Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
ist ein Versprechen. Übrigens, dieser Barmann sollte schleunigst aus der Stadt verschwinden.«
Er schaute kurz zu mir hin, tänzelte auf den Fußballen, knickte die Fäuste ein und stieß blitzartig die Schulter vor, wie von einem Gummiband geschnellt.
»He«, sagte er, grinste und blinzelte, ging dann zurück ins Haus und auf die gewundene Treppe zu. Sein Rücken bildete ein kräftiges Dreieck, das Hinterteil war straff und flach, die Schenkel waren dick wie Telefonmasten.
Seine Frau lief neben mir her zu meinem Pickup. Der Wind fegte über den Rasen, wehte den Sprühregen von den Sprinklern in Regenbogenschleiern zwischen die Bäume. Im Süden ballten sich graue Wolken zusammen, und die Luft war schwer und heiß. Im Obergeschoß des Hauses hatte Bubba eine Little-Richard-Platte von 1950 auf volle Lautstärke gedreht.
»Sie erinnern sich wirklich nicht mehr an mich?« sagte sie. »Nein, tut mir leid.«
»Vor ungefähr zehn Jahren bin ich viel mit Ihrem Bruder Jimmie in New Orleans ausgegangen. An einem Abend haben wir Sie in Ihrem Anglercamp besucht. Sie waren echt voll bis obenhin und haben immer und immer wieder gesagt, daß der Güterzug Sie beim Schlafen stört. Als er dann vorbeigekommen ist, sind Sie nach draußen gerannt und haben mit einer Scheibenpistole auf ihn geschossen.«
Ganz plötzlich ging mir auf, daß Bubbas Frau doch kein so schlichtes Gemüt war.
»Ich fürchte, daß ich damals immer reichlich Promille gehabt habe«, sagte ich.
»Ich fand’s komisch.«
Ich versuchte, höflich zu bleiben, doch wie den meisten trockenen Alkoholikern machte es auch mir keinen Spaß, über meine durchsoffenen Tage mit Leuten zu sprechen, die das witzig finden wollten.
»Also bis dann. Ich hoffe, wir sehen uns bald wieder«, sagte ich. »Glauben Sie, daß Bubba verrückt ist?«
»Ich weiß nicht.«
»Seine zweite Frau hat ihn vor zwei Jahren verlassen. Er hat ihre ganzen Sachen in der Heizungsanlage hinter dem Haus verbrannt. Aber trotzdem, verrückt ist er nicht. Er will nur, daß die Leute das denken, weil es ihnen angst macht.«
»Könnte sein.«
»Er ist kein übler Mann. Ich kenn’ all das Zeug, das man über ihn sagt, aber die wenigsten Leute wissen, was für schwere Zeiten er in seiner Jugend durchgemacht hat.«
»Für viele von uns waren es harte Zeiten, Mrs. Rocque.«
»Sie mögen ihn nicht, nicht wahr?«
»Ich schätze, ich kenne Ihren Mann einfach nicht gut genug, und ich geh’ jetzt wohl besser.«
»Sie sind zu leicht gereizt.«
»Mrs. Rocque, ich wünsche Ihnen Glück, weil ich glaube, daß Sie es brauchen.«
»Ich habe gehört, daß er Ihnen einen Job angeboten hat. Sie sollten ihn annehmen. Die Leute, die für ihn arbeiten, machen eine Menge Geld.«
»Ja, das wohl. Auf Kosten anderer Menschen.«
»Er verleitet sie nicht, etwas zu tun, was sie nicht selber wollen.«
»Ihre Mutter hat Bordelle gehabt, aber schließlich war sie keine weiße Sklavenhalterin. Und sie hat kein Rauschgift verkauft. Das Freundlichste, was ich über Bubba sagen kann, ist, daß er ein echter Schweinehund ist. Ich glaube nicht mal, daß ihm das was ausmachen würde.«
»Sie gefallen mir. Kommen Sie doch irgendwann mal zu uns zum Dinner«, sagte sie. »Ich bin viel zu Hause.«
Ich fuhr über den mit feinem Kies bestreuten Weg zurück, New Iberia und dem Picknick im Park mit Annie und Alafair entgegen, das mich erwartete. Die Sonne glänzte auf den Wellblechdächern der Scheunen am Rand der Zuckerrohrfelder. Die wenigen moosbewachsenen Eichen links der Straße bildeten dunkle Schattenteiche auf der Fahrbahn. Unwillkürlich tat mir Bubbas Frau leid. Bei den Anonymen Alkoholikern nannten wir das Verleugnung. Wir nähren die Natter an unserer Brust und lächeln über das Erschrecken, das wir in den Augen anderer sehen.
Mit der Erwähnung der Festnahme seiner beiden Kuriere durch die Einwanderungsbehörde hatte ich ihn schwer erschüttert, weshalb ich mich denn auch noch mehr wunderte, welche Rolle die Einwanderungsbehörde bei dieser Sache spielen mochte. Offenbar mauerte sie gegenüber Minos Dautrieve. Und ich glaubte jetzt auch, daß sie hinter dem Verschwinden der Leiche von Johnny Dartez steckte, nachdem diese von der Küstenwache aus dem Flugzeugwrack geborgen worden war. Wenn auch nur noch ein Hauch von Polizist in mir war, warum hatte ich mich dann nicht zu allererst mit der Einwanderungsbehörde auseinandergesetzt? Wahrscheinlich hätten die mich aus ihren Amtszimmern gejagt, doch ich wußte
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