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Mission Walhalla

Mission Walhalla

Titel: Mission Walhalla Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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bis zur Schulter in das schlammige schwarze Wasser.
    «Wie kommen Sie darauf, dass es ein Jude war?», fragte ich.
    «Juden, Marxisten, das ist doch ein und dasselbe, das weiß jedes Kind», sagte der Schupo.
    «An Ihrer Stelle würde ich das nicht in Gegenwart von Kriminalrat Heller wiederholen.»
    «Diese Stadt geht an den Juden zugrunde», sagte der Schupo.
    «Hören Sie nicht auf den», sagte der andere. «Für den ist jeder, der einen Hut trägt und eine große Nase hat, gleich ein Jude. Vielleicht finden Sie da unten ja irgendwelche Kriegsentschädigungen, wo Sie schon dabei sind.»
    «Sehr witzig», sagte ich. «Wenn ich nicht bis zur Schulter in dieser stinkigen Plörre stecken würde, könnte ich vielleicht sogar lachen. Und jetzt haltet die Luft an.»
    Ich ertastete einen harten metallischen Gegenstand und fischte eine Pistole mit langem Lauf heraus. Ich übergab sie dem Schupo, der meine Kleidung hielt.
    «Luger, wenn ich nicht irre», sagte er und wischte etwas Dreck von der Waffe. «Ein regelrechtes Artilleriegeschütz. Damit kann man sich ein zweites Schlüsselloch in die Haustür ballern.»
    Ich tastete weiter den Grund des Gullys ab. «Kommunisten verstecken sich hier unten nicht», sagte ich. «Bloß das hier.» Ich zog die zweite Waffe heraus, eine Automatik mit einer seltsamen, unregelmäßigen Form, als hätte jemand versucht, den Schlitten vom Lauf zu zerren.
    Wir trugen die beiden Waffen über die Straße zu einer Wasserpumpe und spülten den Dreck, so gut es ging, ab. Die kleinere Automatik war eine Dreyse Kaliber .32.
    Ich wusch mir den Arm, zog meine Sachen wieder an und brachte die beiden Waffen zur Revierwache am Bülowplatz. Im Zimmer der Ermittler wurde ich von Heller begrüßt.
    «Gut gemacht, Gunther», sagte er statt eines Schulterklopfens.
    «Danke, Herr Kriminalrat.»
    Unterdessen waren die anderen Polizisten dabei, haufenweise Kisten mit Fotokarteien zusammenzutragen, die sich Wachtmeister Willig im Staatskrankenhaus der Polizei anschauen sollte, sobald er seine OP überstanden hatte. Nach einem Moment sagte ich: «Wissen Sie, das wird eine Weile dauern. Ich meine, bis er wieder bei Bewusstsein ist. Bis dahin haben die Mörder längst die Stadt verlassen. Sind vielleicht schon auf dem Weg nach Moskau.»
    «Haben Sie einen besseren Vorschlag?»
    «Möglicherweise ja, Herr Kriminalrat. Anstatt Wachtmeister Willig Fotos von jedem Kommunisten zu zeigen, der je in Berlin verhaftet worden ist, sollten wir eine Vorauswahl treffen.»
    «Und wie? Es gibt Hunderte von diesen Schweinehunden.»
    «Höchstwahrscheinlich wurde der Überfall vom K.-L.-Haus organisiert», sagte ich. «Es könnte also durchaus sinnvoll sein, nur die Akten der sechsundsiebzig Roten zusammenzustellen, die letzten Januar bei der Razzia im K.-L.-Haus festgenommen wurden. Begnügen wir uns doch vorerst mit deren Konterfeis.»
    «Ja, Sie haben recht», sagte Heller. Er griff zum Hörer. «Geben Sie mir das Staatskrankenhaus.» Er zeigte auf einen anderen Kripo-Mann. «Stellen Sie fest, wer bei der Razzia dabei war. Und lassen Sie die Festnahmeprotokolle raussuchen und ins Krankenhaus schicken.»
    Zwanzig Minuten später waren wir auf dem Weg zum Staatskrankenhaus in Berlin-Mitte.
    Willig wurde gerade in den Operationssaal gerollt, als wir mit den Festnahmeprotokollen vom K.-L.-Haus eintrafen. Der verwundete Wachtmeister hatte bereits eine Spritze bekommen, doch trotz der Einwände der Ärzte, die so schnell wie möglich operieren wollten, begriff Willig sofort, wie wichtig seine Hilfe war. Und hatte im Handumdrehen einen der Täter identifiziert.
    «Der war es, ganz sicher», krächzte er. «Der hat auf Hauptmann Anlauf geschossen. Hundertprozentig.»
    «Erich Ziemer», sagte Heller und reichte mir das Protokollblatt.
    «Der andere hatte ungefähr dasselbe Alter und dieselbe Haarfarbe wie dieser Scheißkerl. Die hätten Brüder sein können, so ähnlich sahen die sich. Aber er ist nicht dabei. Den hätte ich wiedererkannt.»
    «Gut gemacht», sagte Heller. Er sprach dem Wachtmeister noch ein paar beruhigende Worte zu, ehe die Ärzte ihren Patienten davonrollten.
    «Diesen Ziemer hab ich schon mal gesehen», sagte ich. «Im Mai, vor dem K.-L.-Haus, da ist er mit drei anderen Männern in ein Auto gestiegen. Laut Wachtmeister Adolf Bauer, der auf dem Bülowplatz Streife ging, war einer davon Heinz Neumann.»
    «Der Reichstagsabgeordnete?»
    Ich nickte.
    «Und die anderen zwei?»
    «Den einen kenne ich nicht. Vielleicht

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