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Mission Walhalla

Mission Walhalla

Titel: Mission Walhalla Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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oder nicht? Dann gäbe es im Handumdrehen keine Disziplin mehr, und die Armee wäre dahin. Also: Sind Sie wahnsinnig oder krank oder ein Feigling? Oder sind Sie vielleicht ein Judenfreund?»
    «Es interessiert mich nicht, wer oder was sie sind», sagte ich. «Ich weiß nur, dass ich nicht nach Russland gekommen bin, um alte Frauen zu erschießen.»
    «Hör sich den einer an», sagte Blume. «Was für ein Offizier sind Sie eigentlich, Hauptsturmführer? Sie sollen Ihren Männern ein Vorbild sein. Ich hätte nicht übel Lust, Sie mit ins Ghetto zu nehmen, um zu sehen, ob Sie uns was vorspielen oder ob Sie wirklich so zimperlich sind, wenn es darum geht, Juden zu töten.»
    Mundt lachte.
    «Eins kann ich Ihnen versprechen», sagte Blume, «wenn es nach mir geht, sind Sie die längste Zeit Hauptsturmführer gewesen. Dann können Sie den Rest Ihrer Tage als einfacher Schütze in der SS verbringen. Haben Sie mich verstanden?»
    «Blume», sagte Mundt amüsiert. «Sehen Sie sich das hier mal an.» Er reichte Blume die Papiere der NKWD -Leute, die ich in Goloby exekutiert hatte. «Schauen Sie.»
    Blume warf einen Blick auf die Unterlagen, die Mundt ihm hinhielt. Mundt sagte: «Sara Kagan, Solomon Geller, Josef Zalmonowitz. Julius Polonski. Das sind alles jüdische Namen. Winokurowa, Kieper.» Angesichts meines wachsenden Unbehagens wurde sein vergnügtes Grinsen noch breiter. «Ich war in Hamburg für die Juden zuständig, deshalb versteh ich was von diesen jiddischen Schweinen. Joschua Pronichewa. Fanja Glekh. Aaron Levin. David Schepetowka. Saul Katz. Stefan Marx. Wladja Polichow. Das sind alles Juden, die er heute Morgen erschossen hat.» An mich gewandt fuhr er fort: «Damit hätten sich Ihre dämlichen Skrupel wohl erledigt, Gunther. Sie haben sich ein jüdisches NKWD -Kommando zur Exekution ausgesucht. Sie haben heute dreißig Scheißjuden abgemurkst, ob Ihnen das nun gefällt oder nicht.»
    Blume blätterte weiter und immer weiter. «Mischa Bljatman. Hersch Gebelew. Moische Ruditzer. Nahum Joffe. Chaim Serebriansky. Zjama Rosenblatt.» Inzwischen lachte er auch. «Sie haben recht. Was sagt man dazu? Israel Weinstein. Iwan Lifschitz. Allem Anschein nach haben Sie das große Los gezogen, Gunther. Bislang haben Sie auf diesem Feldzug jedenfalls mehr Juden getötet als ich. Vielleicht sollte ich Sie für einen Orden vorschlagen. Oder zumindest für eine Beförderung.»
    Mundt las noch ein paar Namen vor, aus schierer Häme. «Sie können stolz auf sich sein.» Dann klopfte er mir auf die Schulter. «Nun kommen Sie schon. Nehmen Sie’s nicht so schwer, es ist schließlich saukomisch.»
    «Und wenn Sie’s doch schwernehmen, wird das Ganze nur noch lustiger», sagte Blume.
    «Was ist lustig?», fragte eine Stimme.
    Alle drei fuhren wir herum und sahen Arthur Nebe in der Tür stehen, SS -Gruppenführer und Kommandeur der Einsatzgruppe B. Alle schlugen die Hacken zusammen, mich eingeschlossen. Während Nebe ins Büro trat und, ohne mich eines Blickes zu würdigen, zu der Karte an der Wand ging, hob Blume zu einer Erklärung an.
    «Der Offizier hier hat Bedenken angemeldet, was die Eliminierung von Juden betrifft, Gruppenführer. Dabei hat er heute Morgen bereits dreißig NKWD ler erschossen, offenbar aber ohne zu wissen, dass es sich um Juden handelte.»
    «Dass er dieses feine Detail übersehen hat, fanden wir höchst amüsant», fügte Mundt hinzu.
    «Nicht jeder ist für diese Art von Arbeit geschaffen», murmelte Nebe mit Blick auf die Karte. «Mir ist gerade zu Ohren gekommen, dass Paul Blobel nach einem Sondereinsatz in der Ukraine in Lublin im Krankenhaus liegt. Nervenzusammenbruch. Offenbar haben Sie vergessen, was Reichsführer Himmler in Pretzsch gesagt hat. Jeglicher Abscheu beim Töten der Juden ist löblich, weil er beweist, dass wir ein zivilisiertes Volk sind. Daher kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen, was daran so lustig sein soll. Ich wäre Ihnen verbunden, wenn Sie in Zukunft feinfühliger mit Männern umgingen, die Schwierigkeiten damit haben, Juden zu töten. Haben wir uns verstanden?»
    «Jawohl, Gruppenführer.»
    Nebe berührte ein rotes Quadrat in der rechten oberen Ecke der Karte. «Und das da ist – was?»
    «Drozdy, Gruppenführer», sagte Blume. «Drei Kilometer nördlich von hier. Wir haben dort ein ziemlich primitives Kriegsgefangenenlager am Ufer der Swislatsch eingerichtet. Alles Männer. Juden und Nichtjuden.»
    «Wie viele insgesamt?»
    «Etwa

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