Mister Zed
Augen.
Ein funkelndes Dunkelblau. Nirgends auf der Welt habe ich je eine schönere
Farbe gesehen als die Augen meiner Frau und meiner Tochter. Niemals. Sie starben,
ohne dass ich ihnen helfen konnte.«
Wir lebten versteckt in einem kleinen Wald, der nur uns allein gehörte.
Es war ruhig dort. Wir fühlten uns nie einsam, obwohl die Stadt weit entfernt
lag. Gemeinsam hatten wir uns für das Landleben entschieden, obwohl Landleben
zu luxuriös klingt. Es gab keine Technik, keine Roboter, keine Cyborgs.
Wir waren auf uns allein gestellt, auf unsere Fertigkeiten und unser Können.
Aber genau das machte den Reiz dieses einfachen Lebens aus. Wir hatten uns,
und das reichte zum Glücklichsein.
Ich liebte Amelie mehr als mein Leben – ja, ich wäre für sie
gestorben, wenn ich die Möglichkeit gehabt hätte.
Immer wenn ich ein paar Tage unterwegs war, um Lebensmittel aus der Stadt zu
besorgen, blieb Amelie daheim. Als sie noch schwanger war, gingen wir zusammen.
Sie war nie zimperlich. Doch mit einem Säugling war der Weg durch die Wälder
zu beschwerlich. In dem Moment, in dem ich mich umdrehte und sie verließ,
vermisste ich Amelie und Maja bereits, jedes Mal ein bisschen mehr und ich wusste
an diesem einen Tag – diesem Tag, der mein Leben beendete – dass wir
näher zur Stadt ziehen mussten. Ich ertrug es nicht mehr, sie allein zu
lassen. Ich wollte nicht ohne sie sein. Die Angst, sie zu verlieren oder niemals
mehr wiederzusehen, ließ mich an diesem Tag schneller gehen. Normalerweise
kehrte ich nach gut einer Woche zurück, doch diesmal schaffte ich die Wege
innerhalb von zwei Tagen. Erst später wusste ich, dass es nicht allein
die Sehnsucht war, die mich zurückdrängte, sondern eine Vorahnung
– eine Vorahnung, die zu spät kam.
Auf mein Rufen kam Amelie nicht wie sonst aus dem Haus gestürmt. Ich erinnere
mich, dass meine Hände zu zittern begannen und ich mir einredete, dass
sie möglicherweise hinter dem Haus war und mich nicht hörte oder Maja
wickelte. Aber tief in mir, zu tief, um die Gefahr zu erkennen, und doch zu
weit an der Oberfläche, um die Panik zu verdrängen, wusste ich, dass
etwas nicht stimmte.
Ich warf die schweren Rucksäcke von mir, doch die Last wich nicht von meinen
Schultern. Viel schwerer schien die Sorge um meine Frau und mein Kind zu wiegen.
So viel schwerer. Ich sah mich nicht nach einer Waffe um, denn ich ahnte bereits,
dass kein Stein, kein Ast gegen den vermeintlichen Gegner etwas ausrichten konnte.
Meine Waffen aus einem – wie ich es damals wie heute immer nannte –
anderen Leben lagen versteckt und eingeschlagen in ein Tuch unter einer lockeren
Holzbohle im Schlafzimmer. Doch um dorthin zu gelangen, musste ich erst einmal
ins Haus.
Ich stieß die Tür auf. Zed stand inmitten des Wohnraumes. Sein Gelächter
begrüßte mich. Ich wollte schreien, doch ich konnte nicht. Ich wollte
mich auf ihn stürzen, aber nicht allein das Entsetzen lähmte mich.
Im selben Moment, als ich ins Haus stürzte, griffen zwei seiner Klone nach
mir und Zed tötete mein Leben ... Amelie und Maja.
Es blieb ihnen keine Zeit zu schreien. Nur ihre vor Angst weit aufgerissenen
Augen, diese wunderschönen blauen Augen, schickten mir einen letzten Liebesgruß
entgegen. Dann schnitten Zeds Leute Amelie und Maja die Kehlen durch. Maja –
einem sechs Monate alten Baby. Und Amelie, meiner geliebten Frau.
Erfüllt von Trauer starrte der alte Mann in die Vergangenheit, die Augen
weit aufgerissen. Sein Atem ging schnell. Sonja liefen Tränen über
die Wangen. Sie beugte sich zu ihm hinüber, nahm seine Hand in ihre und
flüsterte: »Vielleicht gibt es eine Möglichkeit, eines Tages
zurückzugehen in die Vergangenheit und bei deiner Familie zu sein –
sie wiederzusehen.«
Doch er schüttelte den Kopf und schloss die Augen, seine Tränen suchten
sich ihren Weg. »Er hat sie mitgenommen, ihre Leichen. Ich weiß nicht,
welche furchtbaren Experimente er an ihren Körpern durchgeführt hat.
Ich habe mich tagelang in der Station verkrochen. Dabei hätte ich kämpfen
müssen. Ich wusste ja, dass ich eine Chance gehabt hätte, aber in
dem Moment war ich mit ihnen gestorben, ich konnte nicht mehr denken. Der Schmerz
fraß mich auf, ich war nicht fähig zu handeln. Ich sehe ihre Gesichter
noch immer vor mir.« Der alte Mann hob seine Hand und streichelte die Luft.
»So schön!«
»Hast du ein Bild von ihnen
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