Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Körperverletzung und Mordverdacht.«
Der Mann von der Spurensicherung ging mit seiner Kamera an uns vorbei. Der Detective winkte die beiden Männer von der Gerichtsmedizin zu sich.
»Also dann, sackt ihn ein und schafft ihn hier raus«, sagte er und wandte sich dann wieder mir zu. »Den Gestank muß man wohl mit ’nem Flammenwerfer aus dieser Bude rausbrennen. Haben Sie alles, was sie brauchen?«
»Was dagegen, wenn ich mich mal kurz umschaue?«
»Nur zu. Ich warte draußen auf Sie.«
In die hinterste Ecke des Wandschranks geklemmt, verdeckt von einer Stange mit aufgehängten Tropenhemden, weißen langen Hosen und Seidenwesten mit Blumenmuster, fand ich ein Schrotgewehr vom Kaliber 12. Ich klappte den Lauf auf. Alles war gereinigt und geölt und das Kordit mit einem Lappen ausgewischt worden. Dann schraubte ich den Nachlademechanismus auf und entdeckte, daß der Sportsman-Stopfen entfernt worden war, so daß das Magazin jetzt fünf anstatt drei Patronen aufnehmen konnte. Auf dem Fußboden stand ein halbleerer Karton mit roten Schrotpatronen vom selben Hersteller wie jene, die verstreut auf dem Fußboden in Annies und meinem Schlafzimmer gelegen hatten. Ich rollte eine der Patronen auf meinem Handteller vor und zurück und steckte sie dann wieder in den Karton.
Der Detective zündete sich eine Zigarette an, als er die Treppe zum Hof hinunterstieg. Jetzt, am Nachmittag, hatten sich Regenwolken vor die Sonne geschoben, und er wischte sich mit der flachen Hand Schweiß von den Augenbrauen und wandte das Gesicht der Brise zu, die von Süden aufgekommen war.
»Ich möchte, daß Sie mit aufs Revier kommen und einen Bericht über Ihren Mann schreiben«, sagte er.
»In Ordnung.«
»Wen soll dieser Typ umgebracht haben?«
»Meine Frau.«
Er blieb mitten auf dem Hof unter den raschelnden Blättern einer abgestorbenen Palme stehen und schaute mich mit offenem Mund an. Der Wind wehte Zigarettenasche auf seine Krawatte.
Bevor ich den Rückweg nach New Iberia antrat, beschloß ich, noch eine Zwischenstation einzulegen. Aus Sorge um Alafair hatte ich bislang einen weiten Bogen um die Einwanderungsbehörde gemacht. Aber wie jener schwarze Hausmeister auf der High School einmal zu mir gesagt hatte: »Du darfst ’n Schlagmann nie wissen lassen, daß de Angst vor ihm hast. Wenn er die Füße am Schlagmal spreizt und dich unter der Mütze gemein angrinst, als ob er dir gleich an die Kehle will, dann spuck auf ’n Ball und treib ihm die Faxen aus. Hinterher sieht er dich wahrscheins mit andern Augen.«
Aber Mr. Monroe sollte mich überraschen.
Ich parkte den Pickup im Schatten einer ausladenden Eiche nahe der Loyola Street und ging in der heißen Sonne den Weg zurück zum Büro der Einwanderungsbehörde. Er saß zwischen anderen Mitarbeitern im Erdgeschoß, und als er von dem Aktenordner in seinen Händen aufblickte und mich sah, spannte sich buchstäblich die Kopfhaut über dem Knochen seiner Ohren. Sein schwarzes Haar, das wie Draht quer über den Schädel gekämmt war, schimmerte matt im gleißenden Licht. Ich sah, wie sein Adamsapfel unter der Krawatte hüpfte.
»Ich bin amtlich hier«, sagte ich und zog lässig meine Dienstmarke aus der Tasche. »Ich bin jetzt Detective beim Sheriffbüro von Iberia. Haben Sie was dagegen, wenn ich mich setzte?«
Er antwortete nicht. Er nahm eine Zigarette aus der Packung auf dem Schreibtisch und zündete sie an. Seine Augen blickten starr geradeaus. Ich setzte mich in den Lehnstuhl neben seinem Schreibtisch und schaute ihn von der Seite an. Neben seiner Schreibunterlage stand in einem Silberrahmen ein Bild von ihm, seiner Frau und drei Kindern. Eine durchsichtige Vase mit zwei gelben Rosen war neben dem Bild.
»Was wünschen Sie?« fragte er.
»Ich bin mit einer Morduntersuchung beschäftigt.«
Er hielt die Zigarette zwischen zwei Fingern an den Mund und rauchte, ohne sie einmal von den Lippen zu nehmen. Seine Augen starrten angestrengt ins Leere.
»Ich denke, ihr Burschen habt jemand an der Leine, den ich suche«, sagte ich.
Endlich schaute er mich an. Sein Gesicht war glatt wie Papier.
»Mr. Robicheaux, es tut mir leid«, sagte er.
»Tut Ihnen leid? Weswegen?«
»Wegen ... wegen Ihrer Frau. Tut mir aufrichtig leid.«
»Woher wissen Sie von meiner Frau?«
»Es stand im Lokalteil der Picayune. «
»Wo ist Victor Romero?«
»Ich kenne diesen Mann nicht.«
»Hören Sie, das ist eine Morduntersuchung. Ich bin Polizist. Führen Sie mich nicht an der Nase herum.«
Die
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