Mister Mädchen für alles
sicher, was sich hier abspielte. Sie stellte ihre Handtasche ab. «Setzen Sie sich doch bitte, und ich stelle den Wasserkocher an.» Bevor die Ranke widersprechen konnte, machte Saffron auf dem Absatz kehrt und ging in die kleine Küche. Sie war aufgeräumter als bei ihrem letzten Besuch, und es roch nach Bleichmittel. Auf einer Seite der Anrichte stand eine Einkaufstüte, die halb ausgepackt war und aus der einige Orangen gekullert waren. Neben dem Wasserkocher wartete ein Tablett mit einer Teekanne, in der zwei Teebeutel hingen, eine Schale mit Zuckerstückchen und zwei Porzellantassen. Hatte die Ranke jemand anderen erwartet? Tja, Saff würde eben eine weitere Tasse auf das Tablett stellen, falls noch jemand kam.
Als der Tee fertig war, trug sie das Tablett hinaus und stellte es auf dem Tisch zwischen ihnen ab. Statt sich entspannt zurückzulehnen, hockte Alex’ Mutter jedoch auf der Kante des Sofas und wirkte ziemlich durcheinander.
«Ist alles in Ordnung mit Ihnen?», fragte Saff. «Schmerzt der Arm noch sehr?»
«Alles in Ordnung, Liebes, wirklich. Also, wie war denn nun Ihr mondäner Urlaub? Erzählen Sie.»
Und so begann Saff, während sie den Tee eingoss, ihre Urlaubsgeschichte zu erzählen, wobei sie die Episode mit der vergessenen Skihose dramatisch überspitzte, weil sie wusste, dass die Ranke sich darüber amüsieren würde.
Doch statt zu lachen, stürzte die Ranke den brühheißen Tee hinunter, murmelte etwas von «Donnerwetter, Sie armes Ding» und stand auf. «Ich muss jetzt los und einige Einkäufe erledigen, wenn Sie also nichts dagegen hätten …»
Saff stellte ihre Tasse ab, an der sie kaum genippt hatte. Sie hatte sich doch die Haare waschen wollen, oder? «Na gut. Aber der Einkaufstasche in der Küche nach zu urteilen, sieht es aus, als hätte Ella bereits die Besorgungen erledigt –»
In diesem Moment war hinter der verschlossenen Schlafzimmertür ein lautstarkes Niesen zu hören. Saff erstarrte. Die Ranke auch. Großer Gott, ihre Vermutung mit dem Liebhaber hatte gestimmt! Wie peinlich. Aber was nun? Sollte sie einfach verschwinden? Sie blickte von der Schlafzimmertür zu der Ranke, doch statt Beschämung in ihrem Blick zu entdecken, leuchteten ihre Augen ganz unerwartet voller Schadenfreude.
«Oh, Saff, meine Liebe. Es tut mir leid. Können Sie ein Geheimnis für sich behalten?»
Kapitel 14
Ella durchwühlte den Stapel mit Unterlagen ein weiteres Mal, als könnte sie allein dadurch die Liste zum Vorschein bringen, nach der sie suchte. Aus dem Büro nebenan hörte sie, wie Mikes Finger im Stakkato über die Tastatur flogen. Ihr neuer Chef tippte stoßweise – ein paar Minuten lang schrieb er wie besessen, um dann, in der Hoffnung auf neue Einfälle oder Inspiration oder was auch immer, innezuhalten. Ach, Inspiration. Wenn Ella nur ein wenig davon aufbringen könnte!
Heute Morgen hatte sie dieses entscheidende Stück Papier noch besessen, nachdem sie es gestern mühselig auf Frankies Laptop geschrieben hatte. Er hatte scherzhaft zweimal hinsehen müssen, als traute er seinen Augen nicht, dass sie an etwas arbeitete. Gereizt hatte sie sich das Haar aus dem Gesicht gestrichen und ihr Zwei-Finger-Suchsystem für einen Moment eingestellt, um ihm die Zunge herauszustrecken. Danach hatte sie verbissen weitergemacht.
«Die Sache scheint ernst zu sein», hatte er sie aufgezogen. «Machst du Hausaufgaben? Das letzte Mal, dass ich dich so – sollte ich sagen hart? – arbeiten sah, war – hm, lass mich überlegen – noch nie da gewesen?»
Aber Ella hatte einfach die Zähne zusammengebissen und unbeirrt weitergeschrieben. Die alte Ella wäre aufgesprungen und hätte eine Kissenschlacht begonnen. Doch die neue Ella war viel zu beschäftigt für so einen Blödsinn – auch wenn sie größte Lust dazu gehabt hätte. Frankie hatte sofort aufgehört, sie zu hänseln und war zu ihr getreten,um ihr über die Schulter zu spähen. Wie zu erwarten, war sein erster Kommentar gleich eine Kritik gewesen.
«Du solltest die Rechtschreibprüfung einsetzen. Siehst du diese gewellten roten Linien? Wenn du mit der rechten Maustaste daraufklickst, kannst du die richtige Schreibweise wählen.»
Zähl bis zehn, Ella. «Wenn ich die richtige Schreibweise
wüsste
, hätte ich sie bereits gewählt», erwiderte sie mit eisiger Verachtung. «Ich leide vielleicht unter einer kleinen Rechtschreibschwäche. Aber ich bin nicht bescheuert.»
Das hatte ihn verstummen lassen. Doch Ella hatte beklommen auf den
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