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Mister Peanut

Mister Peanut

Titel: Mister Peanut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Ross
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seltsamerweise auch davon, sich noch weiter voneinander zu entfernen.
    »Wir umkreisen einander.«
    »Sei vorsichtig, wenn du ›wir‹ sagst.«
    »Ich will dich«, sagte Sheppard. »Ich möchte nur spüren, dass du mich auch willst.«
    Marilyn schüttelte den Kopf. Sie hatte das Kinn auf den Zaun gestützt. »Du sagst das so, als ginge es um mich.«
    »Nein«, sagte er, »es geht um uns. Ich weiß, ich bin nicht besonders gut darin, aber ich habe nachgedacht. Ich glaube, wenn wir einander wieder fühlen können, wird sich alles zum Guten wenden.«
    Er wusste nicht, ob sie ihn verstand, aber er wusste, sie hörte ihm zu. Wenn er, fuhr er fort, ihren Willen zu spüren bekäme und wenn er ihr beweisen könnte, dass er immer da sein und auf das Gefühl warten würde, wären sie vereint. Dann wäre sie ihm näher, als jeder andere Mensch es jemals sein könnte. Inzwischen sei ihm egal, wie sie seine Worte aufnehme oder was sie zu tun gedenke. Zwischen ihnen, räumte er ein, sei so viel vorgefallen, manches davon vielleicht sogar unverzeihlich, dass er es sich mit einer schlichten Entschuldigung zu einfach machen würde. Die Schuldfrage hatten sie schon Tausende von Kilometern hinter sich gelassen. Und genau darin lag die Antwort. Er habe, wie er sagte, die Diagnose gestellt.
    »Und von nun an wird sich alles zum Besseren wenden«, schloss er.
    Marilyn sagte nichts, sondern nahm seinen Arm.
    Da hatte es angefangen, dachte Sheppard, in jenem Augenblick hatte die Veränderung eingesetzt und bis zum heutigen Abend angehalten. Er war aus einem tiefen Schlaf erwacht und hatte nicht gewusst, wo er war, bis er die nackte Marilyn entdeckte, deren Kopf zwischen seinen Beinen lag (zunächst war er unsicher, ob das überhaupt Marilyn war), seinen Schwanz im Mund und eine Hand um seine Eier geschlossen; sie drückte fest zu und ließ wieder los, presste einen Handballen an die Wurzel seines Penis, um die Haut an seinem Hodensack zu spannen und ein bisschen Druck auf seine Beckenknochen auszuüben, während ihre Lippen die auf den Kopf gestellte Herzform seiner Eichel nachfuhren; die ganze, liebevolle Prozedur unterlag einem Rhythmus, in dem sie sich nie zuvor bewegt hatte, den sie variierte und abwandelte in dem Bewusstsein, über das Finale selbst entscheiden zu können. Als Sheppard sich aufsetzen und sie küssen wollte, legte sie ihre freie Hand an seine Brust und drückte ihn nieder, und dann knetete sie ihn weiterhin und fuhr an ihm auf und ab, so als müsse sie seinen Orgasmus aus einer tiefen Quelle in seinem Körper heraussaugen. Er ließ sich zurücksinken und schloss die Augen; im Zimmer war es stockduster, aber er konnte den See hören und stellte sich vor, unten auf dem Sand zu liegen, während Marilyn wie eine Göttin aus den Fluten stieg, um ihn so zu befriedigen, wie sie es jetzt tat, denn das Wissen, das sie hier zur Schau stellte, ihre Sorgfalt und ihr Feingefühl waren absolut fremd und göttlich. Sie hielt inne und arbeitete sich mit kleinen Küssen von seinem Bauch bis zum Hals hinauf, ließ ihn nicht los, bis er in ihr war, presste seine Schultern in die Matratze, als wäre er ein Vogel mit gestutzten Flügeln, und als er schließlich doch kam, spürte er den synchronen Wellengang in ihr, der sich wie Schaum zu einer langen, stillen Finsternis zwischen ihnen auflöste.
    Im Schlafzimmer in Cleveland, während Sheppard den Erinnerungen nachhing, blies der Wind durch die Baumkronen und ließ die Äste an den Fliegentüren rütteln. Marilyn berührte seinen Rücken und fragte: »Woran denkst du?«
    »Ich dachte an Big Sur«, sagte er und lächelte.
    Sie lächelte zurück und nahm seine Hand.
    »Fühl mal«, sagte sie und legte seine Hand an ihren Bauch, und zusammen fühlten sie die kleinen Purzelbäume.
    »Junge«, sagte er.
    »Mädchen«, sagte sie.
    In jenem Augenblick, dachte Sheppard, hatte alles angefangen, und in jener Nacht, er war überzeugt, war ihr Kind gezeugt worden. Er glaubte an die Naturwissenschaft, nicht an Omen, dennoch erfüllte ihn die Vorstellung, dass sein Kind im Augenblick der höchsten Glückseligkeit gezeugt worden war, mit einer gewissen Zuversicht, was den Verlauf der Schwangerschaft betraf und die Gesundheit von Mutter und Kind. »Es ist schon fast sechs«, sagte er und stand auf.
    Ungläubig griff Marilyn nach ihrer Armbanduhr. »Du liebe Güte«, sagte sie, »wann müssen wir bei den Aherns sein?«
    »Viertel vor sieben.«
    »Wie zum Teufel soll ich bis dahin das Abendessen fertig

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