Mister Mädchen für alles
Blick so fragend gewesen. Sie hatten einen schrecklichen Fehler begangen. Vielleicht waren sie tatsächlich davon überzeugt gewesen, dass der Schwindel um Frankie «nur zu Alex’ Bestem» geschehen war, doch sie waren zu weit gegangen. Sie zuckte zusammen, als sie sich an die Dinnerparty erinnerte. Sie hätten durchblicken lassen müssen, wie wenig Ella dieser Aufgabe gewachsen war. Das wäre das Richtige gewesen. Sie hätten Alex die Chance geben müssen, jemand anders zu finden. Es war ja nur als kurzfristige Lösung angedacht gewesen, Ella von Frankie vertreten zu lassen. Doch er war geblieben, und ihr Geheimnis war zu einer Art heimlichem Witz unter ihnen geworden. Alles hatte sich so verselbständigt, dass sie tatsächlich vergessen hatten, wie es der Person, die sie täuschten, dabei gehen mochte. Sie sollten sich schämen.
Saff warf die Schlafanzughose wieder auf den Boden. Wie hatten sie so etwas zulassen können? Alex war die ehrlichste Person, die sie kannte. Sie hasste Hinterlist, und das erklärte auch, weshalb sie die ausladenden Gesten und Übertreibungen ihrer Mutter so nervten. Wie konnte Saff ihre älteste Freundschaft so gefährden, wo sie dasalles doch wusste? Sie hatte versucht, Alex zu Hause zu erreichen, doch nur den Anrufbeantworter erwischt. Über Alex’ Handy hatte sie es gar nicht erst versucht, weil ihre Nummer im Display erscheinen würde und ihr klar war, dass Alex ihren Anruf nicht entgegennehmen würde. Und selbst im Büro landete sie immer wieder bei ihrer Assistentin, die stets aufs neue beteuerte, dass Alex «im Moment nicht am Platz» sei – ein Satz, den Saffron nicht ausstehen konnte.
Sie wandte Oscars Chaos den Rücken zu und ging nach unten, um sich eine Tasse Kaffee zu machen. Dann lief sie nach draußen und setzte sich auf die Gartenbank, wo Kübel mit blühenden Pflanzen um sie herum standen – ihr städtischer Gartenersatz. Eine Gefühlswoge wallte in Saff auf, als ihr bewusst wurde, wie einsam sie war. Die Kinder waren in der Schule und zu aufgeregt oder zu beschäftigt, um sich mit derartig irrelevanten Dingen wie Ordnung aufzuhalten. Max war wichtig und wurde ständig gebraucht. Alex wollte nicht mit ihr sprechen, und Saff hatte es nicht anders verdient. Auf einmal hatte sie die Stimme ihrer Mutter im Ohr, die ihr sagte, sie solle sich zusammenreißen. Engagiere dich ehrenamtlich. Besuche alte Menschen. Werde Mitglied in einem Komitee. Doch Saff wusste, dass sie weder die Energie noch den Enthusiasmus dafür aufbrachte. In der Küche klingelte das Telefon.
«Hi, Saff. Hier ist Ella. Frankie hat Ihre Nummer für mich bei der Ranke erfragt. Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus, dass ich anrufe?»
Saff lächelte überrascht. Als sie Ella bei jener berühmten Dinnerparty kennengelernt hatte, war sie ihr sympathisch gewesen. Und trotz der aktuellen Vorkommnisse freute sie sich, von ihr zu hören. «Nein, überhaupt nicht.»
«Ich habe von der Sache mit Alex erfahren, und ich wollte Ihnen sagen … na ja, dass es mir leid tut. Das alles ist wahrscheinlich mein Fehler.»
«Wir haben das gemeinsam in den Sand gesetzt», seufzte Saff. «Ich am allermeisten. Machen Sie sich keine Vorwürfe.»
Sie schwiegen. «Keine Ahnung, ob Sie zu beschäftigt sind, aber vielleicht hätten Sie Zeit für eine Tasse Kaffee?»
Saff lachte trocken. «Ich bin nie zu beschäftigt.»
Eine Stunde später saßen sie gemeinsam auf der Gartenbank. «Oh, Ihr Haus ist einfach traumhaft, Saff. Es ist ein richtiges Zuhause.»
«Wirklich?» Saff hörte die Verbitterung in ihrer Stimme. «Es ist keine besondere Leistung, nur Hausfrau zu sein.»
Ella stupste sie freundschaftlich. «Na, hören Sie mal, daran ist doch nichts auszusetzen. Die Menschen brauchen ein schönes Zuhause und jemanden, der sich um sie kümmert.»
Saffron blickte auf die Tasse in ihrer Hand. «Es ist allerdings nicht so großartig, wenn Sie ständig darin gefangen sind.» Sie betrachtete das Mädchen neben sich und war neidisch auf ihre jugendliche Energie und ihren Optimismus. Dafür dass Ella so durchgedreht war, hatte sie eine überraschend nachdenkliche Seite. Sie hatte als Einzige bemerkt, wie herablassend sich Todd Saff gegenüber auf der Dinner-Party verhalten hatte. Und wer mit Frankie verwandt war, konnte gar nicht so übel sein. «Ich bin zu Tode gelangweilt», platzte es zu ihrem eigenen Erstaunen aus Saff heraus. «Ich brauche Arbeit. Einen Job, den ich übernehmen kann, während ich mich um die Kinder
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