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Mission Walhalla

Mission Walhalla

Titel: Mission Walhalla Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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viel rumgekommen bist.»
    «Nein, nur ein bisschen. Warst du etwa noch nie in Afrika?»
    «Mich beschleicht der Verdacht, dass ich mich in dir getäuscht habe, Renata. Ich hatte die naive Vorstellung, du wärst das nette Mädchen von nebenan.»
    «Wenn dir da, wo meine Eltern leben, in Bern, je ein Mädchen von nebenan begegnet wäre, wüsstest du, warum ich nach Paris gekommen bin.»
    Der Oberkellner überreichte uns die Speisekarte mit mehr Hochnäsigkeit als ein Professor für Aeronautik. Renata fand ihn ein bisschen bedrohlich. Ich dagegen war schon öfter bedroht worden, und meistens von Leuten, die etwas Gefährlicheres in der Hand hielten als eine Weinkarte.
    «Wie heißen Sie?», fragte ich ihn.
    «Albert, Monsieur. Albert Glaser.»
    «Wissen Sie, Albert, ich hatte angenommen, Deutschland würde keine Kriegsentschädigungen an Frankreich mehr zahlen, aber da irre ich mich wohl, wenn ich mir die Preise hier so ansehe.»
    «Die meisten deutschen Offiziere, die zu uns kommen, haben an unseren Preisen nichts auszusetzen, Monsieur.»
    «So sind die Deutschen, wenn sie gesiegt haben, Albert. Sie werden verschwenderisch. Ich bin bloß ein einfacher Deutscher aus Berlin, der gern seine Bekanntschaft mit Monsieur Horcher auffrischen möchte. Tun Sie mir einen Gefallen, Albert. Flüstern Sie ihm ins Ohr, dass Bernie Gunther da ist. Und bringen Sie uns eine Flasche Moselwein. Je näher am Rhein, desto besser.»
    Albert machte eine steife Verbeugung und ging.
    «Du magst die Franzosen nicht besonders, was?», sagte Renata.
    «Ich gebe mir Mühe», sagte ich. «Aber sie machen es mir schwer. Selbst nach der Niederlage lassen sie andere spüren, dass sie ihr Land für das beste auf der ganzen Welt halten.»
    «Vielleicht ist es das ja. Vielleicht hatten sie deshalb nicht die beste Armee.»
    «Falls du Philosoph werden willst, musst du dir einen Rauschebart oder einen albernen Schnurrbart wachsen lassen. Sonst wirst du in Deutschland nicht ernst genommen.»
    Horcher kam mit einer Flasche Moselwein und drei Gläsern an unseren Tisch. «Bernie Gunther», sagte er und schüttelte mir die Hand. «Das gibt’s doch gar nicht.»
    «Otto. Das ist Fräulein Renata Matter, eine gute Freundin von mir.»
    Horcher küsste ihre Hand, setzte sich und füllte die Weingläser.
    «Also, Otto, versuchst du Ei, schlauer zu sein als die Henne?»
    «Du meinst, weil ich nach Paris gekommen bin?» Horcher zuckte die Achseln. Er war dick und sah genauso aus, wie sich jeder einen deutschen General vorstellen würde. Ich hab vergessen, ob er aus Bayern oder Österreich stammte, jedenfalls wirkte er immer so, als sehne er sich nach einem Bier und einer Blaskapelle. «Wenn der fette Hermann einen um was bittet, sagt man nicht nein.» Er lachte. «Er kommt gern her. Nur die versnobten französischen Kellner sind ihm ein Dorn im Auge. Und deshalb bin ich hier. Damit er und die anderen hohen Tiere sich wie zu Hause fühlen, während ich ihnen ihre Lieblingsgerichte koche.»
    «Ich interessiere mich für einen von euren rangniederen Gästen», erklärte ich. «Untersturmführer Nikolaus Willms. Kennst du ihn?»
    «Der ist Stammgast bei uns. Zahlt immer bar.»
    «Ihr habt doch bestimmt nicht viele Untersturmführer hier. Hat er in der Reichslotterie gewonnen? Bei euren Preisen muss er den Hauptgewinn gezogen haben.»
    Horcher sah sich um und beugte sich dann zu mir rüber.
    «Es kommen viele Freudenmädchen her, Bernie. Edelnutten. Kurtisanen nennen sie sich hier in Paris. Aber sie sind und bleiben Huren. Ich bitte um Verzeihung, Fräulein Matter. Das ist wirklich kein Thema für die Ohren einer Dame.»
    «Sie müssen sich nicht entschuldigen, Herr Horcher», sagte sie. «Ich bin nach Paris gekommen, um mich weiterzubilden. Also bitte, sprechen Sie freiheraus.»
    «Na schön. Dieser Willms scheint eine ganze Reihe dieser Mädchen zu kennen. Also hab ich mich ein bisschen umgehört. Ich meine, ich möchte wissen, mit was für Gästen ich es zu tun habe. Das gehört dazu, wenn man ein Restaurant führt. Jedenfalls ist Willms offenbar befugt, jedes Freudenhaus in Paris schließen zu lassen. Er war in Berlin Polizist bei der Sitte und hat jetzt hier die Fäden in der Hand. Ich habe gehört, er drückt bei den Häusern ein Auge zu, die zahlen, und schließt jedes, das die Zahlung verweigert. Also die klassische Erpressung.»
    «Eine richtige Goldmine», sagte ich.
    «Aber damit nicht genug», sagte Horcher. «Es gibt nämlich auch noch eine Diamantenmine. Vom

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