Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
geschubst hat.«
»Ich will Ihnen mal was sagen, was für Sie vielleicht neu ist«, sagte sie. Ihre Stimme klang nicht mehr träge oder kokett, und der rote Schimmer in ihren Augen schien heller geworden zu sein. »Ich habe drei Jahre an einem Ort zugebracht, wo man von den harten Mädels gewarnt wird, daß man abends besser nicht in den Duschraum kommen sollte, es sei denn, man will unbedingt seine Unschuld verlieren. Bubba hat nie gesessen. Ich glaube, er könnte es auch nicht. Ich glaube, er würde genau drei Tage durchhalten, bis man ihn in die Kiste sperren, Griffe dranschrauben und sie mitten auf ein weit offenes Feld tragen müßte.«
Ich fuhr auf die Zugbrücke zu. Die Reifen donnerten über das Metallgitter. Ich sah, wie der Brückenwärter Claudette Rocque und mich mit verdutzter Miene musterte.
»Dann noch was, worüber Sie nachdenken können, Sir«, sagte sie. »Bubba hat ein paar Schlampen, die er sich in New Orleans hält. Von mir wird erwartet, daß ich sie nicht erwähne. Ich bin nur sein leckeres, herziges Cajun-Mädel, von dem er verlangt, daß es sein Haus sauberhält und seine Trainingsanzüge wäscht. Auf Jungs wie euch bin ich echt scharf. Euer Sackschoner stinkt.«
In der kühler werdenden Abenddämmerung passierte ich eine Reihe verwitterter Negerhütten mit eingesunkenen Veranden, eine Bar mit Barbecue-Garten unter einer ausladenden Eiche und einen alten Lebensmittelladen aus Ziegelsteinen mit einem leuchtenden Reklameschild für Dixie-Bier im Fenster.
»Ich setze Sie am Taxistand ab«, sagte ich. »Haben Sie Geld für ein Taxi?«
»Bubba und ich besitzen Taxis. Ich fahr’ mit den Dingern nicht.«
»Nun, der Abend ist schön genug für einen Spaziergang.«
»Sie sind beschissen«, sagte sie. »Sie haben’s nicht anders gewollt.«
»Ja, da haben Sie vielleicht recht. Ich dachte, ich könnte was für Sie tun. Großer Irrtum. Sie sind ein ewiger Versager. Wissen Sie, was man dazu braucht, um ein guter Versager zu sein? Übung.« An der East Main deutete sie mit dem Finger in die Dunkelheit. »Setzten Sie mich an der Bar da vorne ab.«
Dann trank sie ihre Thermosflasche leer und ließ sie achtlos durch das Seitenfenster meines Pickup auf die Straße fallen. Sie polterte über den Betonbelag. Eine Gruppe Männer, die vor der Bar Zigarren rauchten und Dosenbier tranken, drehten sich um und starren in unsere Richtung.
»Ich hatte vor, Ihnen einen Hunderttausend-Dollar-Job pro Jahr anzubieten, wenn Sie Bubbas Fischpackerei in Morgan City leiten«, sagte sie. »Sie können ja auf dem Heimweg zu Ihrem Würmerladen noch mal drüber nachdenken.«
Ich ließ den Pickup vor der Bar ausrollen. Das Neonlicht der Bierreklame tunkte die Fahrerkabine in roten Schein. Die Männer draußen vor dem Bareingang hatten aufgehört zu reden und schauten uns nur an.
»Ah, und außerdem möchte ich nicht, daß Sie hier wegfahren und denken, Sie hätten heute abend alles unter Kontrolle gehabt«, sagte sie, stemmte sich auf die Knie, legte ihren Arm um meinen Hals und küßte mich feucht auf die Wange. »Sie haben grade die beste Nummer ihres Leben verpaßt, Sie Kürbis. Warum versuchen Sie’s nicht bei einer Ihrer AA-Versammlungen mit Taschenbillard? Das entspräche ganz Ihrer Persönlichkeit.«
Doch ich war zu müde, als daß es mir wichtig gewesen wäre, ob sie nun gewonnen hatte oder nicht. An diesem Abend türmten sich schwarze Wolken über dem Golf, und Wetterleuchten zuckte über den gewaltigen, düsteren Himmelsdom über mir. Ein Abend für die Bestie, die wieder anfing, rastlos durch ihren Käfig zu schleichen. Fast konnte ich die dicken, ledrigen Pranken hören, die über den Maschendraht scharrten. Ich sah die heißen orangen Augen in der Dunkelheit, roch den Kot und den fauligen Atem nach verrottetem Fleisch.
Ich habe nie eine Erklärung für diese Anwandlungen gehabt, die mich plötzlich überkamen. Ein Psychologe würde es wahrscheinlich Depression nennen. Ein Nihilist würde von philosophischer Innenschau sprechen. Doch wie dem auch sei, mir blühte nichts weiter als die nächste schlaflose Nacht. Batist, Alafair und ich fuhren im Pickup zu dem einzigen Drive-in-Kino in Lafayette, bauten unsere Campingstühle in einer der Zuschauermuscheln auf, aßen Hot Dogs, tranken Limonade und schauten uns ein Doppelprogramm mit zwei Walt-Disney-Filmen an, doch ich konnte mich nicht losmachen von dem Gefühl, meine Seele stiege in einen dunklen Brunnenschacht hinab.
Im Lichtschein von der Leinwand
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