Mission Walhalla
sich niederzulassen und in aller Ruhe auszuwählen, welche dieser vom Olymp herabgestiegenen Schönheiten ihm am besten gefiele, wie Paris mit dem Zankapfel in der Hand. Es stand auch tatsächlich eine Früchteschale auf dem Tisch.
Ich hätte die Damen noch stundenlang betrachten können, aber ich hatte es eilig, und ehe die Patronne sich darauf besinnen konnte, dass Zeit Geld war, und womöglich mit ihren Kuppeleiversuchen begann, hatte ich mir eine blonde Naturschönheit geschnappt und schob sie mit ein paar gutplatzierten Klapsen auf ihren wohlgeformten Allerwertesten in eines der Schlafzimmer. Nicht, dass sie mich besonders reizte, aber ich brauchte eine verschließbare Tür, hinter der ich abwarten konnte, während der Adjutant des Generals Alarm schlug. Ich hörte schon, wie er andere Offiziere vor der drohenden Razzia warnte, und bald darauf polterten zahlreiche Stiefel die Treppe hinunter, als die exklusive Klientel des Hauses rasch das Weite suchte. Unterdessen versuchte ich, meiner schönen nackten Gefährtin zu versichern, dass es keinerlei Grund zur Sorge gab, und stellte ihr Fragen zu Willms, Kestner und Schaumburg. Sie hieß Yvette, und sie sprach ausgezeichnet Deutsch, wie fast alle Mädchen in Nummer zwölf. Wahrscheinlich war das hier ein Einstellungskriterium.
«General Schaumburg ist der stellvertretende Stadtkommandant von Berlin», erklärte sie. «In Paris scheint er die meiste Zeit Bordelle abzuklappern. Er und sein Adjutant, ein deutscher Graf. Graf Waldersee. Und ein Prinz gehört auch dazu, der Prinz von Ratibor. Der Prinz und der Graf sind mindestens zweimal die Woche hier. Alle Bordellgenehmigungen werden von Schaumburgs Büro ausgestellt, zusammen mit Kestner und Willms haben sie daraus ein hübsches kleines Geschäft gemacht. Ein Doppelsieg für die Deutschen: Sie werden für die Genehmigung bezahlt, und sie werden von den besten Huren bedient. Aber der Kopf des Unternehmens ist Willms. Er war früher mal Polizist, daher weiß er, wie so ein Puff funktioniert. Ein Mistkerl ist er. Macht sich ständig die Taschen voll. An den meisten Abenden sitzt er hier in seinem Büro im obersten Stock und frisiert die Bücher, die er Schaumburg vorlegt.»
«Jetzt auch?»
«Zumindest war er da. Jetzt hat er wahrscheinlich Schaumburgs Büro an der Strippe und versucht rauszufinden, was zum Teufel hier eigentlich los ist. Was ist denn eigentlich los?»
Ich hielt es für das Beste, ihr nicht mehr zu sagen als nötig.
Nach etwa einer halben Stunde stieg ich die Treppe hinauf ins oberste Stockwerk. Ich begegnete niemandem, hörte aber eine Stimme, die irgendwas auf Französisch brüllte. Ich beschleunigte meine Schritte und gelangte auf einen Flur. Durch eine offene Bürotür sah ich Willms hinter einem Schreibtisch sitzen und telefonieren. Neben sich hatte er einen geöffneten Tresor stehen wie einen wärmenden Ofen. Mit den vielen Geldscheinen darin hätte man tatsächlich ein schönes Feuerchen machen können.
Als er mich sah, legte er den Hörer auf und nickte.
«Ich habe mir schon gedacht, dass Sie dahinterstecken», sagte er. «Sie haben verbreitet, die Gendarmerie sei auf dem Weg hierher, um eine Razzia zu machen.»
«Sehr richtig. Ich wollte Ihnen die Verlegenheit ersparen, Sie vor all den hohen Tieren festzunehmen, Willms.»
«Mich? Festnehmen?» Er lachte. «Wenn hier einer in Schwierigkeiten steckt, dann Sie, Gunther. Nicht ich. Die Hälfte des Generalstabs in Paris trinkt von diesem Wasserloch, mein Lieber. Was Sie sich heute Abend geleistet haben, wird einigen sehr wichtigen Leuten Kopfschmerzen bereiten.»
«Die kommen schon drüber weg. In ein paar Tagen haben die feinen Grafen und Prinzen der Wehrmacht schon vergessen, dass es eine Ratte wie Sie je gegeben hat.»
«Bei dem Geld, das sie dank mir kassieren, wohl kaum. Wirklich, Sie sind dabei, eine nette kleine Goldgrube zu fluten. Ich frage mich nur, warum. Offenbar haben Sie was dagegen, dass Ihre Offizierskameraden sich ab und an mal amüsieren.»
«Willms, ich verhafte Sie nicht wegen Zuhälterei. Obwohl Sie nichts anderes sind als ein Zuhälter, gegen die ich persönlich im Übrigen absolut nichts habe. Ein Mann ist nun mal, was er ist. Nein, ich nehme sie wegen versuchten Mordes fest.»
«Ach ja? Und wen soll ich versucht haben zu ermorden?»
«Mich.»
«Aha. Und dafür haben Sie Beweise?»
«Ich bin bei der Kripo, Willms, schon vergessen? Ich habe Beweise, ich habe einen Zeugen und, falls mich nicht alles täuscht,
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