Mister Perfekt
stehen, den Blick auf ihr gemütliches, schon vertrautes, heimeliges Wohnzimmer gerichtet. BooBoo hatte das Kissen erneut in der Mache gehabt; noch mehr Füllung lag über den Teppich verteilt.
Sie seufzte. »Pfeif auf den Schokokeks«, beschloss sie laut.
»Da ist mindestens ein Eis fällig.«
6
Am nächsten Morgen wachte Jaine früh auf, ohne dass es Uhr oder Sonne dazu brauchte. Sie erwachte schlicht und ergreifend davon, dass sie sich im Bett umdrehen wollte und jeder Muskel in ihrem Körper aufjaulte. Die Rippen schmerzten, das Knie brannte, und die Arme taten bei jeder Bewegung weh; selbst am Hintern hatte sie blaue Flecken. So hatte sie nicht mehr leiden müssen, seit sie das erste Mal auf Rollerskates gestanden hatte.
Stöhnend setzte sie sich behutsam auf und schob ihre Beine Zentimeter um Zentimeter über die Bettkante. Wenn selbst sie sich so elend fühlte, dann wollte sie lieber nicht wissen, wie die alten Herren jetzt wohl litten. Die hatten zwar keine Hiebe abbekommen, aber der Sturz hatte sie bestimmt noch übler mitgenommen.
Kälte war für Muskelschmerzen besser als Wärme, aber sie glaubte nicht, dass sie sich einer kalten Dusche gewachsen fühlte. Lieber würde sie sich mit zehn rauflustigen Säufern anlegen, als sich nackt unter einen bitterkalten Wasserstrahl zu stellen. Sie entschied sich für einen Kompromiss, indem sie erst lauwarm duschte und dann das warme Wasser langsam abdrehte. Sich dem kalten Wasser stufenweise zu nähern, war auch nicht besser; sie hielt es genau zwei Sekunden darunter aus, bevor sie entschieden schneller aus der Dusche stieg, als sie hineingeklettert war.
Bibbernd trocknete sie sich ab und warf dann ihren langen blauen Morgenmantel mit Reißverschluss über. Im Sommer hatte sie nur selten Verwendung dafür, doch heute fühlte er sich gut an.
Früh aufzustehen hatte einen Vorteil: Auf diese Weise konnte sie BooBoo aufwecken statt umgekehrt.
Er konnte es gar nicht leiden, aus seinem Schönheitsschlaf gerissen zu werden. Der verstimmte Kater zischte sie an und stolzierte dann ab, um sich einen stilleren Winkel zum Schlafen zu suchen. Jaine grinste.
Sie brauchte sich nicht zu beeilen, da sie viel zu früh aufgestanden war, eine glückliche Fügung insofern, als ihre schmerzenden Muskeln keinen Zweifel daran ließen, dass Eile heute nicht auf der Tagesordnung stand. Sie trödelte über ihrem Kaffee, was unter der Woche so gut wie nie vorkam, und statt sich wie üblich mit einer Schale kalter Cornflakes zu begnügen, schob sie eine Waffel aus der Tiefkühltruhe in den Toaster und schnitt für den Belag ein paar Erdbeeren in Scheiben.
Schließlich hatte sich eine Frau nach einer anständigen Rauferei eine kleine Belohnung verdient.
Nachdem sie die Waffel aufgegessen hatte, gönnte sie sich eine zweite Tasse Kaffee und zog den Bademantel hoch, um ihr aufgeschürftes Knie zu untersuchen. Sie hatte wie befohlen Eis draufgelegt, trotzdem hatte sich ein hübscher blauer Fleck gebildet, und das ganze Knie fühlte sich steif und geschwollen an. Weil sie nicht den ganzen Tag auf einem Haufen Eiswürfeln herumlümmeln konnte, behalf sie sich mit ein paar Aspirin und stellte sich auf ein paar eher ungemütliche Tage ein.
Die erste richtige Überraschung erlebte sie, als sie sich anziehen wollte und ihren BH anlegte. Sobald sie den Haken geschlossen und das Band um ihren schmerzenden Brustkasten gespannt hatte, wusste sie, dass der BH heute daheim bleiben musste. Nackt bis auf ihr Höschen vor ihrem Kleiderschrank stehend, sah sie sich vor ein Dilemma gestellt: Was zog eine Frau ohne BH an, wenn niemand merken sollte, dass sie keinen BH anhatte?
Selbst in ihrem klimatisierten Büro war es zu heiß, als dass sie den ganzen Tag die Jacke anlassen konnte. Sie besaß ein paar hübsche Kleider, doch unter dem dünnen Stoff wären ihre Brustwarzen nur allzu gut zu erkennen. Hatte sie nicht irgendwo etwas von Pflastern über den Brustwarzen gelesen? Einen Versuch war das allemal wert. Sie schnitt zwei Pflaster ab, klebte sie über ihre Brustwarzen und streifte dann eines ihrer Kleider über, bevor sie sich im Spiegel musterte. Die Pflaster zeichneten sich klar und deutlich durch den Stoff ab.
Also gut, so ging es nicht. Vielleicht verhielt sich die Sache mit durchsichtigem, extrem flachem Pflaster anders, aber damit konnte sie nicht aufwarten. Außerdem fiel unter dem Kleid ihr aufgeschürftes Knie auf, und zwar nicht gerade vorteilhaft. Jaine schälte die Pflaster wieder ab
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