Mister Mädchen für alles
kümmere. Denn ich würde nie genug verdienen, um ein Kindermädchen zu bezahlen. Wenigstens nichtmit meinen mangelnden Fähigkeiten. Und außerdem …» Sie blickte wieder nach unten. «Möchte ich für sie da sein. Darum geht es doch schließlich, oder?»
Ella schnalzte mit der Zunge. «Ja, ja, die Arbeit. Es ist nicht alles Gold, was glänzt.»
«Das klingt aber ernst. Läuft es denn nicht gut bei Ihnen? Ich dachte, Frankie hätte erzählt, dass Ihnen Ihre Arbeit gut gefällt?»
«Na ja, schon. Das heißt, sie
gefiel
mir gut.» Jetzt blickte auch Ella auf ihre Kaffeetasse herab. «Die Stelle, die ich hatte – also, die Kollegin hatte schlimme Rückenprobleme, doch jetzt ist sie wieder gesund und kommt zurück. Warum konnte sie nicht etwas Schlimmeres haben oder wenigstens etwas, das langsamer abklingt?» Saff musste über Ellas Direktheit lächeln. «Zum ersten Mal hat mir eine Arbeit wirklich Spaß gemacht. Leute anzurufen, Geschichten hinterherzujagen, mich mit Menschen zu treffen. Ich hatte vorher schon so viele schlechte Stellen – wirkliche Versagerjobs wie Kellnern, Burgerbraten oder die Arbeit in diesem dämlichen Kino. Aber trotzdem glaube ich, dass mir das geholfen hat. All die Jobs kommen mir heute wie eine Vorbereitung auf die Arbeit bei der Radiostation vor, weil ich gelernt habe, mit Menschen ins Gespräch zu kommen. Und was noch viel wichtiger ist: Ich weiß, wie es sich anfühlt, ganz unten in der Hackordnung angelangt zu sein, anschreiben zu lassen und sich ständig vor anderen rechtfertigen zu müssen. Und zum ersten Mal hatte ich wirklich etwas gefunden, das ich mir für die Zukunft vorstellen konnte. Ich dachte, ich könnte eine besondere Arbeit leisten, indem ich Geschichten schrieb, in denen es um die echten Alltagssorgen der Menschen ging.» Sie hielt inne. «Und jetzt will er mich nicht mehr.»
«Wer?»
«Mike. Mein Chef. Eigentlich ist er ganz niedlich, auf eine altmodische Art und Weise. Nichts für ungut!»
Eine Weile schwiegen beide und lauschten dem entfernten Geräusch eines Rasenmähers. Dann sagte Ella: «Das ist doch das Beste, was man sich wünschen kann, oder?»
«Was?»
«Na ja, dass man eine Aufgabe findet, die einem Spaß macht, auch wenn man damit kein Vermögen verdient. Ich meine, sehen Sie sich Frankie an. Alles, was er sich wünscht, ist, als Schauspieler zu arbeiten. Er nimmt alle möglichen Zurückweisungen in Kauf nur für die kleine Chance, dass sich sein Traum erfüllt und er die perfekte Rolle bekommt.»
Saff dachte darüber nach, wie leidenschaftlich er mit der Ranke geprobt hatte. «Wenn alle Stricke reißen, kann er immer noch als Koch arbeiten. Er kocht hervorragend.»
Sie schwiegen kurz, dann wandte sich Ella wieder Saff zu. «Das ist es! Das ist
Ihr
Job. Um Geld zu verdienen, meine ich. Richtig professionell. Das würde Ihnen Spaß machen!»
«Was meinen Sie?»
«Kochen. Catering. Wie auch immer Sie es nennen wollen.»
Die Begeisterung in Ellas Augen brachte Saff zum Lächeln. «Das, liebe Ella, ist die bescheuertste Idee, die ich jemals gehört habe!»
Kapitel 24
Drüben in Chelsea sah die Welt nicht viel besser aus, sondern deutlich schlechter. Die Ranke hatte Frankie die Tür zu ihrem kleinen Cottage geöffnet und ihn geistesabwesend begrüßt. Sie steckte noch in ihrem Morgenmantel, auf dessen Ärmel die Spuren eines kargen Frühstücks zu sehen waren. Neugierig verfolgte sie im Fernsehen die Bemühungen zweier übereifriger Immobilienmakler, ein adrettes japanisches Paar für ein Haus zu interessieren, das drei Duschbäder, aber keine Badewanne besaß. Sie wandte kaum den Blick vom Fernseher, als Frankie begann, um sie herum Ordnung zu schaffen. In den drei Tagen, seit Alex sie vor die Tür gesetzt hatte, schien sie körperlich geschrumpft zu sein und wirkte ermüdet, wie damals, als er ihr zum ersten Mal begegnet war. Bis jetzt hatte Frankie nicht bemerkt, wie sehr die Ranke in der Zeit bei Alex aufgeblüht war. Als sie sich das letzte Mal dort gesehen hatten, hatte sie Witze gerissen, wild beim Pokern geschummelt und groteske Imitationen von verschiedenen Schauspielern und Regisseuren zum Besten gegeben – bis Alex in der Tür gestanden hatte.
Frankie spürte, wie sich ein schlechtes Gewissen in ihm regte. Er hatte die letzten Tage damit zugebracht, sich über dieses vermaledeite Vorsprechen zu ärgern, während die Ranke zu Hause gesessen hatte und in ihren alten Trott verfallen war. Sie war zu Tode gelangweilt, vermisste ihre
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