Mister Peanut
seinen Hals und riss sein Kinn gewaltsam empor. »Warum hast du sie bekommen?« Er schüttelte ihn. »Warum du ?«.
Aber der Doktor konnte jetzt nichts mehr hören.
Eberling ließ ihn ins Wasser zurückfallen und starrte kurz auf den nackten, weißen Rücken nieder. Er sammelte das T-Shirt ein, das wie eine Qualle im Wasser trieb, und benutzte es, um seine Wunde zu umwickeln. Er drehte sich um, humpelte an den Wellenbrechern vorbei bis zum Huntington Park, bog scharf nach rechts ab, kletterte bergan und ins Gebüsch hinein, und sobald er im Dickicht verschwunden war, sobald er zweimal überlegt hatte, was passieren würde, wenn er mit so einem Beweisstück aufgegriffen wurde, schmiss er das T-Shirt weg und krabbelte blindlings weiter.
Möbius schüttelte den Kopf.
»Keine Auflösung«, sagte er, »kein Ende.«
Sie schwiegen für lange Zeit.
»Es sei denn«, sagte Möbius, »Sie lügen.« Er humpelte an die Zellentür, schlang die Hände um die Gitterstäbe und drückte seinen Rottweilermund durch die Lücke. »Ich gebe Ihnen eine letzte Chance. Haben Sie Ihre Frau ermordet?«
»Nein.«
»Ich glaube Ihnen nicht.«
»Das ist egal.«
Möbius ließ los und setzte sich wieder. »Andererseits«, sagte er, »ist es gewissermaßen perfekt.«
Sheppard erbleichte vor Wut. »Perfekt?«
»Niemand weiß genau, was ihr zugestoßen ist«, sagte Möbius, »vielleicht nicht einmal Sie. Ist das nicht erstaunlich? Irgendwann zwischen halb eins und Viertel nach vier in jener Nacht verschwand Marilyn in einem Wurmloch – ob wir es glauben oder nicht.«
Sheppard zupfte sich einen Splitter des Pfeifenmundstücks von der Zunge.
»Nur sie weiß es«, sagte Möbius, »und wir können über sie nur das wissen, was wir uns vorstellen.«
Sheppard zündete seine Pfeife an und blies eine längliche, süßlich duftende Qualmwolke aus.
»Eine Aussage, die sich auf uns alle beziehen lässt«, sagte er.
Als Sheppard einmal mit dem Weinen aufgehört und alle Gedanken an den toten Jungen verdrängt hatte, standen er und Marilyn auf und gingen Hand in Hand zum Bootshaus hinüber, und schon verbesserte sich seine Laune, besonders als Marilyn ihm erzählte, was sie zum Abendessen vorbereitet hatte und dass für die morgige Feier alles bereit war – sie hatte sich um alles gekümmert –, und dann küsste sie ihn, schob seine Hände unter ihre Bluse und ließ sich hochheben, schlang ihre Beine um seine Taille, damit er an ihren Brüsten saugen konnte, sie dachte sich keine Ausflüchte aus und wehrte ihn nicht ab. Er konnte fühlen, wie das Kind in ihrem Bauch sie schwerer machte, wie insgesamt mehr von ihr da war. Alles war so anders, denn vor einiger Zeit hatte sie sich grundlegend verändert, hatte den Widerstand nicht nur gegen ihn und seine Wünsche aufgegeben, sondern gegen ihre eigene Wahrnehmung und ihre eigenen Bedürfnisse; irgendwie war ihr Widerstand komplett zusammengebrochen. Sie ließ sich an ihm herabrutschen und öffnete seine Hose, während sie gleichzeitig Shorts und Schlüpfer abstreifte, nur um wieder an ihm hochzuklettern wie an einem Baum und ihn in sich aufzunehmen, mit einem Anflug von Tränen in den Augen und leicht gerötetem Gesicht. Sie ließ sich küssen und erwiderte den Kuss, und obwohl er sie jetzt wollte und brauchte, hätte er sich auch damit zufriedengegeben, sie zu küssen, denn er merkte, dass dies die Art und Weise war, in der sie einander von Anfang an geküsst hatten, seit ihrer Kindheit eigentlich, und so dauerte der Kuss scheinbar ewig, er hatte schon vor ihnen existiert und würde sie überleben, so als wären sie jetzt in diesem Moment die vergrabene, noch nicht wiederentdeckte Skulptur eines Kusses. Es war, dachte er bei sich, rätselhaft, eine besondere Art der Glückseligkeit, die sich von keiner Wissenschaft erklären ließ und die ihr Leben immer noch zusammenhielt. Beim Küssen versuchten sie, tief in den anderen einzudringen und das Niemandsland zu erkunden, sich dort breitzumachen und einer Sache nachzuspüren, von der sie ganz sicher wussten, dass sie existierte.
Später, als sie die steile Treppe vom Strand zur Veranda erklommen, sagte Sheppard: »Im Haus ist es schrecklich ruhig.« Marilyn, die seine Hand festhielt und sich an seinen Arm lehnte, sagte: »Du meinst doch nicht etwa, Chip hätte sich versehentlich umgebracht?« Dabei war sie schon ein bisschen in Sorge. Und als sie eintraten und Chip entdeckten, schnappte sie nach Luft.
Er war auf dem Sofa
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