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Mission Walhalla

Mission Walhalla

Titel: Mission Walhalla Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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One Two Two und dem Maison Chabanais hast du doch sicher gehört?»
    «Klar. Das sind Edelbordelle, in die nur Deutsche dürfen. Die haben vermutlich gespendet.»
    Horcher nickte. «Wie ans Winterhilfswerk. Aber Willms war raffiniert. Es gibt noch ein drittes Edelbordell, in das man nur mit einem Kennwort kommt und auch nur mit einer Einladung.»
    «Und Willms bestimmt, wer eingeladen wird?»
    Horcher nickte. «Rate mal, wer eine Einladung erhalten hat, als er auf Stippvisite in Paris war?»
    «Der Mahatma Propagandi?»
    «Volltreffer.» Horcher schien überrascht, dass ich richtig geraten hatte. «Du hättest zur Kripo gehen sollen, weißt du das?»
    «Willms kann das Ding doch bestimmt nicht allein schaukeln.»
    «Da bin ich überfragt. Aber ich weiß, mit wem er öfter hier diniert. Es sind beides deutsche Offiziere. Einer von ihnen ist General Schaumburg. Der andere ist ein Sipo-Hauptsturmführer wie du. Er heißt Paul Kestner.»
    «Ach nee.» Ich ließ das einen Moment auf mich wirken, ehe ich die nächste Frage stellte. «Otto, hast du vielleicht zufällig die Adresse von diesem Puff?»
    «Rue Drouot zwölf, gegenüber vom Hôtel Drouot, dem Auktionshaus im neunten Arrondissement.»
    «Danke, Otto. Du hast was gut bei mir.»
    Nach dem Essen war noch immer eine Stunde Zeit bis zur Sperrstunde um Mitternacht, und ich sagte Renata, sie solle mit der Métro zurück zu ihrer kleinen Wohnung in der Rue Jacob fahren.
    «Sei vorsichtig», sagte sie.
    «Keine Sorge», sagte ich. «Ich geh nicht rein. Ich will bloß –»
    «Ich hab gesagt, sei vorsichtig, nicht brav. Willms hat schon einmal versucht, dich umzubringen. Warum sollte er es nicht ein zweites Mal probieren. Vor allem jetzt, wo du ihm auf die Schliche gekommen bist.»
    «Keine Bange. Ich habe einen Plan.»
    Es wäre schön gewesen, wenn es gestimmt hätte. Aber ich hatte nicht die Spur eines Plans, und zwar schlicht und einfach deshalb, weil ich noch immer nicht wusste, warum Willms mir ans Leder wollte.
    Ich beschloss, zu Fuß zur Rue Drouot zu gehen, in der Hoffnung, dass ein Spaziergang an der nächtlichen Sommerluft mir helfen würde, meine Gedanken zu sortieren. Eine Weile durchforstete ich mein Gehirn, ob ich auf der Zugfahrt von Berlin hierher möglicherweise etwas zu Willms gesagt hatte, das ihn glauben ließ, ich könnte eine Gefahr für seine schmierigen Geschäfte darstellen. Und ich kam zu dem Schluss, dass er womöglich schon allein durch mein Auftauchen alarmiert gewesen sein musste. Am Alex verdächtigten mich alle, Heydrichs Spion zu sein, und da auch Willms dort gearbeitet hatte, musste er das gewusst haben. Und wenn nicht, hatte Paul Kestner es ihm mit Sicherheit gesteckt. Der wiederum hatte mir vermutlich nicht abgenommen, dass ich den weiten Weg von Berlin hierhergekommen war, nur um einen Mann festzunehmen. Falls sie unter einer Decke steckten, mussten sie beide Interesse daran gehabt haben, mich loszuwerden, und es passte zu Willms, dass er die Sache in die Hand nahm. Undurchsichtig war jedoch die mögliche Beteiligung von General Schaumburg, und um meine Theorie niet- und nagelfest zu machen, musste ich mehr über ihn in Erfahrung bringen. Was mir umso dringlicher erschien, als ich in der Rue Drouot ankam und sah, dass vor dem Haus Nummer zwölf noch mehr Stabswagen parkten als vor dem Maxim’s.
    Ich verbarg mich in einer Einfahrt auf der anderen Straßenseite und beobachtete von dort aus eine Zeitlang das Kommen und Gehen vor dem Haus, das einen überaus eleganten Eindruck machte und sogar über einen livrierten Türsteher verfügte. Zweimal sah ich deutsche Offiziere ankommen, die dem Türsteher jeweils ein einziges Wort zuraunten und prompt eingelassen wurden. Offensichtlich hatte ich ohne das Kennwort keine Chance, ins Innere zu gelangen. Ich wollte gerade aufgeben und zum Hotel zurückkehren, als ein Stabswagen um die Ecke bog und ich einen kurzen Blick auf die Rückbank werfen konnte. Dort saß ein in jeder Hinsicht unscheinbarer Offizier – bis auf die rotgoldenen Kragenspiegel und den Blauen Max, den er um den Hals trug. Den Orden Pour le Mérite – im Volksmund Blauer Max genannt – sah man äußerst selten, was mich überzeugte, dass kein Geringerer als der Militärbefehlshaber von Paris, General Alfred von Vollard-Bockelberg, an mir vorbeifuhr. Als ich ihn auf das Bordell zugehen sah, kam mir eine Idee; dazu muss man wissen, dass damals viele vom Generalstab in Paris ausgesprochene Frankreichliebhaber waren, dass die

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