Mister Aufziehvogel
Preis«, sagt Herr M., und so sind nähere Informationen nur schwer zu erhalten, aber Gerüchten aus Maklerkreisen zufolge soll - Grund und Bau gezwungen gewesen sein, das Objekt für einen Betrag abzugeben, der weit unter dem ursprünglich geforderten lag. Besser einen größeren Verlust hinzunehmen, als weiter Bankzinsen für ein unverkäufliches Grundstück zahlen zu müssen. »Die Käufer wußten selbstverständlich genau, worauf sie sich einließen«, betont Herr M. »Wir pflegen unsere Kunden nicht zu täuschen. Wir haben von Anfang an mit offenen Karten gespielt. Bei Vertragsabschluß war den Käufern die gesamte Vorgeschichte des Objekts bekannt.« Was uns zur Frage führt, wer sich freiwillig ein solch verhextes Grundstück kauft. Unsere Nachforschungen erwiesen sich jedoch als unerwartet schwierig. Laut Grundbuch-Eintrag ist der neue Eigentümer eine im Stadtbezirk Minato ansässige Gesellschaft mit Namen Akasaka Research, die sich nach eigenen Angaben mit »Wirtschaftsforschung und Anlageberatung« befaßt und als beabsichtigte Nutzung des erworbenen Grundstücks »Errichtung von neuer Unternehmenszentrale« angegeben hat. Die »Unternehmenszentrale« wurde tatsächlich im Frühling dieses Jahres errichtet, aber das Unternehmen selbst hat sich als eine typische »Briefkastenfirma« entpuppt. Wir haben die im Grundbuch angegebene Adresse in Akasaka 2-chome aufgesucht, fanden dort aber an der Tür eines Apartments in einem kleineren Gebäude mit Eigentumswohnungen nur ein kleines Firmenschild »Akasaka Research« vor, und auf unser Klingeln hat niemand reagiert.
Strenge Sicherheitsvorkehrungen
Die gegenwärtige »ehemalige Miyawaki-Villa« ist von einer hohen Mauer umgeben _ weit höher als die jedes anderen Hauses im Viertel. Zusätzlich soll ein wuchtiges schwarzes Eisengitter Neugierige auf Distanz halten (siehe Foto), und eine Überwachungskamera sichert die Zufahrt. Wir haben geklingelt, aber ohne jedes Resultat. Aussagen der Nachbarn zufolge soll sich das elektrische Tor mehrmals am Tag öffnen und einen schwarzen Mercedes 500 SEL mit getönten Scheiben hinein- oder herauslassen, aber sonst weist nichts darauf hin, daß jemand das Grundstück betritt oder verläßt, und es dringen auch nie irgendwelche Geräusche nach außen. Die Bauarbeiten begannen im Mai, aber sie fanden durchweg hinter hohen Zäunen statt, weswegen die Nachbarn keinerlei Angaben zum Aussehen des Hauses machen können. Die Bauarbeiten wurden in der unglaublich kurzen Zeit von insgesamt zweieinhalb Monaten abgeschlossen. Ein Mitarbeiter eines örtlichen Catering-Unternehmens, das Mahlzeiten auf die Baustelle lieferte, erzählte uns: »Das Gebäude selbst war ständig hinter ausgespannten Planen versteckt, also kann ich eigentlich nichts Genaues sagen, aber es war mit Sicherheit kein großes Haus - nur ein Geschoß, Typ Betonklotz, ganz schlicht. Ich weiß noch, ich habe mir damals gesagt: Sie bauen anscheinend so eine Art Luftschutzbunker. Es sah nicht aus wie ein normales Haus, in dem normale Leute wohnen - dazu war’s zu klein und hatte zuwenig Fenster. Aber es war auch kein Bürogebäude. Eine Landschaftsgärtnerei hat dann hier und da auf dem Grundstück ein paar wirklich eindrucksvolle Bäume gepflanzt. Der Garten dürfte eine ganze Menge gekostet haben.«
Wir haben alle größeren Landschaftsgärtnereien im Raum Tokio angerufen und konnten schließlich diejenige ausfindig machen, die auf dem Grundstück der »ehemaligen Miyawaki-Villa« gearbeitet hat, aber der Besitzer konnte uns nichts über die Identität seines Auftraggebers sagen. Die Baufirma habe der Gärtnerei einen Plan des Gartens und eine schriftliche Bestellung über ein gutes Sortiment größerer, schön gewachsener Bäume geschickt. »Unser Kostenvoranschlag war hoch, aber sie haben ihn anstandslos akzeptiert und nicht versucht zu handeln.«
Der Landschaftsgestalter erzählte uns außerdem, während der Arbeiten am Garten sei eine Brunnenbaufirma beauftragt gewesen, einen tiefen Brunnen zu graben. »Sie haben in einer Ecke des Gartens ein Gerüst aufgebaut, um die Erde nach oben zu schaffen. Ich pflanzte damals gerade ganz in der Nähe einen Dattelpflaumenbaum und konnte mir die Sache genau ansehen. Sie gruben einen alten Brunnen wieder aus, der zugeschüttet worden war. Die Betonröhre war noch vorhanden. Sie kamen recht schnell voran, weil der Schacht erst in letzter Zeit aufgefüllt worden war. Seltsamerweise sind sie aber nicht auf Wasser gestoßen.
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