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Mister Aufziehvogel

Mister Aufziehvogel

Titel: Mister Aufziehvogel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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ausgewählt, denn sie meinte, das Risiko von Skandalen lasse sich nur dann ausschließen, wenn Muskat einen exklusiven Club gründete. Andernfalls würde sich die Sache in Windeseile herumsprechen. Allen der Mitgliedschaft für würdig befundenen Frauen wurde eingeschärft, sie dürften Außenstehenden niemals etwas über die an ihnen vorgenommenen »Änderungen« mitteilen. Nicht nur waren es Frauen von großer Diskretion, sie wußten auch, daß man sie sofort aus dem Club ausschließen würde, wenn sie ihr Versprechen brachen.
    Jede Klientin ließ sich telefonisch einen Termin für eine »Änderung« geben und wußte, daß sie zur vereinbarten Zeit kommen konnte, ohne befürchten zu müssen, einer anderen Klientin zu begegnen oder auf sonst eine Weise kompromittiert zu werden. Die Honorare - deren Höhe die Kaufhausbesitzersgattin festgelegt hatte - wurden sofort und bar bezahlt; sie waren weit höher, als Muskat je für vertretbar gehalten hätte, aber das erwies sich nie als hinderlich. Ausnahmslos jede Frau, an der Muskat einmal eine »Änderung« vorgenommen hatte, kam wieder. »Sie brauchen sich wegen des Geldes keine Gedanken zu machen«, erklärte die Frau des Kaufhausbesitzers Muskat. »Je mehr diese Frauen bezahlen, desto sicherer fühlen sie sich.« Muskat ging dreimal die Woche in ihr »Atelier« und nahm eine »Änderung« pro Tag vor. Das war ihr Limit.
    Als Zimt sechzehn war, wurde er Assistent seiner Mutter. Mittlerweile war es für Muskat schwierig geworden, die gesamte Administration allein zu bewältigen, aber die Vorstellung, einen Fremden einzustellen, behagte ihr nicht. Als sie ihren Sohn nach längerem Zaudern fragte, ob er ihr nicht bei ihrer Arbeit helfen wolle, sagte er sofort zu, ohne sich auch nur zu erkundigen, worin denn ihre Arbeit eigentliche bestehe. Von nun an fuhr er jeden Morgen um zehn ins Atelier (mit dem Taxi, da er es nicht ertrug, mit anderen Leuten in einem Bus oder U-Bahn-Wagen zusammen zu sein), putzte und wischte Staub, rückte alles wieder an seinen Platz, stellte frische Blumen in die Vasen, kochte Kaffee, kaufte ein, was nötig war, sorgte für eine leise Untermalung mit klassischer Musik und führte die Bücher. Schon bald war Zimt aus dem Atelier nicht mehr wegzudenken. Gleichgültig, ob eine Klientin erwartet wurde oder nicht, bezog er jeden Tag in Anzug und Krawatte am Schreibtisch im Wartezimmer seinen Posten. Keine Klientin beklagte sich je darüber, daß er nicht sprach. Praktische Probleme erwuchsen daraus keine, ja es war den Klientinnen sogar lieber so. Zimt war derjenige, der ihre Anrufe entgegennahm, wenn sie um einen Termin baten. Sie schlugen einen Tag und eine Uhrzeit vor, und er klopfte zur Antwort auf die Tischplatte: einmal für »nein« und zweimal für »ja«. Diese Prägnanz gefiel den Frauen. Er war ein Jüngling von so klassischer Schönheit, daß man ihn, in Stein gehauen, im Museum hätte ausstellen können, und im Gegensatz zu vielen anderen gutaussehenden junge Männern verdarb er den ersten Eindruck nie, wenn er den Mund öffnete. Die Frauen sprachen mit ihm, wenn sie kamen und wenn sie gingen, und er antwortete stets mit einem Lächeln und einem Kopfnicken. Diese »Gespräche« taten den Frauen gut: Sie befreiten sie von den Spannungen, die sie aus ihrer Welt mitbrachten, und linderten die Befangenheit, die sie nach ihren »Änderungen« verspürten. Und offenbar bereitete es auch Zimt, der sonst jeden Kontakt mit Fremden zu meiden suchte, kein Unbehagen, mit den Frauen in Berührung zu kommen. Als er achtzehn wurde, machte Zimt den Führerschein. Muskat besorgte ihm einen freundlichen Fahrlehrer, der ihm Privatunterricht gab, aber Zimt hatte schon jedes nur erhältliche Lehrbuch durchgearbeitet und sich jede Einzelheit eingeprägt. Ihm fehlte nur noch die Fahrpraxis, die nun einmal kein Buch vermitteln konnte, und die eignete er sich binnen weniger Tage an. Sobald er den Führerschein hatte, nahm er sich die Gebrauchtwagenangebote vor und kaufte sich einen Porsche Carrera. Als Anzahlung investierte er alles, was er mit der Arbeit bei seiner Mutter verdient hatte (und wovon er nie etwas für seinen Lebensunterhalt hatte ausgeben müssen). Er überholte den Motor, bestellte per Postversand alle nötigen Ersatzteile, zog neue Reifen auf und machte den Wagen insgesamt rennreif. Dann fuhr er damit allerdings immer nur dieselbe kurze, ständig überfüllte Strecke von seiner Wohnung in Hiroo zum Atelier in Akasaka und zurück, tagaus, tagein -

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