Mistelzweig und Weihnachtskuesse
schwankte wie ein Blatt in einem unsichtbaren Lufthauch. Dann kam sie wieder zu sich.
„Ich sollte nach Hause fahren“, wiederholte sie.
„Wir sehen uns morgen.“
Sie lächelte, dann war sie fort.
Als das Brummen ihres Autos auf der Einfahrt verklungen war, starrte Jordan zur Decke. Etwas war heute Abend passiert. Etwas, worüber er nicht nachdenken wollte.
Irgendwie war zwischen Holly und ihm eine Verbindung entstanden. Er erzählte nicht jedem von seiner Vergangenheit, und sie hielt es vermutlich ähnlich. Dennoch hatten sie einander einen Teil ihrer Geschichte mitgeteilt. Es war ihm schleierhaft, was das bedeutete. Aber er wusste, dass es gefährlich war. Genauso gefährlich wie die Tatsache, dass er Holly süß und einzigartig fand.
Er wälzte sich unter der Decke, und ein Büschel Katzenhaare fiel zu Boden. Zu süß für diese verdammte Katze, dachte er. Und zu arglos, um die Nächte allein in der Innenstadt zu verbringen. Glenwood war vielleicht nicht die Brutstätte des Verbrechens, aber trotzdem gab es natürlich auch hier Überfälle. Er würde beim Sheriff anrufen und sicherstellen, dass die Gegend patrouilliert wurde.
Gerade als er aufstehen und zum Telefon gehen wollte, kam Louise zurück, und wie jeden Abend schaute sie nach ihm.
„Ist Holly schon weg?“, fragte sie erstaunt, während sie im Türrahmen lehnte.
„Seit zehn Minuten ungefähr.“
Louise machte Anstalten zu gehen.
„Warte“, hielt er sie auf. „Holly hat dich gefragt, ob sie hier duschen darf.“
„Ist das ein Problem für dich?“
„Nein. Ich wusste nicht, dass sie in ihrem Laden wohnt. Ich finde, es ist gefährlich.“
„Wenn sie etwas Besseres hätte, würde sie sicher dorthin gehen“, erwiderte Louise mit verschränkten Armen vor der Brust.
„Sie sagte, sie kann sich keine neue Wohnung leisten.“
Nachdenklich spielte Louise mit ihrem rechten Ohrring. „Ich weiß, was du denkst, Jordan. Du trägst dein Herz am rechten Fleck, aber Holly wird kein Geld von dir annehmen. Wahrscheinlich nicht einmal geliehen.“
„Darauf bin ich auch schon gekommen.“
Vorsichtig lächelte sie ihn an. „Nett von dir, dass du dir Gedanken gemacht hast.“
Er wandte den Blick von der älteren Frau ab. Fast hätte er ihr aus Gewohnheit etwas Gemeines an den Kopf geworfen. Aber das Problem war, dass er langsam anfing, sie zu mögen. Ganz gleich, wie er sich aufführte, Louise sorgte einfach weiter für ihn. Dass sie es für seine Familie tat und nicht für ihn, war ihm natürlich klar, aber es änderte nichts. Er war hin- und hergerissen zwischen seinem schlechten Gewissen, weil er sich wie ein Scheusal verhielt, und der Wut über ihr Verhalten in der Vergangenheit.
Von Zeit zu Zeit sagte er sich, wie lange das inzwischen her war. Aber dann beharrte eine Stimme in seinem Kopf, dass ohne sie alles anders gekommen wäre. All die Lügen und die Heimlichtuerei fielen ihm wieder ein. Das machte ihn rasendund so fiel es ihm leicht, gemein zu sein.
Manchmal war das Leben die Hölle.
„Meinst du, ich könnte sie dafür bezahlen, dass sie mir abends Gesellschaft leistet?“, fragte er.
„Der liebe Herrgott weiß, dass ich Geld dafür nehme, dich zu ertragen. Aber Holly scheint dich zu mögen. Über Geschmack lässt sich nicht streiten.“
Schnell drehte er sich weg, damit Louise sein Lächeln nicht sah. Auch er mochte Holly.
„Ich lasse mir etwas einfallen“, erklärte er. „Schließlich kann sie dort nicht ewig bleiben. Würdest du mir fürs Erste das Telefon bringen? Ich will beim Sheriff anrufen und ihn bitten, dass sie nachts in der Gegend Streife fahren.“
Louise schüttelte den Kopf. „Meistens bist du eine Strafe, Jordan. Aber manchmal kannst du richtig nett sein.“
„Sag das bloß nicht in der Öffentlichkeit.“
SIE GRINSTE. „MIR GLAUBT DOCH EH KEINER.“
5. KAPITEL
Als Holly am nächsten Tag eintraf, war Louise schon unterwegs. An der Haustür klebte ein Zettel, auf dem die Haushälterin erklärte, dass sie bei einem der „netten“ Haynes-Brüder babysittete. Holly sollte hereinkommen und es sich gemütlich machen.
Sie drückte die Klinke, stellte fest, dass nicht abgeschlossen war, und trat ein. Alles war still, kein Essensgeruch zog durch die Räume. Nachdem sie Mistletoe aus dem Körbchen befreit hatte, ging Holly in die Küche. Dort fand sie einen zweiten Zettel, auf dem stand, dass Louise für das Abendessen einen Auflauf vorbereitet hatte. Er stand im Kühlschrank und brauchte
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