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Mistelzweig und Weihnachtskuesse

Mistelzweig und Weihnachtskuesse

Titel: Mistelzweig und Weihnachtskuesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Mallery
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verschwand.
    „Danke“, sagte sie.
    „Wofür?“
    „Dass Sie das gesagt haben. Das hat noch nie jemand wirklich wahrgenommen. Ich war ein Teenager, aber ich musste mich wie eine Erwachsene verhalten. Sonst war niemand da, der die Verantwortung übernommen hätte. Meine Mutter konnte es nicht. Die Ärzte und Schwestern waren gestresst. Mom hatte ein paar Freundinnen, aber die sollten nicht wissen, wie krank sie war. Und meine Freunde waren so jung wie ich.“
    Sein dunkler Blick traf ihren. „Sicher hatten Sie Angst.“
    „Ja. Ich wollte, dass sie lebt. Es war schwer für mich. Gerade hatte ich die Highschool angefangen, und da musste ich meine vielen Schulaktivitäten auch schon wieder aufgeben. Es gab auch einen Jungen, Jimmy. Wir gingen miteinander, wie Fünfzehnjährige eben miteinander gehen.“ Als Holly auf ihre Hände herabsah, merkte sie, wie sie die Finger ineinanderknotete. Bewusst hielt sie in der Bewegung inne. „Er ist gegangen, weil ich meine Mutter zu oft pflegen musste.“
    „Geben Sie mir seinen Nachnamen. Sobald es mir besser geht, werde ich ihn finden und für Sie verdreschen.“
    Sie lächelte. „Das ist nett von Ihnen, aber nein danke. Es ist Ewigkeiten her. Jetzt spielt es keine Rolle mehr.“
    „Natürlich tut es das. Manche Wunden heilen nie.“
    Lange sahen sie einander an. Etwas in Jordans Augen gab ihr die Gewissheit, dass er ihre Geschichte wirklich verstand. Sie fragte sich, welche Wunden die Vergangenheit ihm zugefügt haben mochte.
    „Wurde Ihre Mutter zwischenzeitlich gesund?“, fragte er.
    „Für ein paar Jahre. Ich schaffte die Highschool. Nach meinem Abschluss begann ich, Vollzeit zu arbeiten. Eigentlich wollte ich studieren, aber wir hatten zu viele unbezahlte Arztrechnungen. Dann erreichte uns die Nachricht über das Erbe des Antikladens hier oben. In derselben Woche entdeckte Mom einen Knoten in der anderen Brust.“
    Hollys Atem stockte. Sie erinnerte sich, wie sie die Schluchzer ihrer Mutter durch die dünnen Badezimmerwände gehört hatte. Als sie hereingestürzt war, hatte sie sie zusammengekauert, weinend und sich wiegend auf dem Boden gefunden. Da hatte Holly gewusst, das der Krebs zurück war.
    „Mom war stark. Sie erlebte eine zweite gesunde Phase, nur kürzer als das Mal davor. Dann stellte sich heraus, dass der Tumor überallhin gestreut hatte. Trotzdem hielt sie noch einige Jahre durch. Sie musste viel ertragen, aber sie hat tapfer gekämpft.“
    „Sie anscheinend auch.“
    „Ich habe doch nichts getan.“
    „Sie haben sich um sie gekümmert, oder nicht?“
    „Ich war ihre Tochter. Außer mir hatte sie niemanden.“ Sie setzte sich im Sessel um und zog die Knie zur Brust. „Genug davon. Ich soll Sie unterhalten und Ihnen nicht die Stimmung verderben. Lassen Sie uns über etwas Schöneres reden.“
    Jordan dachte kurz nach. „Angenommen, Sie hätten aufs College gehen können. Was hätten Sie studiert?“
    „Das ist leicht: Betriebswirtschaft. In meinem Laden will ich gute Arbeit leisten, aber mir fehlt oft das nötige Wissen. Ich bewundere Louise, dass sie wieder zur Schule geht. Das möchte ich auch. Nächste Frage.“
    „Sie sprechen nie von Ihrem Vater.“
    „Ich habe keinen Kontakt zu ihm.“ Sie dachte an ihr einziges Gespräch mit ihrem Vater vor sechs Jahren. Noch immer konnte sie sich an jede Einzelheit erinnern, bis hin zum Prasseln des Regens gegen die Fensterscheiben. „Er und meine Mutter hatten eine Affäre. Als sie schwanger war, verschwand er.“
    Das sagte sie ganz sachlich und distanziert. Jordan betrachtete sie. Er fragte sich, wie sie bei so viel Kummer so gutherzig und arglos geblieben sein konnte.
    Vom Vater verlassen, die Mutter verloren, und trotzdem hatte sie überlebt. Mehr noch, sie war fröhlich und erfolgreich.
    „Ich kenne solche Väter“, sagte er. „Dad ist zwar nicht abgehauen, aber ich denke oft, dass es besser gewesen wäre.“
    „Warum?“
    Aufmerksam sah sie zu ihm. Nach der Dusche hatte sie Jeans und ein dunkelblaues Sweatshirt angezogen. Der weiche Stoff betonte ihre Augenfarbe. Das lange Haar fiel offen über ihre Schultern. Er wollte sie an sich ziehen und die Hände in den langen seidigen Strähnen vergraben. Er wollte sie küssen und sie lieben, bis sie die Vergangenheit und den Schmerz vergaß. Er konnte sie vergessen lassen. Er konnte sie sogar verführen. Aber dann würde er ihr Herz brechen, und das durfte er niemals. Also sagte er ihr stattdessen die Wahrheit. Wenn er sie damit nicht abschrecken

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