Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mission Walhalla

Mission Walhalla

Titel: Mission Walhalla Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
Vom Netzwerk:
ein Pfeifen in den Ohren, das nicht von einem Wasserkessel kam.
    «Bei allem Respekt», sagte ich. «Es reicht nicht mal annähernd.»
    Und dann versetzte ich Mielke einen weiteren Fußtritt, ehe ich von der Wohnung aus auf den Flur stolperte und über das Treppengeländer kotzte.

[zur Inhaltsübersicht]
Kapitel 13 DEUTSCHLAND 1954
    Ich unterbrach meinen Bericht. Mein Hals war trocken vom Reden und fühlte sich zugeschnürt an, und die Handschellen schnitten mir in die Haut.
    «Das war’s schon?», wollte einer der Amis wissen.
    «Da ist noch mehr», sagte ich. «Viel mehr. Aber ich spüre meine Hände nicht mehr. Und ich muss pinkeln.»
    «Sie haben Mielke wiedergesehen.»
    «Mehrmals. Das letzte Mal 1946 in russischer Kriegsgefangenschaft. Wissen Sie, Mielke war –»
    «Nicht so schnell. Wir wollen nicht vorgreifen. Alles schön der Reihe nach. So habt ihr Deutschen das doch gern, nicht?»
    «Wenn Sie das sagen.»
    «Also. Sie waren bei ihm zu Hause. Sie hatten einen Polizisten als Zeugen. Sie fanden die Tatwaffen im Gully. Ich nehme doch an, dass es die Tatwaffen waren?»
    «Eine Luger mit langem Lauf und eine Dreyse Kaliber .32. Das war damals die offizielle Polizeipistole. Ja, es waren die Tatwaffen. Hören Sie, ich brauche wirklich eine Pause. Ich habe kein Gefühl mehr in den Händen.»
    «Ja, das sagten Sie bereits.»
    «Ich bitte ja nicht um Apfelstrudel mit Sahne, bloß dass mir mal kurz die Handschellen abgenommen werden. Das ist doch nur fair, oder?»
    «Nach dem, was Sie uns gerade erzählt haben? Dass Sie Mielkes Vater getreten haben, als er schon gefesselt auf dem Boden lag? Das war auch nicht gerade fair, Gunther.»
    «Er hatte es doch geradezu drauf angelegt. Wer einen Polizisten schlägt, kriegt Ärger. Aber Sie hab ich doch nicht geschlagen.»
    «Noch nicht.»
    «In Handschellen? Ich könnte mir nicht mal selbst auf die Knie schlagen.» Ich gähnte unter dem Sack. «Nein, ehrlich, Schluss jetzt. Mir reicht’s. Ich habe verstanden, was ihr wollt, und ich hab meine Blase bisher ganz gut im Griff gehabt. Ungeachtet der Frage, ob es legal ist, was Sie hier –»
    «Ihre Gesetze gelten hier nicht. Wir sind das Gesetz. Wenn Sie sich vollpinkeln wollen, nur zu, tun Sie, was Sie nicht lassen können. Mal sehen, was dann mit Ihnen passiert.»
    «Langsam verstehe ich …»
    «Das will ich auch hoffen, in Ihrem Interesse.»
    «Ihr genießt es, Gestapo zu spielen. Wahrscheinlich bewundert ihr insgeheim, wie sie ihren Gefangenen den letzten Zahn gezogen haben, um sie zum Reden zu bringen. Es macht euch richtig an, ihre Methoden auszuprobieren, hab ich recht?»
    Sie traten an mich heran und wurden laut, so laut, dass es in meinen Ohren klingelte.
    «Halten Sie die Fresse, Gunther.»
    «Ihre Gestapo-Bemerkungen können Sie sich sparen.»
    «Ich nehm sie zurück. Ihr seid viel schlimmer als die Gestapo. Die haben wenigstens nicht so getan, als würden sie die freie Welt verteidigen. Was euch unerträglich macht, ist nicht eure Brutalität, sondern eure Heuchelei. Die schlimmste Sorte Faschisten ist die, die sich für liberal hält.»
    Einer von ihnen fing an, mir Kopfnüsse zu verpassen. Es war nicht besonders schmerzhaft, aber es war nervig.
    «Wann geht es endlich in Ihren verdammten Dickschädel, dass –»
    «Ganz recht. Ich begreife einfach nicht, warum ihr das hier abzieht, wo ich mich doch bereit erklärt habe, zu kooperieren.»
    «Das müssen Sie auch gar nicht begreifen. Wann begreifen Sie
das
endlich, Arschloch? Sie haben hier keinerlei Mitspracherecht. Und es ist nicht an Ihnen, den Grad Ihrer Kooperationsbereitschaft zu beurteilen.»
    «Wir wollen sichergehen, dass Sie nicht auf den Gedanken kommen, uns etwas anderes zu erzählen als die Wahrheit. Die Wahrheit, die reine Wahrheit und nichts als die Wahrheit. Was bedeutet, dass wir entscheiden, wann Sie eine Pause brauchen, wann Sie pinkeln müssen und wann Sie das Tageslicht sehen. Wann Sie atmen und wann Sie einen fahrenlassen dürfen. Also. Wie ging es weiter mit Erich Mielke? Ist er nun nach Hamburg oder Rostock gefahren?»
    «Nachdem Mielke senior in Gewahrsam war, stiegen ein anderer Kommissar und ich in den ersten Zug nach Hamburg.»
    «Warum ausgerechnet Sie und kein anderer? Warum haben Sie die Sache nicht der Hamburger Polizei überlassen?»
    «Das liegt doch auf der Hand. Oder hast du nicht aufgepasst, Yankee? Ich war Erich Mielke schon begegnet. Ich wusste, wie er aussah, schon vergessen? Ich hatte ihm das Leben gerettet. Außerdem lag

Weitere Kostenlose Bücher