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Mister Mädchen für alles

Mister Mädchen für alles

Titel: Mister Mädchen für alles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Sanders
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Farbe bepinselten Türen, hinein in das schummerige Bühnenlicht, das einen starken Gegensatz zu dem hellen Sonnenschein draußen bildete. Dann wurde er von der Besetzungschefin begrüßt, die er vom letzten Mal kannte. Das Haar, zu blond für das ledrige, gebräunte Gesicht, war zu einem lockeren Knoten gebunden, wieder trug sie mehrere Schichten aus verwaschenem Leinen und hatte sich trotz der Wärme einen verfilzten Cardigan um die Schultern geschlungen. Sie strich sich eine Strähne aus dem Gesicht und hakte seinen Namen auf der Liste ab. «Heute ist David da», flüsterte sie. «Er ist gestern mit dem Flugzeug gekommen, leidet aber noch ganz schrecklich unter dem Jetlag.»
    Frankie nickte und bemühte sich, erfreut zu wirken, während sich sein Magen voller Panik zusammenkrampfte. David Herschmann war bekannt dafür, dass er sich meist rätselhaft verhielt. Vielleicht gehörte dies zu den Privilegien eines erfolgreichen Hollywoodschauspielers, der sich in einen Bühnenregisseur verwandelt hatte. Wenn er nunauch noch unter dem Jetlag litt, würde er sich höchstwahrscheinlich wie ein kleiner Troll aufführen. Frankie seufzte. Über Herschmann waren wahrhaft legendäre Anekdoten im Umlauf, und er zerbrach sich den Kopf, um sich an einige seiner abgefahreneren Inszenierungen zu erinnern. «Gebt euch mehr Raum!», war einer seiner Aussprüche, der die Besetzung ratlos gemacht hatte. Oder: «Könnt ihr alle mehr Tempo reinbringen, aber es irgendwie langsamer machen?» Nun, wenn Frankie eine Banane sein konnte, dann würde er alles andere auch schaffen! Er setzte sich auf einen der Plastikstühle, die im Flur aufgereiht waren, und nickte den anderen zwei Schauspielern, die vor ihm dran waren, zögernd zu. Beide waren häufig im Fernsehen zu sehen, und er konnte sie fast denken hören: «Was hat ER denn hier verloren?»
    Die Minuten verstrichen. Frankie schloss die Augen und versuchte, sich an alles zu erinnern, was ihm die Ranke beigebracht hatte. Wie man die Blicke der anderen auf sich zog, indem man sich einfach stiller verhielt als sie, wie man sich vorstellte, dass man den Raum um sich herum ausfüllte und sich darin ausstreckte. Die Rolle des Joel war ziemlich komplex, und wenn es sich dabei auch nicht um die Hauptrolle handelte, so war sie doch ein phantastischer Part. Er hatte Daniel Day-Lewis einmal in dieser Rolle bewundern können, und dessen brennende Intensität, als er begriffen hatte, dass ihn seine Freundin mit seinem besten Freund betrogen hatte, war umwerfend. Doch Frankie hatte nicht vor, bloß einen Abklatsch dieser Darbietung zu liefern. Er rutschte auf dem Plastikstuhl hin und her. Langsam wurde er wieder nervös, und er kämpfte mit sich, um sich auf das zu konzentrieren, was vor ihm lag. Die letzten Tage waren eine einzige Achterbahnder Gefühle gewesen, und das hatte ihn komplett aus der Bahn geworfen.
    Die anderen beiden Schauspieler wurden einer nach dem anderen hineingerufen. Der erste blieb nur ungefähr fünf Minuten drin, der zweite ungefähr fünfzehn Minuten. War das besser oder schlechter? Frankie wappnete sich innerlich. Wenn sie ihn nicht gut genug für den Joel fanden, dann überlegten sie vielleicht trotzdem, ob sie ihn als Statisten einsetzen könnten. Die waren bestimmt noch nicht gecastet worden. Sollte er danach fragen? Nein, nein. Das würde verzweifelt wirken. Wieder warf Frankie einen Blick auf die Uhr. Es war jetzt ungefähr drei Minuten her, seit der letzte Typ das Theater verlassen hatte. Womöglich hatten sie ihn vergessen. Oder sie wollten sich nicht die Mühe machen, ihn noch zu sehen, weil sie sich bereits entschieden hatten. Der Zweite war in
The Bill
ziemlich gut gewesen. Vielleicht   …
    «Frankie? Würden Sie jetzt bitte kommen?» Der Kopf verschwand gleich wieder durch die Tür, und Frankie erhob sich zögernd.
    Zwei Stunden später war Frankie wieder zurück in Chelsea und saß im kühlen Wohnzimmer der Ranke
.
«Also, ich bin da rein, und es war ziemlich dunkel. Herschmann saß in einem riesigen, ausladenden Armsessel und hatte sich mit ausgestreckten Beinen so weit zurückgelehnt, dass es den Anschein hatte, als starrte er zur Decke. Er hat mich nicht einmal angesehen.»
    Die Ranke schnalzte mit der Zunge. «Also wirklich, immer diese Machtspielchen. Das ist so lästig. Ich hoffe, Sie haben gewartet, bis er sich anständig aufgesetzt hat. Das hätte ich jedenfalls getan.»
    Klar, sicher. «Nun, wenn ich so berühmt wäre wie Sie,hätte ich das vielleicht

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