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Mister Peanut

Mister Peanut

Titel: Mister Peanut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Ross
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dachte er. Er wusste noch, dass er mitten im Traum gedacht hatte: »Mein Gott, ich träume und ringe mit mir selbst, weil ich Marilyn umgebracht habe!« Sein Doppelgänger nutzte den Moment der Überraschung, um sich freizukämpfen, ihn ins Wasser zu stoßen und zu einem letzten Fausthieb auszuholen. Dann wurde alles schwarz.
    Manchmal fragte er sich, ob er seine Frau während eines psychotischen Aussetzers getötet und die Tat anschließend verdrängt hatte, auch wenn alle Beweise dagegensprachen. Aus dem wie ein Pollock-Gemälde mit Blut bespritzten Raum hatte er nicht mehr mitgenommen als einen Fleck am Knie und ein paar Spritzer auf dem Kristallglas seiner Armbanduhr, das von innen beschlagen war, weil er halb im See gelegen hatte. Zugegebenermaßen waren Schlafwandler zu erstaunlich präzisen Handlungen fähig; sein eigener Vater hatte ihm erzählt, wie er eines Nachts vor den Augen seiner Mutter im Schlaf zum Kühlschrank gegangen sei, einen Schinken herausgenommen und feine Scheiben abgeschnitten habe. Genauso stimmte, dass wir manchmal körperlich auf unsere Träume reagieren; einmal, als er sich einen verbissenen Nahkampf mit seinem Vater zu liefern glaubte, hatte Marilyn ihn stöhnen hören und versucht, ihn zu wecken, was er ihr mit einem Nasenstüber dankte. Aber so tief er auch in seine Seele zu blicken versuchte, er konnte selbst in den dunkelsten Momenten keine Gefühle für seine Frau entdecken, die einen derartigen Blutrausch hätten auslösen können.
    Einen Augenblick gab es, an den er sich mit absoluter Klarheit erinnerte.
    Es war der Augenblick gewesen, als er halb nackt und klatschnass am Strand aufgewacht war, ohne Hemd und mit den Taschen voller Sand. Er rappelte sich auf, betrachtete das Haus, das Schlafzimmerfenster, und wusste, dass Marilyn nicht mehr bei ihm war. Er konnte sich noch genau an seinen ersten Gedanken erinnern: dass es eine Zeit gegeben hatte, eine elende, schier endlose Zeit, in der genau das sein größter Wunsch gewesen war.
     
    Auf dem Weg nach Kent konnte Hoversten nicht anders, als den Schlagabtausch mit Marilyn in Gedanken wieder und wieder nachzuspielen – außer dass er in seiner Version, nachdem Marilyn »du Versager« gesagt hatte, nicht noch einmal den ganzen Mist wiederholte, der ihr ohnehin schon bekannt war und der nur dazu führte, dass sie auf einem weiblichen, »rein emotionalen« Niveau hängen blieben; stattdessen nickte er zweimal nachdenklich, wie um das Ganze in Ruhe sacken zu lassen und dann, als Antwort sozusagen, mit beiden Händen den Putter zu ergreifen und der blöden Schlampe den Schädel zu spalten.
    »Oder, besser noch«, schrie er bei offenem Verdeck, »schlage ich dir ein paar deiner blöden Zähne aus!« Das wär’s gewesen: ein beherzter Schlag mit dem Schlägerkopf auf die Stelle direkt über der Oberlippe. Er stellte sich vor, wie der Hieb sie betäubte – vermutlich endeten um den Mund herum ebenso viele Nerven wie im männlichen Schwanz – und rückwärtstaumeln ließ. »Und was dann noch nett gewesen wäre«, schrie er und betrachtete sich im Rückspiegel, »was ganz köstlich gewesen wäre: um deinen Kopf herumzugehen, dir den Schläger ans Ohr zu halten, hübsch durchzuschwingen und auf Teufel komm raus abzuschlagen!« Hände und Füße der Schlampe würden zucken, Wangen und Nase so weich wie Rinderfilet werden. Sobald er ihre Schädeldecke zertrümmert hätte und der Knochen durch die graue Masse schneiden würde, würde ihr gesamtes Nervensystem in einem neurologischen Kurzschluss den Aufstand proben. Möglicherweise würde er kurz innehalten, um sie sprechen zu lassen, was allerdings mehr wie ein Gurgeln klänge, die Aussprache gerundet wie bei einer Taubstummen: Itte auhöhren, Ester, itte. Wie wär’s jetzt mit einem Schwanz im Mund? Es wäre, wie von einer Frau mit rausgenommenem Gebiss einen geblasen zu kriegen. Wie wär’s damit, Marilyn? Mit einem hübschen, weichen Mundfick?
    Als er den nächsten Laster überholte, musste er sich den Schritt mit einer Hand bedecken.
    Während der gesamten, über sechzig Kilometer langen Fahrt nach Kent verließ ihn die schlechte Laune nicht mehr. Hoversten war sich seines rasanten Tempos kaum bewusst und erreichte Roberts Golfclub eine Stunde vor der verabredeten Zeit. Das allerdings war hervorragend, denn bisher war er nie dazu gekommen, sich warm zu spielen, der einzige Grund, warum Robert ihm immerzu sein Geld abknöpfte. Er holte sich einen Eimer mit Golfbällen und hackte ein

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