Misterioso
Plastikhandschuhe über, ehe er sie öffnete. In der Schachtel waren 9-Millimeter-Patronen aus Kasachstan aufgereiht. Es fehlten deutlich weniger als die Hälfte.
Unter der Patronenschachtel lag eine maschinengeschriebene Liste mit siebzehn Namen. Hultin zog sie vorsichtig aus der Schublade und schnaubte bestätigend. Kuno Daggfeldt -Haken; Bernhard Strand-Julén – Haken; Nils-Emil Carlberger – Haken; Enar Brandberg – Haken, Ulf Axelsson – Haken.
Der letzte Haken stand hinter Alf Rüben Winge.
Hjelm ging ins Wohnzimmer und nahm das Poster mit dem Knick von der Wand. Dahinter hing eine Dartscheibe. Wo waren die Pfeile?
Sie durchsuchten alle Schränke und Kommoden. Nichts sonst zeugte von Göran Anderssons beinahe dreimonatigem Aufenthalt in der Wohnung. Eine aufgerollte Matratze, eine russische Reisetasche mit Fünfhundertkronenscheinen, ein feuchter Topf, eine Sammlung von Schlüsselrohlingen, eine Schachtel Patronen aus Kasachstan, eine Dartscheibe und eine Liquidierungsliste. Darüber hinaus ließ nichts darauf schließen, dass er sich hier aufgehalten hatte.
Hjelm rief seine ehemaligen Kollegen aus dem benachbarten Polizeipräsidium an und gab Anweisung, die Wohnung zu versiegeln, rund um die Uhr zu bewachen und von den Technikern untersuchen zu lassen.
Als sie in die Frühsommersonne hinaustraten, erinnerten ein paar kühle Windstöße sie daran, dass der Abend nahte. Es ging auf acht Uhr zu. Wieder standen sie ganz am Anfang.
Hjelm und Chavez klingelten noch einmal die Sekretärin Lisa Hägerblad an, und diesmal nahm sie sogar ab. Sie wollte nicht antworten, als Hjelm sie nach Winges Aufenthaltsort fragte. Ehe er ihr klarmachen konnte, wie wichtig die Frage war, hatte sie schon wieder aufgelegt. Seufzend machten Hjelm und Chavez sich auf den Weg nach Rasunda, um persönlich mit ihr zu sprechen.
Hultin und Söderstedt fuhren nach Stora Essingen, wo Winges jüngerer Mitarbeiter Johannes Lund eine ansehnliche Villa mit ansehnlichem Ausblick auf den Mälaren bewohnte. Bei ihm war immer nur der Anrufbeantworter angesprungen. Sie hatten keine Nachricht nach dem Piepston hinterlassen.
Da es nach Stora Essingen bedeutend näher war als nach Rasunda, erreichten Hultin und Söderstedt ihr Ziel als erste. Ein Mann in blauem Overall ging über die steil zum Wasser hin abfallende Rasenfläche und versprühte aus einem Gerät auf Rädern, das wie ein wenig zweckmäßiger Rasenmäher aussah, Dünger. Aus dem Halsausschnitt seines Overalls ragten ein weißer Hemdkragen und ein schwarzer Krawattenknoten. In der Tasche des Overalls steckte ein Handy.
»Sieh an, sieh an«, sagte der Mann, als er Söderstedt erblickte. Er stellte das Düngegerät ab und hängte den Sprühkopf ein. »Sind Sie noch nicht zufrieden ...«
»Warum gehen Sie nicht ans Telefon?« fragte Hultin schroff.
»Der Festanschluß ist nur für die allgemeinen Gespräche und ist direkt mit dem Anrufbeantworter gekoppelt. Hier«, sagte er und klopfte auf das Handy in seiner Tasche, »gehen nur die wirklich wichtigen Gespräche ein.« Offenbar fasste er ihr sekundenlanges Schweigen als Begriffsstutzigkeit auf, denn er fügte erklärend hinzu: »Die B-Gespräche werden aufgezeichnet und von meiner Frau bearbeitet, die A-Gespräche gehen direkt zu mir.«
»Schauen Sie zum Himmel«, sagte Söderstedt, und Johannes Lund schaute zum Himmel. »Es ist jetzt halb neun, und die Sonne ist noch nicht untergegangen. In wenigen Stunden wird sie verschwunden sein. Und dann wird auch Alf Rüben Winge nicht mehr sein. Verstehen Sie? In ein paar Stunden wird Ihr Chef umgebracht werden, von dem Serienmörder, der bereits fünf Persönlichkeiten aus Ihren Kreisen auf dem Gewissen hat.«
Johannes Lund sah sie überrascht an.
»Die Machtmorde? Du meine Güte. Und ich habe ihn immer als eher unwichtigen Menschen wahrgenommen. Das gibt ihm ja fast ein wenig ... Größe.«
»Erzählen Sie uns alles, was Sie über sein gelegentliches Untertauchen wissen«, sagte Hultin.
»Wie ich bereits sagte, ich weiß nichts«, erklärte Lund und blickte sinnierend in den Himmel über Essingen. »Er ist mir gegenüber extrem misstrauisch. Er weiß genau, dass ich der eindeutig Fähigere von uns beiden bin und dass ich verdammt viel mehr einfahre als er selbst. Er braucht mich, aber er hasst mich dafür. Ungefähr so. Hasst mich, braucht mich aber. Wie Sie wollen. Und es würde ihm nicht im Traum einfallen, mir irgendwelche persönlichen Dinge anzuvertrauen.«
»Hat er Freunde,
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