Mister Mädchen für alles
Bildschirm gestarrt. Sie wollte nicht, dass sich Mike oder die Kollegen beim Radiosender über ihre Ideen lustig machten, nur weil ihr Konzept voller Rechtschreibfehler steckte. Frankie lungerte noch immer hinter ihr herum.
«‹Bauverzögerung beim neuen Flügel des Krankenhauses›», las er vor. «‹Mobilfunkmasten. Aufwirtschaftung ehemaliger Industriegelände. Umweltgutachten.› Was soll das alles, Ella?»
«Ach, das ist nichts Besonderes», antwortete sie ausweichend. «Nur ein paar Ideen für eine Sendung, die ich mir ausgedacht habe. So eine investigative Sache, weißt du?»
Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, wusste er das nicht. Er hatte sie angestarrt, als wäre ihr ein zweiter Kopf gewachsen.
«Was ist denn?» Genervt hatte sie den Kopf geschüttelt. «Hau ab, du Blödmann. Ich versuche, mich zu konzentrieren.»
Er hatte die Augenbrauen auf die ihm eigene, nervtötend arrogante Art hochgezogen. «Nichts, gar nichts. Soll ich dir eine Tasse Tee bringen?»
Ella hatte verächtlich geschnaubt und weitergeschrieben. «Das wäre zur Abwechslung mal was Nettes. Ich dachte schon, ich müsste dir bis in alle Ewigkeit Tee servieren, weil du die alte Schachtel aushältst.»
«Äh, na ja, es ist auch nur dieses eine Mal. Wo du doch so viel zu tun hast.»
Sie hatte ihn weggescheucht und sich wieder auf ihre Gedanken konzentriert, die sie Stück für Stück aufs Papier brachte. Ja, und etwas über Ausbeuterbetriebe. Das wäre eine Herausforderung.
Und jetzt stand sie im Büro und hatte noch fünf Minuten, bevor die Themenbesprechung losging. Und von ihren Ideen war nicht die geringste Spur zu finden. Sie konnte nicht noch eine Liste aufsetzen – selbst wenn ihr irgendetwas von dem einfiel, was sie erarbeitet hatte –, weil dann jeder sähe, wie schlecht ihre Rechtschreibung war. O Gott, wann würde sie lernen, sich besser zu organisieren? Sie hätte ihr Abi im Fach «Erfinden von Ausreden für nicht erledigte Hausaufgaben» machen können, und ausgerechnet jetzt, wo sie einmal hart gearbeitet hatte, tauchte dieser verdammte Zettel nicht auf.
Die anderen beiden Kollegen betraten selbstbewusst den Raum, und so gab Ella ihre panische Suche auf und lehnte sich mit gespielter Lässigkeit an den Tisch. Beide schienen seitenweise Notizen bei sich zu haben, die sie in professionell aussehende Notizbücher geklemmt hatten. Ella schnappte sich ein Klemmbrett von einem Stapel, der auf dem Aktenschrank in der Ecke lag, und hielt es gegen die Brust gepresst. Schwungvoll stieß Mike die Tür zu der Höhle auf, die er sein Büro nannte. Sein struppiges, schlechtgeschnittenes Haar und die zusammengewachsenen Augenbrauen gaben ihm das Aussehen eines Wolfs.Er war sehr sehnig und ließ den obersten Knopf seines Hemds, das ihm hinten aus der Hose hing, stets offen stehen. Allem Anschein nach war das Hemd noch nie in direkten Kontakt mit einem Bügeleisen gekommen. In dem knappen Monat, den Ella bereits hier verbracht hatte, war sie Zeugin geworden, wie er durchschnittlich vier Mitarbeiter pro Woche zusammenstauchte. Bislang hatte sie es geschafft, seiner schlechten Laune aus dem Weg zu gehen, doch möglicherweise war sie heute an der Reihe. Sie setzte sich ans Fenster und tat so, als ginge sie ihre nichtexistente Liste noch einmal durch. Mike begann mit Kerry.
Ihre Ideen zu Spielen, mit denen man sich im Auto die Fahrtzeit vertreiben konnte, wurden haarklein von ihm zerlegt und fast vollständig vom Tisch gefegt. Ella spürte, wie ihre Handflächen schweißnass wurden. Luke präsentierte geschickt seine Einfälle zum Thema Zeitplanung, indem er Ausdrucke an Mike, aber auch an Ella und Kerry verteilte. Sie riss sich zusammen, um ihn nicht wütend anzustarren, als er mit einem selbstgefälligen Lächeln zu seinem Stuhl zurückkehrte. Dieser Schleimer.
Mike las sich das Papier sorgfältig durch und warf es dann in den Papierkorb. «Verkauf mir deine Vorschläge», bellte er. «Ich will sie nicht lesen müssen. Wir machen Radio. Ich möchte deine Ideen hören, von ihnen überzeugt werden. Ich möchte
animiert
werden.»
Was für ein widerlicher Gedanke, dachte Ella. Er war mindestens fünfunddreißig, obwohl er für einen Mann seines Alters immerhin die Anziehungskraft eines Clive Owen besaß, und die Tatsache, dass er Lukes Vorschläge ebenfalls verworfen hatte, gab Ella einen Funken Hoffnung. Luke versuchte stammelnd und reichlich wenig animiert, seine Ideen zu verkaufen, und verstummte schließlich, alser sah, dass
Weitere Kostenlose Bücher