Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Chevette auf der Straße nach Jeanerette angehalten, weil der Fahrer eine Schnapsflasche gegen ein Straßenschild geschleudert hatte. Ich rief die Frau in der Zentrale an und forderte sie auf, dem Deputy zu sagen, er solle den Fahrer festhalten, bis wir dort seien.
Cecil fuhr die sechzehn Kilometer in weniger als acht Minuten. Der Chevette war auf dem mit Austernschalen aufgeschütteten Parkplatz vor einer heruntergekommenen Tanzdiele geparkt. Es war fünf Uhr nachmittags, die Sonne stand orange über den Regenwolken, die sich im Westen zusammengeballt hatten, und um den Eingang zur Bar standen Tieflader, Zementlaster und Pickups. Ein tiefbrauner Mann in Bluejeans und ohne Hemd lehnte, einen Arm über die offene Tür des Wagens gelegt, an seiner Chevette und spuckte angewidert zwischen den Beinen auf den Boden. Auf seinem Rücken war eine blaue Spinne in einem Netz tätowiert. Das Netz erstreckte sich über beide Schulterblätter.
»Was liegt gegen ihn vor?« fragte ich den Deputy, der ihn für uns festgehalten hatte.
»Eigentlich nichts. Verunreinigung der Straße. Er sagt, er arbeitet auf einer Bohrinsel vor der Küste.«
»Wo hat er die Flasche zertrümmert?«
»Da hinten an diesem Eisenbahnschild.«
»Von jetzt an übernehmen wir. Danke für Ihre Hilfe«, sagte ich.
Der Deputy nickte und fuhr in seinem Wagen davon.
»Durchsuch diesen Kerl von oben bis unten, Cecil. Ich bin in einer Minute zurück«, sagte ich.
Ich ging zu Fuß zurück zu der Stelle, wo die Eisenbahnschienen die Straße kreuzten und wo ein altes LOUISIANA LAW – STOP-Schild neben der Kiesaufschüttung an einem Pfosten am Bahndamm stand. Die Holzbretter waren mit einem dunklen, nassen Fleck verschmiert. Ich sammelte Glasstücke aus dem Kies und dem rußgeschwärzten Unkraut auf, bis ich zwei bernsteinfarbene Stücke fand, die von einem Apricot-Brandy-Etikett zusammengehalten wurden.
Mit den feuchten Glasstücken in der Hemdtasche schlenderte ich zurück zum Parkplatz. Cecil hatte dem Tätowierten befohlen, sich über die Kühlerhaube seines Chevette zu beugen, und stülpte ihm gerade die Taschen nach außen. Der Tätowierte drehte den Kopf zurück, sagte etwas und wollte sich aufrecht hinstellen, als Cecil ihn am Hosengürtel in die Luft hob und zugleich seinen Kopf auf die Motorhaube krachen ließ. Das Gesicht des Mannes wurde kreidebleich. Ein paar harte Jungs von den Ölfeldern, Schutzhelme auf dem Kopf und die Drillichhemden mit Schlamm bespritzt, blieben am Eingang zur Bar stehen und kamen dann langsam auf uns zu.
»Man erwartet, daß wir unsere kostbare Fracht unbeschädigt abliefern, Cecil«, sagte ich.
»Willst du mal wissen, was der zu mir gesagt hat?«
»Beruhige dich. Unser Mann hier wird uns keinen weiteren Ärger machen. Der steht schon bis zu den Kniescheiben im Schweinemist.«
Ich wandte mich den Ölarbeitern zu, die sich offenbar nicht damit anfreunden konnten, daß ein Redbone, ein Mischling, so grob mit einem Weißen umsprang.
»Geschlossene Gesellschaft, meine Herren«, sagte ich. »Lest morgen in der Zeitung drüber. Sorgt aber dafür, daß euer Name nicht schon heute mit in den Bericht kommt. Versteht ihr, worauf ich hinaus will?«
Sie taten so, als starrten sie mir grimmig drohend ins Gesicht, doch ein kühles Bier war für sie wichtiger als eine Nacht im Gefängnis.
Der tätowierte Mann lehnte wieder mit den Armen auf der Kühlerhaube. Auf einer Seite seines Gesichts, wo er auf das Blech geknallt war, waren Schmutzspuren, und in seinen Augen glomm ein böses Licht. Die blonden Haare waren ungeschnitten, strähnig und trocken wie altes Stroh. Das Einwickelpapier von zwei Tootsie Rolls lag zerrissen auf dem Wagenboden.
Ich schaute unter den Sitzen nach. Dort war nichts.
»Würden Sie den Kofferraum für uns aufmachen?« fragte ich.
»Machen Sie ihn doch selber auf«, sagte er.
»Ich habe gefragt, ob Sie das tun wollen. Sie müssen ja nicht. Aber es sieht danach aus, als ob Sie um das Gefängnis nicht rumkommen. Was ja nicht heißt, daß Sie in den Knast müssen. Ich hab’ mir nur gedacht, daß Sie ein ordentlicher Bursche sein und uns helfen wollen.«
»Weil Sie nämlich keinen Grund dazu haben.«
»Das stimmt schon. Es heißt ja auch nur ›hinreichender‹ Grund. Sind Sie in Raiford gewesen? Mir gefällt das kleine Kunstwerk auf Ihrem Rücken«, sagte ich.
»Sie wollen mein verdammtes Auto durchsuchen? Da geb’ ich ’n Scheiß drauf. Hier, sehen Sie selbst nach«, sagte er, zog den Schlüssel von
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