? Pustekuchen. Die sind mit mir ins Bett gegangen, solange sie hier waren, und dann sind sie zurück nach Hause, nach Wichita und Phoenix. So sind sie nun mal, die Amis. Ach ja, da war einer, von dem ich dir noch gar nicht erzählt habe. Major Winthrop. Der hat mir tatsächlich Geld gegeben, allerdings ohne dass ich darum gebeten oder es gewollt hätte, wenn du verstehst, was ich meine. Er hat es immer auf die Kommode gelegt, damit er mit reinem Gewissen zu seiner Frau in Boston zurückkehren konnte, weil wir so ja eher eine Geschäftsbeziehung hatten. Zumindest in seinen Augen. Ich war bloß eine kleine Gespielin, die er hin und wieder besucht hat, um sich einen blasen zu lassen.» Sie putzte sich die Nase, aber die Tränen liefen weiter. «Und du fragst mich, ob ich dich heiraten will, Gunther. Nicht nur Berlin ist eine Insel, ich bin auch eine. Und wenn ich nicht bald was dagegen unternehme, dann weiß ich nicht, was noch aus mir werden soll. Du willst ein Ultimatum? Da hast du es. Du willst, dass ich dir helfe? Dann hilf mir. Das ist mein Preis.»
    Ich nickte. «Dann können wir ja von Glück sagen, dass ich vorbereitet bin.» Ich reichte ihr die Schachtel mit dem Ring, den Vigée mir besorgt hatte. Bei einem Pfandleiher in Göttingen gekauft, hatte er gesagt, aber wenn er ihn dem Zwergenkönig Alberich gestohlen hätte, wäre es mir auch egal gewesen.
    Elisabeth öffnete die Schachtel. Der Ring war nicht aus Rheingold, aber er sah immerhin einigermaßen wertvoll aus, obwohl ich schon schönere Brillanten gesehen hatte. Das schien sie jedoch überhaupt nicht zu kümmern. Meiner Erfahrung nach mögen Frauen Schmuck im Allgemeinen, egal, wie er aussieht. Wenn sie dich mögen, freuen sie sich fast immer über einen Ring, gleichgültig, von welcher Größe und Farbe er ist.
    Sie schnappte nach Luft und nahm ihn rasch aus der Schachtel.
    «Falls er nicht passt», sagte ich lahm, «kann man ihn bestimmt passend machen.»
    Aber der Ring steckte bereits an ihrem Finger und saß anscheinend ganz prima, was ihr prompt wieder ein paar Tränen entlockte. Eines stand fest: Ich hatte ein großes Talent darin, Frauen glücklich zu machen.
    «Nur damit du Bescheid weißt», sagte ich. «Meine beiden vorherigen Frauen sind gestorben; die erste nach dem Ersten Weltkrieg und die zweite kurz nach dem Zweiten. Das ist keine Bilanz, auf die man als Ehemann

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