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Mister Perfekt

Mister Perfekt

Titel: Mister Perfekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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konnte, meilenweit daneben und ganz in ihrer eigenen kleinen Welt versunken. Sie summte vor sich hin, sie feilte ihre Nägel, sie beantwortete ein paar Anrufe. Wenigstens klang sie ganz vernünftig, wenn auch nicht besonders fleißig. »Mal sehen, ich rufe Sie dann zurück«, schien ihr Tagesmotto zu sein.
    Kurz nach neun verschwand sie und kehrte zehn Minuten später mit staubfleckiger Bluse zurück. Sie ging auf T.J. zu, beugte sich über ihren Schreibtisch und flüsterte: »Ich komme an einige Akten nicht ran. Könnten Sie mir helfen, ein paar Kisten umzustapeln?«
    Was für Akten? Was für Kisten? Fast alle ihre Akten waren im Computer gespeichert. T.J. wollte schon fragen, wovon sie redete, doch Leah sah sich kurz verlegen im Büro um, als hätte sie in Wahrheit ganz andere Probleme, die nicht das Geringste mit irgendwelchen Akten zu tun hatten, und als wollte sie nicht, dass die anderen davon erfuhren.
    Wieso ausgerechnet ich?, dachte T.J., seufzte aber und sagte: »Natürlich.«
    Sie folgte Leah zum Aufzug. »Wo sind diese Akten?«, fragte sie.
    »Unten. Im Lager.«
    »Ich wusste gar nicht, dass wir im Lager überhaupt was lagern«, meinte T.J. ironisch, doch Leah schien das nicht komisch zu finden.
    »Aber selbstverständlich«, erwiderte sie völlig verdattert.
    Der Aufzug war leer, und auch auf dem Gang im Erdgeschoss begegnete ihnen niemand, was angesichts der Uhrzeit wenig verwunderlich war. Alle arbeiteten in ihren Büros, die Computerfreaks beschossen sich wahrscheinlich mit Papierfliegern, und für die Vormittags-Kaffeepause, während der sich die Gänge wieder beleben würden, war es noch zu früh.
    Sie gingen den schmalen, schleimgrünen Gang hinunter, dann öffnete Leah die Tür mit der Aufschrift »Lager« und hielt sie T.J. auf. T.J. rümpfte die Nase, weil es in dem Raum muffig und säuerlich stank, so als hätte ihn schon länger niemand betreten.
    Außerdem war es stockfinster.
    »Wo ist der Lichtschalter?«, fragte sie, ohne einzutreten.
    Ein fester Schlag traf sie in den Rücken und ließ sie in den dunklen, miefigen Raum fliegen. Bei der Landung auf dem blanken Betonboden schürfte sich T.J. Hände und Knie auf. Im selben Moment explodierte in ihrem Kopf eine grauenvolle Erkenntnis, darum rollte sie sich gerade noch rechtzeitig zur Seite und kam auf die Füße, bevor ein langes Metallrohr pfeifend auf dem Boden aufschlug.
    Sie schrie auf oder glaubte wenigstens aufzuschreien. Genau wusste sie das nicht, weil ihr Herz so ohrenbetäubend laut dröhnte, dass sie nichts anderes mehr hörte. Sie versuchte, das Rohr zu packen, und rang kurz mit Leah. Doch Leah war kräftig, zu kräftig, und brachte T.J. mit einem festen Schubs ein zweites Mal zu Fall.
    Wieder hörte T.J. das Pfeifen; gleich darauf explodierten in ihrem Kopf die Lichter, und sie hörte überhaupt nichts mehr.

28

    Irgendwo auf dem Gang wurde eine Tür geöffnet; starr vor Schreck lauschte Corin den schweren Schritten draußen im Korridor; dann ging eine zweite Tür auf und zu. Irgendein Haustechniker, begriff er. Wenn der Mann zufällig in seine Richtung geschaut und die offene Tür zum Lager bemerkt hätte, wäre er bestimmt gekommen, um nachzusehen. 
    Corin litt Höllenqualen. Warum hatte er nicht daran gedacht, dass hier irgendein Haustechniker herumgeistern könnte? Er hätte das berücksichtigen müssen; er war nicht vorsichtig genug gewesen, und nun war Mutter böse.
    Er sah die Frau auf dem staubigen Betonboden liegen, wo sie im schwachen Licht der halb offenen Tür zum Lager kaum zu erkennen war. Atmete sie noch? Er konnte es nicht sehen, und er durfte jetzt kein Geräusch mehr machen.
    Er hatte das gar nicht gut gemacht. Er hatte nicht richtig geplant, und das machte ihm Angst, denn Mutter geriet schrecklich in Rage, wenn er irgendwas nicht perfekt machte. Er musste ihr eine Freude bereiten, er musste irgendwas finden, um sie zu besänftigen, um seinen Fehler wieder auszubügeln.
    Die andere. Die mit der großen Klappe. Bei ihr hatte er auch einen Fehler gemacht, aber es war schließlich nicht seine Schuld gewesen, dass sie nicht zu Hause gewesen war, oder? Ob Mutter das verstehen würde?
    Nein. Mutter akzeptierte keine Entschuldigungen.
    Er würde noch mal hinfahren und es richtig machen müssen.
    Aber was sollte er tun, wenn sie wieder nicht zu Hause war?
    Hier war sie nicht; das wusste er, schließlich hatte er das nachgeprüft. Wo konnte sie nur stecken?
    Er würde sie finden. Er wusste, wie ihre Eltern hießen und

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