Mistelzweig und Weihnachtskuesse
die Nähe kommt. Die Ausgaben machen mir nichts aus, aber ich weiß, dass sie mich dann zum Arbeiten zwingt.“
Holly lachte. „Du könntest jemanden einstellen.“
„Jordan hat schon die beste Arbeitskraft. Wo bleibt da der Rest von uns?“
Es dauerte einen Moment, bis sie seine Worte verstand. „Oh, na ja, ich werde nicht allzu lang an seinem Haus arbeiten.“ Sie spürte, wie ihr das Lächeln im Gesicht gefror. Wusste er, dass sie mit Jordan zusammenwohnen würde? Nun, genau genommen nicht mit ihm zusammen. Sie würden zwar im selben Haus wohnen, aber sie waren nicht zusammen.
„Du schließt um fünf, richtig?“, fragte Kyle mit einem Blick auf die Uhr.
Sie nickte.
„Hast du schon gepackt?“
„Ge…gepackt?“ Also wusste er Bescheid.
„Deshalb bin ich hier. Jordan hat mich gebeten, dir beim Umzug zu helfen.“ Erfreut sah er zu Boden. „Da bist du ja, süßes Mädchen. Ich habe mich schon gewundert, wohin du ausgebüxt bist.“ Er bückte sich und hob Mistletoe hoch. „Jordan sagt zwar, du seist ein jämmerliches Exemplar von einer Katze, aber in Wirklichkeit bist du nur wählerisch bei deinen Freunden, habe ich recht? Du hast einen hervorragenden Geschmack.“ Während er sprach, streichelte er Mistletoes graue Ohren und ihr Kinn, und sie schnurrte vor Vergnügen.
Belustigt sah Holly den beiden zu. „Es ist wirklich nicht fair“, sagte sie dann. „Dass Jordan ihr das Leben gerettet hat, kümmert sie kein bisschen.“
„Es ist eben alles eine Frage der Persönlichkeit. Jordan hat keine.“
„Hat er doch“, widersprach Holly widerborstig. „Jordan ist sehr nett. Er ist charmant, lustig, lieb …“ Als sie merkte, wie Kyle sie anstarrte, verebbte ihre Stimme.
Die eine Augenbraue hochgezogen, sagte er zu Mistletoe: „Uns scheint, Holly mag Jordan, nicht wahr?“
Mistletoe verweigerte jeden Kommentar.
„Du hast mich reingelegt“, schimpfte Holly und fragte sich, ob er sie für eine Idiotin hielt.
„Nur ein kleiner Hintergrundcheck“, erwiderte Kyle besänftigend. „Jordan hat sich seit Längerem ziemlich zurückgezogen. Wir waren alle überrascht, von dir zu hören.“
„Ich bin nicht … Wir sind nur … Freunde.“
Kyle setzte Mistletoe auf die Theke und lehnte sich dicht zu Holly herüber. „Schon gut, Holly. Du musst mir nichts erklären. Und wenn du mich fragst, Jordan mag dich auch. Jetzt geh und pack deine Sachen.“
Es dauerte nur etwa eine Viertelstunde, bis sie ihre Habseligkeiten zusammengesucht hatte. Kyle trug alles zum Auto. Dann verfrachtete er Mistletoe in ihren Korb und stellte ihn vorsichtig auf den Vordersitz.
„Ich folge dir zu Jordans Haus und helfe dir beim Ausladen“, erklärte er.
„Das musst du nicht“, protestierte Holly.
„Möchte ich aber.“ Er schloss die Beifahrertür.
Vor Verwirrung wie benebelt steuerte sie mechanisch den Wagen.
Kyle hatte gesagt, dass Jordan sie mochte. Tat er das wirklich? Und wenn ja, was sollte es bedeuten? Vor Aufregung verkrampfte sich ihr Magen. Wenn er sie mochte, konnte sie nicht bei ihm wohnen. Aber sie wollte doch, dass er sie mochte – oder etwa nicht?
„Was jetzt?“ fragte sie laut.
Eigentlich war es egal. Sie mochten sich – na und? Sie waren Freunde, mehr nicht. Keinesfalls steuerten sie auf eine Beziehung zu, schließlich wollte Jordan keine Frau wie sie. Er wollte eine verführerische und erfahrene Frau. Außerdem wünschte Holly sich auch gar keine Beziehung. Sie war immer im Stich gelassen worden. Um sich auf einen anderen Menschen einzulassen, brauchte sie Vertrauen, und das hatte sie nicht. Vielleicht würde sie es nie haben.
Aber er hatte sie geküsst.
Den Kuss konnte sie nicht vergessen. Letzte Nacht hatte er sie bis in ihre Träume begleitet und sie immer wieder aus dem Schlaf geholt. Dann hatte sie wach gelegen, ihr Herz rasen gehört und eine merkwürdige Hitze im Körper verspürt. Vergeblich hatte sie gegen die Rastlosigkeit gekämpft, die sie nicht verstand.
Der Kuss war das Wunderbarste gewesen, was sie je erlebt hatte – allerdings hatte sie bisher nicht allzu viel erlebt. Heutzutage küssten die Leute sich ständig. Vermutlich hatte Jordan es längst vergessen. Es wäre dumm zu glauben, dass der Kuss irgendetwas bedeutete.
Als sie endlich vor Jordans Haus vorfuhr, hatte sie sich fast schon selbst davon überzeugt.
An der Tür stand Louise. „Jordan schläft“, sagte sie und legte einen Finger auf die Lippen. „Heute hat er wieder Fieber bekommen. Er war den ganzen Tag
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