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Mission Walhalla

Mission Walhalla

Titel: Mission Walhalla Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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einem runden Gesicht, das dem Vorsteher des 7. Reviers seinen Spitznamen Schweinebacke eingetragen hatte. Seine Waffe steckte noch im Halfter.
    «Wie furchtbar», sagte einer der anderen Kripo-Beamten. «Seine Frau ist vor drei Wochen gestorben.»
    «Woran?», hörte ich mich selbst fragen.
    «Ein Nierenleiden», sagte Heller. «Jetzt sind die Töchter Vollwaisen.»
    «Irgendwer muss es ihnen beibringen», sagte jemand.
    «Überlassen Sie das mir.» Der Mann, der das gesagt hatte, war in Uniform, und alle nahmen Haltung an, als sie sahen, dass es sich um Magnus Heimannsberg handelte, den Kommandeur der Berliner Schupo. «Ich werde mich der Sache annehmen.»
    «Vielen Dank», sagte Heller.
    «Wer ist der andere Mann?»
    «Hauptmann Lenck.»
    Heimannsberg beugte sich vor und sah genauer hin.
    «Franz Lenck? Was zum Teufel hatte der denn hier verloren? Für solche Einsätze ist er doch gar nicht zuständig.»
    «Jeder verfügbare Mann in Uniform war herbeordert worden», sagte Heller. «Weiß jemand, ob er verheiratet war?»
    «Ja», sagte Heimannsberg. «Aber keine Kinder. Das ist immerhin ein schwacher Trost. Hör mal, Reinhold, ich werde es auch seiner Frau beibringen. Seiner Witwe.»
    Lenck war ebenfalls um die vierzig. Sein Gesicht war schlanker als das von Anlauf und hatte tiefe Lachfalten, die sich nun nie wieder kräuseln würden. Ein Kneifer saß ihm noch schief auf der Nase, und der Tschako war von dem strammen Riemen unterm Kinn auf dem Kopf gehalten worden. Er war in den Rücken geschossen worden, und wie bei Anlauf steckte auch seine Waffe noch im Halfter, eine Tatsache, die Heimannsberg zu einer Bemerkung veranlasste.
    «Sie hatten nicht mal mehr Gelegenheit, ihre Waffen zu ziehen», sagte er verbittert. Er deutete mit einem Nicken auf die Luger zu seinen Füßen und fügte hinzu: «Ich nehme an, das ist Wachmann Willigs Waffe.»
    «Er hat sein Magazin leer geschossen», sagte Heller. «Ehe sie hierher geflohen sind.»
    «Hat er getroffen?»
    Heller sah mich an.
    «Ich glaube nicht», sagte ich. «Ist aber schwer festzustellen. Dadrinnen ist alles rot. Teppich, Wände, Vorhänge, einfach alles. Mit bloßem Auge sind da keine Blutspuren zu erkennen. Sie sind durch den Hinterausgang auf die Hirtenstraße gelaufen. Ich brauche zwei Männer, die mir helfen, mit Taschenlampen die Straße abzusuchen. Da liegen entsorgte rote Fahnen und Plakate rum, vielleicht haben sie auch die Waffen dorthin geschmissen.»
    Heller nickte.
    «Keine Sorge, Männer», sagte Heimannsberg, der sich aus einfachen Verhältnissen nach oben gearbeitet hatte und in der gesamten Polizei ungemein beliebt war. «Wir schnappen die Schweine, die das getan haben.»
    Kurz darauf ging ich zusammen mit zwei uniformierten Polizisten die Hirtenstraße ab. Als wir uns der Mulackstraße näherten, wo der berüchtigte Berliner Ganovenverein Immertreu sein Stammlokal hatte, wurden sie zusehends unruhig. Vor dem Tabakhandel Fritz Hempel blieben wir stehen. Der Laden war natürlich geschlossen. Ich leuchtete ratlos mit meiner Taschenlampe die Straße hinauf und hinunter. Die beiden Schupos traten neben mich. Als ein Stück entfernt ein gepanzerter Polizeiwagen um die Ecke bog, entspannten sie sich ein wenig.
    «So dicht an der Mulackstraße und am Immertreu-Revier müssen sie geglaubt haben, dass sie ihre Waffen ohne weiteres mitnehmen können», sagte einer der beiden.
    «Möglich.» Ich ging die Hirtenstraße zurück, suchte weiter den Boden ab, bis mein Blick auf einen Gullydeckel im Rinnstein fiel. Ein ganz normaler gusseiserner Gitterdeckel, aber ich sah, dass irgendwer ihn angehoben hatte, und zwar vor kurzem: An zwei Gitterstangen war der Schmutz verwischt, als hätten dort zwei Hände zugegriffen. Einer der Schupos hievte ihn hoch, während ich mir Sakko und Hemd auszog; dann, nachdem ich die Pflastersteine rings um den offenen Gully genauer in Augenschein genommen hatte, beschloss ich, mir auch noch die Hose auszuziehen.
    «Er war mal Tänzer in der Haller-Revue, bevor er zur Polizei gegangen ist», sagte einer der Schupos, während er sich meine Sachen ordentlich über den Arm hängte.
    «Hat ganz schön viele Talente der Mann, was?»
    «Wenn Heimannsberg hier wäre», sagte ich, «müsstet ihr das erledigen, also haltet die Klappe.»
    «Ich würde kopfüber da reinspringen, wenn es helfen würde, das jüdische Drecksschwein zu schnappen, das Hauptmann Anlauf umgebracht hat.»
    Ich legte mich neben dem Gully auf den Bauch und tauchte den Arm

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