Schatz! Alles in Ordnung hier?«
Ich nicke, nehme ihr eine große Kiste ab und trage sie in die Küche. »Hat Oma Angst, dass wir verhungern?«, frage ich, als ich den Inhalt sehe.
Meine Mutter lacht und nimmt mich in den Arm. »Du kennst sie doch. Widerstand ist zwecklos!« Sie dreht sich um und starrt auf den Boden. »Mira …«
Ich hole tief Luft.
Meine Mutter schaut mir ernst in die Augen. »Es gibt doch sicher einen guten Grund dafür, dass der Hund so aussieht, wie er aussieht, oder?«
Nun ist sie gekommen: die Stunde der Wahrheit. »Na ja, wie soll ich dir das erklären?«, fange ich an. Bisher war das Putzi-Frisur-Problem noch nicht aufgeflogen, weil wir den Hund heute Nacht einfach bei mir im Zimmer einquartiert haben und mein Vater schon weg war, als wir aufgestanden sind. »Das war ganz blöde gestern Abend«, murmle ich. »Wir sind spazieren gegangen und plötzlich …« Ich schenke mir ein Glas Saft ein, um Zeit zu gewinnen.
»Und plötzlich?« Meine Mutter steht mit verschränkten Armen vor mir und hat ihren berüchtigten Laserblick aufgesetzt. »Und plötzlich was?«
»Plötzlich klebte Putzi an einem frisch gestrichenen Zaun und hatte überall Farbe im Fell und da haben wir ihm die Stellen einfach herausgeschnitten, und da das so blöde aussah, an nur einer Stelle, haben wir das Fell überall ein bisschen gekürzt.« So, jetzt ist es raus und die Ausrede ist nicht mal schlecht.
Meine Mutter seufzt. »Soso. Und was machen wir jetzt? Putzi ist Tante Irmis Ein und Alles. Wenn sie den Hund so zurückbekommt, kriegt sie auf der Stelle einen Herzinfarkt und kann gleich wieder zurück ins Krankenhaus.«
Das wäre auch eine Lösung, denke ich, spreche es aber lieber nicht aus.
»Wir müssen ihn in einem Hundesalon wieder in Form bringen lassen«, beschließt meine Mutter und schaut im Telefonbuch nach. »Ich mache einen Termin aus und du kannst ja dann mit dem Hund dorthin gehen. Ich habe diese Woche eine Menge mit meiner Ausbildung um die Ohren. Einverstanden?«
Ich nicke und schlappe in mein Zimmer zurück. Vielleicht hat Karo ja Lust mitzukommen.
Kaum sitze ich vor meinem Computer, fällt mir Florian wieder ein. O Mann, ich kann den ja gar nicht zurückrufen, denn ich weiß nicht mal, wie er mit Nachnamen heißt. Und unter Bubblegum wird er ja wohl kaum im Telefonbuch stehen. Hurra! Soll er doch auf meine Anruf warten, bis er grün wird. Froschgrün.
Von:
[email protected] Betreff: Uuuuuaaaaah!
Datum: Mo., 29 Oktober 13:02:23 ( MEZ )
An:
[email protected] Liebe Mira,
nun sind gerade mal 196 Minuten vergangen, dass ein gewisser Yannick Zimmermann das schöne Höllenburg verlassen hat, und ich habe das Gefühl, nur noch zweieinhalb Schritte von der Klapsmühle entfernt zu sein. Meine Hirnmasse schrumpft von Sekunde zu Sekunde und ich glaube nicht, dass ich nach den Ferien noch in der Lage sein werde, dem Unterricht zu folgen. Wahrscheinlich weiß ich heute Abend nicht mal mehr meine eigene Schuhgröße. Was soll ich tun!?!?!?
Verzweifelt! Deine Karo.
Von:
[email protected] Betreff: Re: Uuuuuaaaaah!
Datum: Mo., 29 Oktober 13:15:36 ( MEZ )
An:
[email protected] Liebe Karo,
jetzt nicht verzweifeln! Wir finden eine Lösung! Als Erstes würde ich dir einfach mal Ablenkung verschreiben. Und ich weiß auch schon, wie: Meine Mutter findet das neuste Putzi-Styling doch nicht so irre günstig. Sie meint, seine Augen kommen bei dem aktuellen Schnitt nicht gut genug zur Geltung, und schlägt daher einen Besuch beim Hundesalon vor. Sie hat um vier noch einen Termin bekommen. (Übrigens, nur damit du Bescheid weißt: Putzi ist mit einem frisch gestrichenen Zaun in Berührung gekommen (((-: ) Kommst du mit?
Mira, auch nicht so ganz ohne Sehnsucht …
Genau in dem Moment klingelt das Telefon! Ich lasse alles stehen und liegen, renne in den Flur und reiße das Mobilteil von der Station. Freizeichen. Habe ich mir das Klingelgeräusch eingebildet? Ist es so, wenn man kurz davor ist, verrückt zu werden? Und wenn ja, was mache ich dagegen? Ich gehe zurück in mein Zimmer und schmeiße mich erschöpft aufs Bett.
»Jetzt erzähl doch mal«, sage ich zu Karo, als wir im Hundesalon fertig sind und Putzi wieder auf die Menschheit losgelassen werden kann. »Hat er noch irgendwas gesagt, als er gefahren ist?« Die Laune meiner Freundin schleift schon fastam Boden auf, so mies ist sie heute. Und ich kann das auch gut nachvollziehen.
»Groß gesagt hat er nicht viel«, sagt Karo. »Er hat mich