Mister Mädchen für alles
sich mit ernster Miene zu ihm, der auf dem Stuhl gegenüber saß, vorgebeugt hatte. «Dieser Job und besonders dieser Produkt-Launch, den ich gerade koordiniere, bedeuten mir alles. Und das hat nicht nur etwas mit dem Abbezahlen der Schulden meiner Mutter zu tun. Es ist megainteressant,Sportswear-Marketing für dieses völlig neue Bekleidungskonzept zu machen. Es ist …»
«Wie eine Rolle in
EastEnders
?», hakte Frankie mit sanfter Stimme nach.
«Oh, noch viel mehr als das! Mindestens wie die Rolle des Hamlet bei der Royal Shakespeare Company! Lass es mich so ausdrücken: In meiner Branche geht es dermaßen inzestuös zu, dass alle, sollte ich diesen Launch vergeigen, wissen werden, dass ich es war. Und der einzige Marketing-Job, der mir dann noch bleibt, wird darin bestehen, von Tür zu Tür zu gehen und Geschirrhandtücher zu verkaufen.» Sie strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr und erschauderte bei dem Gedanken.
«Also, was soll ich tun?»
Alex sah ihm ins Gesicht. Er erwiderte ihren Blick so offen und ehrlich, dass sie sich fragte, warum in aller Welt sie ihn nicht von Anfang an eingestellt hatte, damit er sich um die Ranke kümmerte, statt seine unzuverlässige Schwester. Es überraschte sie nicht, dass er so gut mit ihrer Mutter auskam. «Erzähl mal – nur aus reiner Neugier gefragt. Was habt du und Mum denn so unternommen? Ich habe … nun, offen gestanden, war ich so stinkwütend, dass ich mich nicht danach erkundigt habe.»
Frankie wirkte überrascht und wackelte mit dem Knie hin und her, weil es ihm offenkundig unangenehm war, über die Dinge zu berichten, die hinter Alex’ Rücken geschehen waren. «Wir sind in den Park gegangen oder auf einen Spaziergang am Fluss. Wir waren in der Tate Modern, in der Wallace Collection und natürlich shoppen. An einem Tag sind wir sogar nach Brighton gefahren.»
«Das erklärt die Muscheln.»
«Du hast sie entdeckt?»
«Ja, sie hatte sie auf ihren Frisiertisch gelegt. Hat sie dich mit Geschichten aus ihrer glorreichen Jugend unterhalten?»
«Ja, sogar recht oft. Stört dich das?» Seine Stimme klang nicht anklagend.
«Nein, Frankie. Es stört mich nicht, aber ich habe diese Geschichten schon so oft gehört, dass ich dich wahrscheinlich sogar an all die Orte begleiten und dir alles auswendig erzählen könnte. Weißt du, die Leute verstehen nicht, dass es gar nicht so toll ist, das Kind einer berühmten Persönlichkeit zu sein. Die Anbetung für sie geht an mir vorbei – für mich ist sie einfach nur meine Mutter –, und als ich noch kleiner war, habe ich nie recht verstanden, was die ganze Aufregung zu bedeuten hatte. Ich meine, waren nicht alle Mütter auf den Titelseiten von Zeitschriften und Zeitungen abgebildet? Doch es hatte auch sein Gutes, nehme ich an. Ich habe im Laufe der Jahre einige äußerst faszinierende Persönlichkeiten kennengelernt. Nun ja … lass uns weitermachen. Glaubst du wirklich, dass du diesen Plan durchziehen kannst?»
Frankie stellte achselzuckend sein Glas auf den Tisch. «Ich habe schon den Malvolio gegeben, einen nackten Drogenabhängigen in den Hintergassen von New York, eine Banane und ein Zentralheizsystem, dann sollte ich eigentlich in der Lage sein, das hier auch zu bewältigen. Als wen willst du mich haben? Aber mach es nicht zu hochtrabend, denn ich bezeichne Laufschuhe noch immer als ‹Pumps› und halte Herumbolzen für eine prima Ausrede, um anschließend ein Pint zu kippen.»
Sie konnte schlecht einschätzen, wie fit er war, da sie ihn immer nur in diesen schlabberigen T-Shirts gesehen hatte, aber es war durchaus möglich, dass er die Leute von seinerSportlichkeit überzeugen könnte. «Tja.» Sie drehte das Glas zwischen den Fingern, unsicher, was sie als Nächstes sagen sollte. «Ich habe schon den ganzen Tag darüber nachgedacht. Dass ich dich keinesfalls als Experten einführen kann, ist klar, die nehmen dich sonst in kürzester Zeit auseinander, allen voran Peter, der ein ganz großer Experte in Sachen Airflow-System für Laufschuhe ist. Es muss etwas sein, mit dem er sich nicht auskennt.» Sie fuhr sich gedankenverloren mit den Fingern durchs Haar.
«Braucht euer Fotokopierer eine Generalüberholung?», fragte Frankie gutgelaunt. «Ich habe mal eine Zeit lang für Xerox in der Gegend um Bexley Heath gearbeitet, nach einem Engagement für ein Stück von Pinter in Westonsuper-Mare.»
«Leider nicht! Ich glaube, wir haben schon einen Wartungsvertrag.» Alex lachte. «Was hast du sonst noch
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