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Mister Peanut

Mister Peanut

Titel: Mister Peanut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Ross
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einen Job«, sagte Sheppard, »und Familie.«
    Pepin zuckte die Achseln. »Eigentlich haben wir kaum Verwandte. Und ich habe genug Geld. Aber wie ich schon sagte, Sie würden es nicht verstehen.«
    »Lassen Sie es darauf ankommen.«
    Pepin zeigte auf den Ring an Sheppards Finger. »Sind Sie schon lange verheiratet?«
    Bevor er antwortete, dachte Sheppard über die Frage nach, als sei sie besonders kompliziert. Obwohl Marilyn tot war, blieb der Zustand der Ehe in seinem Leben immer gegenwärtig und erschien ihm so unabdingbar, wie etwa das Schwimmen einem Hai unabdingbar erscheint. Das Ausmaß der Ehe zu ermessen schien unmöglich, schon gar nicht mithilfe eines Begriffs wie lange . »Ja«, sagte er.
    »Alice und ich hatten davon gesprochen, einfach … wegzugehen. Wir wollten alles hinter uns lassen.« Pepin hob die Hände. »Unser Leben.«
    Sheppard kniff die Augen zusammen.
    »Uns hielt nichts mehr«, fuhr Pepin fort, »hier nicht und nirgendwo sonst.«
    Sheppard schüttelte verständnislos den Kopf.
    Pepin seufzte. »Haben Sie Kinder?«
    »Nein.«
    »Wir auch nicht. Wir waren immer allein. Dreizehn Jahre lang.«
    »Und?«
    »Und langsam kamen wir an unser Ende.«
    Wieder sah Sheppard Marilyn vor sich. Es war Herbst, sie trug ein altes College-Sweatshirt, stand mit dem Rücken zum See und mit einer Zigarette in der Hand auf der Veranda. Er sagte etwas zu ihr, während er im Schaukelstuhl schaukelte, und plötzlich verfinsterte sich ihre Miene, sie schleuderte einen gläsernen Aschenbecher in seine Richtung, der an der Stuhllehne hinter Sheppards Kopf zerplatzte und seine Wange mit Splittern übersäte. Als er den Blick von seinen blutigen Fingerspitzen hob, war sie weg. Sheppard hörte ihren Wagen anspringen und wie die Reifen im Schotter durchdrehten, aber er blieb ruhig sitzen, bis es wieder still war; er lauschte dem Flüstern der Wellen und fühlte die Wunde trocknen.
    »Reden Sie weiter.«
    »Wir mussten etwas Neues wagen. Einen radikalen Schnitt machen.«
    »Warum?«
    »Um uns zu retten.«
    »Wovor?«
    »Vor uns selbst«, sagte Pepin. »Deswegen hatte sie mir vorgeschlagen, von hier wegzugehen.«
    »Der Vorschlag kam von ihr?«
    »Ja.«
    »Wann?«
    »Letztes Jahr.«
    »Warum sind Sie nicht darauf eingegangen?«
    »Wahrscheinlich dachte ich, wir hätten keine Rettung nötig.«
    »Und das sehen Sie heute anders?«
    »Ja.«
    »Warum?« Sheppard konnte sehen, wie der Mann sich entspannte. Irgendetwas hatte sich verändert. Er wiegte sich so selbstsicher vor und zurück, als schwimme er auf der sanften Welle der Wahrheit. Zu Beginn des Verhörs war Sheppard noch der Überzeugung gewesen, die Oberhand zu haben; offenbar hatte er sie inzwischen verloren.
    »Weil ich eingesehen habe, dass sie recht hatte.«
    »Was hat Ihre Meinung geändert?«
    »Das möchte ich Ihnen nicht sagen«, entgegnete Pepin.
    »Vielleicht möchten Sie es doch, wenn wir Sie wegen Mordes anklagen?«
    »Vielleicht«, sagte er, »ich würde es allerdings darauf ankommen lassen wollen.«
    Sheppard ließ sich zurücksinken, stützte die Ellenbogen auf die Armlehnen und faltete die Hände über dem Bauch. »Was haben Sie getan, nachdem Sie die Flugtickets gekauft hatten?«
    »Ich bin zu Alice’ Schule gefahren, um mit ihr zu reden.«
    »Wann sind Sie dort angekommen?«
    »Gegen Viertel vor neun.«
    »Hat irgendwer Sie gesehen? Können Alice’ Kollegen das bezeugen?«
    »Sicher.«
    »Was ist dann passiert?«
    »Ich bin zu ihrem Klassenzimmer gegangen und habe ihr von der Reise erzählt und dass wir sofort aufbrechen müssen.«
    »Wie hat sie reagiert?«
    »Sie hat abgelehnt.«
    »Hat sie einen Grund genannt?«
    »Sie glaubte nicht, dass ich wirklich fliegen wollte, sie dachte, ich täte es aus Mitleid mit ihr. Vielleicht hatte ich, ich bin mir nicht sicher, den richtigen Moment verpasst.«
    »Und?«
    »Wir stritten uns.«
    »Sie waren wütend auf sie.«
    »Nein, ich war verzweifelt.«
    »Warum?«
    »Weil uns etwas drohte«, sagte Pepin.
    »Was?«
    » Das Ende . Wir hatten … eine schwierige Zeit hinter uns. Alice war depressiv und hatte sehr viel Gewicht verloren. Es wirkte sich auf ihr Verhalten aus.«
    »Inwiefern?«
    »Sie wurde launisch. Aufbrausend. Sie war … unerträglich.«
    »Haben Sie über eine Trennung gesprochen? Über Scheidung?«
    Pepin schüttelte den Kopf. »Nein, aber ich war mit meinem Latein am Ende.«
    »Aber Sie konnten sie nicht überreden, mit Ihnen durchzubrennen?«
    »Nein.«
    »Was haben Sie dann getan?«
    »Sie wollte

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