Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Rucksacks aus der Lederverschnürung und legte die Hand um den Knauf meiner 45er Automatik.
Ich glaube, ihm war bewußt, daß jetzt er an der Reihe war. Ich hörte, wie er repetierte, hörte aber gleichzeitig, daß der Gewehrlauf auf Autodach und Windschutzscheibe schlug und wie er am Verschluß rüttelte, als habe sich durch sein überhastetes Nachladen eine Patrone in der Kammer verklemmt. Ich war auf den Beinen, rannte diesmal im stumpfen Winkel zur Straße, so daß ich hinter seinem Wagen aus der Deckung der Bäume kommen mußte. Die Stämme standen hier sehr dicht, und er schoß nur noch auf Verdacht, und seine Kugel landete mit einem Platsch fünf Meter hinter mir im Gehölz.
Ich brach durchs Unterholz und hatte gerade eine lichtere Stelle erreicht, als er sein Gewehr auf den Vordersitz warf und in seinen Wagen sprang. Er war ein kleiner, brünetter Mann in Jeans, Sportschuhen und einem purpurroten T-Shirt, mit schwarzen Haaren, die in Locken herabhingen. Doch ich war vom Laufen so außer Atem, daß ich neben einem Drainagegraben fast ausgerutscht wäre und mir dabei den Lauf der 45er mit nasser Erde verstopfte. Sein Wagen schleuderte, als er die Kupplung kommen ließ, und Wasser spritzte aus einer Schlammpfütze. Ich ließ mich mit ausgestreckten Armen auf die Ellbogen fallen, den Handballen der Linken direkt unter dem Lauf der 45er, und eröffnete das Feuer.
Das Krachen war ohrenbetäubend. Mit dem ersten Schuß riß ich seine Stoßstange ab, stanzte ihm zwei Löcher in den Kofferraum, zielte ein Stück höher und zerschoß dann die Heckscheibe mit solcher Wucht, daß es aussah, als sei sie von einem Baseballschläger zerschmettert worden. Ich erhob mich auf die Knie und feuerte weiter, wobei der Rückstoß meinen Arm ein Stück höher riß. Der Wagen schlitterte in die Kurve, krachte gegen einen Eichenstamm, bevor die Vorderräder wieder griffen, und ich sah, wie meine letzte Kugel sein Rücklicht in ein Gewirr aus Drähten und splitterndem roten Plastik verwandelte. Aber ich traf weder den Benzintank noch einen Reifen, keine Kugel schlug in den Motorblock, und ich hörte noch das Getriebe aufkreischen, bevor er hinter dem Röhricht auf der anderen Seite der Kurve verschwand.
Kapitel 8
Nachdem ich vom Dock aus eine Beschreibung des Schützen und seines Toyota durchgegeben hatte, lief ich zurück zum Weg und machte mich mit der Taschenlampe auf die Suche nach Patronenhülsen, die sein Gewehr ausgeworfen hatte. Zwei mit Kies beladene Laster waren inzwischen über den Weg gedonnert, hatten eine der .30–06–Hülsen ins Erdreich gemahlen und die andere fast unauffindbar in eine schlammige Vertiefung gedrückt, doch ich kratzte beide mit der Ahle meines Schweizer Armeemessers heraus und verstaute sie in einem Plastikbeutel. Sie waren naß, schlammig und zerquetscht von den Reifen der Lastwagen, doch die ausgeworfene Patronenhülse eines Repetiergewehrs liefert zumeist gute Fingerabdrücke, da normalerweise jeder Schütze die Patrone mit dem Daumen ins Magazin schiebt und somit seine Visitenkarte klar und deutlich auf der Messingfläche hinterläßt.
Am folgenden Morgen hörte ich mir ruhig an, was der Sheriff davon hielt, daß ich zwei Tage unerlaubt in New Orleans gewesen war. Sein Gesicht war gerötet, die Krawatte gelockert, und er hatte die Hände auf dem Schreibtisch krampfhaft gefaltet, um seine Wut zu unterdrücken. Ich konnte ihm nicht verargen, daß er so empfand, und daß ich ihm nicht antwortete, frustrierte ihn noch mehr. Schließlich verstummte er, rutschte auf dem Stuhl hin und her sah mich an, als sei keines seiner Worte so gemeint gewesen.
»Vergessen Sie diesen Scheißdreck von wegen Amtsweg. Mir gefällt nur das Gefühl nicht, daß ich benutzt worden bin«, sagte er.
»Ich habe angerufen, bevor ich losfuhr. Sie sind nicht dagewesen«, sagte ich. »Das reicht nicht.«
Wieder antwortete ich nicht. Die Gewehrpatronen lagen in der Tüte auf seinem Schreibtisch.
»Sagen Sie mir die Wahrheit. Was hätten Sie getan, wenn Sie den Haitianer lebend angetroffen hätten?« fragte er.
»Ihn festgenommen.«
»Ich wollte, ich könnte Ihnen glauben.«
Ich schaute aus dem Fenster auf einen leuchtend grünen Magnolienbaum im dunstigen Morgenlicht.
»Was ich getan habe, tut mir leid. Es wird nicht wieder vorkommen«, sagte ich.
»Falls doch, müssen Sie Ihren Abschied nicht schriftlich einreichen. Dann nehme ich Ihnen persönlich die Dienstmarke ab.«
Ich blickte eine Weile auf den Magnolienbaum
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