einen hübschen Jungen und eine blonde Tussi. Vorsätzlich, wie man im Rechtsjargon zu sagen pflegt. »Ich geh mal Hausaufgaben machen«, sage ich. Meine Mutter sieht mich fragend an, hakt aber zum Glück nicht nach.
Bevor die Matheaufgaben mir so viel Hirnmuskelkater bescheren, dass ich gar nicht mehr denken kann, fahre ich meinen Computer schnell hoch und schaue in die Mailbox. Keine Mail von Jana, leider. Nur eine von
[email protected] mit dem Betreff: »Das könnte dich interessieren!« Wahrscheinlich irgendwelches Spam, überlege ich mir, aber ich klicke trotzdem mal drauf. Das hätte ich lieber gelassen, denn plötzlich erscheint ein riesiges Foto auf dem Monitor. Ein Farbfoto von Fynn mit einem hübschen, blonden Mädchen. Wie gelähmt klebe ich auf meinem Schreibtischstuhl, unfähig, auch nur irgendwas zu tun. Also doch. Hat er also wirklicheine Freundin. Die beiden sitzen auf einer Mauer, Fynn hat den Arm um die Schultern des Mädchens gelegt und sie lachen beide glücklich in die Kamera. Mir wird speiübel und ich spüre, wie die Achterbahn mit irrer Geschwindigkeit in eine tiefe Schlucht fährt und zerschellt. Totalschaden.
Wie heißt dieses bescheuerte Sprichwort? »Wer nicht hören will, muss fühlen!« Dieser Schlag sitzt jedenfalls tief. Vielen Dank. Ich liege völlig kraftlos auf meinem Bett und weiß in diesem Augenblick gar nicht, ob ich überhaupt noch etwas spüre. Alles fühlt sich irgendwie taub an, so als hätte jemand in mir alle Leitungen zur Außenwelt gekappt. »Achtung, eine Durchsage: Mira Becker ist vorübergehend nicht erreichbar. Wir bitten um Ihr Verständnis!«
Wieder einmal frage ich mich, ob sich solche Tragödien wohl durch mein ganzes Leben ziehen werden. Und eine Stimme in meinem Kopf fragt zaghaft, ob ich nicht einen Riesenfehler gemacht habe, als ich Florian einen Korb gegeben habe. Denn eigentlich ist er ein total netter Typ. Und Humor hat er auch. Und er denkt nach. Aber es wäre doch wohl oberdoof, ihn jetzt anzusprechen und ihn zu fragen, ob er doch mein fester Freund sein möchte. Nein, Mira, das funktioniert so nicht, ruft jetzt eine andere Stimme. Florian wird vielleicht ein guter Kumpel, aber du bist überhaupt nicht in ihn verliebt und wirst es wohl auch nie werden. Verliebt bist du in Fynn und deshalb tat es auch gerade so verdammt weh, als du dieses Bild gesehen hast. Blondes Mädchen hin, blondes Mädchen her: Dein Herz ist bei Fynn und sonst nirgendwo!
Von:
[email protected] Betreff: Re: Ich bleibe morgen Abend zu Hause!
Datum: Do., 08 November 16:39:12 ( MEZ )
An:
[email protected] Liebe Mira,
du musst morgen unbedingt mit zum Bandwettbewerb gehen!! Sonst hätte Amanda genau das erreicht, was sie will: nämlich, dass du dich beschissen fühlst und den Kopf einziehst. Diesen Gefallen darfst du dieser Schlange nicht tun. Wir gehen gemeinsam hin und schauen, was alles abgeht. Und sollte Fynn wirklich was mit der anderen Tussi laufen haben, wird ihm das noch leidtun. Schließlich bin ich auch noch da und fast genauso sauer wie du. Auch wenn ich nicht in den Typen verliebt bin. O. k.? Wenn du magst, kann ich auch gerne noch vorbeikommen. Für dich radle ich sogar durch diesen Pissregen! Kisses, Karo.
Von:
[email protected] Betreff: Re: AW: Ich bleibe morgen Abend zu Hause!
Datum: Do., 08 November 16:54:38 ( MEZ )
An:
[email protected] Jaaaaaaaa! Bitte komm vorbei!!!!!!!!!!!!!!!!!
Frosch hin, Traumprinz her – was wäre die Welt öde und leer ohne Freundinnen!
Ist es jetzt wirklich das,
was ich will?
W ill ich jetzt wirklich hier in einer völlig überfüllten Halle stehen, mit Hunderten von anderen Schülern, und warten, bis ich die nächste Ohrfeige verpasst kriege? Ich bin mir nicht so ganz sicher, ehrlich gesagt. Verdammt!
»Da drüben sind noch ein paar aus unserer Klasse!«, sagt Karo und drückt mir eine Cola in die Hand. »Es bringt nichts, wenn du hier in der Masse stehst und auf die leere Bühne glotzt!«, und schon schleppt sie mich mit.
»Bin voll gespannt auf euer Bühnenbild«, sagt Tilman, als er uns kommen sieht. »Karo hat erzählt, dass ihr die geilen Höllenburg-Graffiti auch gemacht habt!«
Ich nicke. »Mit Freunden aus Frankfurt, aber der Entwurf ist von uns beiden.«
»Echt stark!« Er zeigt auf die Bühne. »Ich glaube, es geht gleich los!«
»Ich hab noch ein Programm ergattert!«, ruft Florian, der sich nun auch zu uns stellt. »Insgesamt spielen sieben Bands. Das kann dauern!«
Schnell werfe ich einen