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Mister Peanut

Mister Peanut

Titel: Mister Peanut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Ross
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sah sich im Raum um. Einziger Wandschmuck war ein großer Spiegel in Form einer Sonne in einer gezackten, vergoldeten Eisenfassung. Er hing über einem hässlichen grünen Sofa an der Wand gegenüber und war schwer genug, eine daruntersitzende Person zu erschlagen. Susans Zimmer – er hatte ihre Schuhe neben der Kommode wiedererkannt – war im Grunde genommen nur eine türlose Verlängerung dieses Gemeinschaftsraums. Ihr Einzelbett stand zwischen zwei Fenstern, die auf den Hof hinausgingen und mit Jalousien verschlossen waren. Lediglich in Janets Zimmer, das links hinter seinem Rücken gelegen war und drei hohe Fenster hatte, fiel Licht ein, wenn auch vom Nachbarhaus gedämpft.
    »Prost«, sagte sie.
    Sie stießen an.
    »Wie lange werden Sie bleiben?«, fragte sie.
    »Zwei Wochen.«
    »Susan sprach von einer.«
    »Die zweite werde ich in Big Sur verbringen«, sagte er.
    »Sie Glückspilz. Wie ich gehört habe, soll es da oben wunderschön sein.«
    »Das stimmt.«
    »Ich würde alles darum geben, einmal hinzukommen.«
    »Sie könnten einfach hinfahren.«
    »Ich meine eine eigene Wohnung. Am liebsten hätte ich eine Wohnung an so einem Ort.«
    »Wer hätte das nicht gern?«
    »Ich würde sterben dafür.«
    »Vielleicht bekommen Sie sie eines Tages.«
    »Nur wenn ich einen Arzt heirate.« Sie rührte mit dem Finger in den Eiswürfeln und starrte ihm ins Gesicht. »Fahren Sie allein?«
    »Wie bitte?«
    »Nächste Woche. Fahren Sie allein?«
    Sheppard schaute in sein Glas und dachte ein wenig pikiert über eine passende Antwort nach, als Janet plötzlich sagte: »Ich glaube, ich höre Susan.«
    Sie stand in der offenen Tür, blieb im gleißenden Licht stehen, das plötzlich die drückende Finsternis im Apartment erhellte. Sie standen einander für einen Moment gegenüber, während Janet am Kühlschrank lehnte und sie beobachtete, und wussten nicht, wie sie sich verhalten sollten. Sheppard hatte auch damit nicht gerechnet, obwohl ihm inzwischen klar geworden war, wie viel sich für sie verändert haben musste, wie angsteinflößend dieses neue Leben war. Sie reichten einander die Hände, sprachlos, und gerührt stellte er fest, dass sie ihr Make-up aufgefrischt hatte.
    »Tut mir leid, ich habe mich verspätet«, sagte sie. »Die Arbeit war …« Über seine Schulter sah sie zu Janet hinüber, die unverfroren zuschaute. Sie tauschte sich mit ihr aus, erinnerte sie an irgendeine Vereinbarung, die sie zuvor getroffen hatten und die Janet, so viel konnte Sheppard aus Susans Gesicht lesen, gerade brach.
    »Ich werde mich dann mal hinlegen«, sagte sie. »Es war mir ein Vergnügen, Doktor.«
    Janet ging in ihr Zimmer, ohne die Tür zu schließen, und legte sich aufs Bett, dessen Fußende vom Flur aus zu sehen war.
    Alles ist so anders, dachte er, während er mit dem Daumen auf Janet wies. Susan schüttelte den Kopf und führte ihn in ihre dunkle Ecke, wo sie sich, halb versteckt, endlich küssten; und Sheppard, der für einen Augenblick alles vergaß, konnte nicht anders, als sie zu begrapschen. »Nicht hier«, sagte sie und fügte im Flüsterton hinzu: »Nicht, solange sie da ist.« Sie küssten sich wieder, bis Susan ihn ein weiteres Mal unterbrach. »Jetzt nicht«, sagte sie. »Lass dich ansehen.« Sie legten sich auf das schmale Bett, um sich zu küssen, zu streicheln und in die Augen zu sehen, aber als Susan ihn umarmte, als sie seinen Hals so fest umschlungen hielt, dass es beinahe wehtat, und ihm erzählte, wie schwer ihr der Neuanfang gefallen sei, wurde er wieder von Panik ergriffen. Über ihre Schulter konnte er Janets Beine sehen, die gut sichtbar und so reglos hinter der Tür lagen, als wären sie amputiert worden.
    Er setzte sich an der Bettkante auf und flüsterte: »Ich kann das nicht.«
    Susan setzte sich ebenfalls auf, einen erschreckten Ausdruck im Gesicht. Sie packte ihn beim Arm. »Wie meinst du das?«
    Er zeigte auf Janets Hexenbeine. »Bleibt sie die ganze Zeit hier?«
    Susan wirkte verwirrt. »Es ist ihr Apartment.«
    »Ich spreche von dieser Woche. Hättest du das nicht anders regeln können?«
    »Ich dachte …«, sagte sie. »Ich dachte, du kümmerst dich darum.«
    Auf den Gedanken war er nicht gekommen. Er hatte es sich anders vorgestellt, hatte damit gerechnet, ungestört mit Susan zu sein. Er kniff sich in den Nasenrücken. Der lange Flug und der Alkohol holten ihn ein.
    »Ich werde jetzt gehen«, sagte er.
    »Warum? Wohin?«
    »Zu meinem Freund. Dr. Miller. Der Kollege, der mich

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