Misterioso
Drittens: Als du ihn fragst, ob er seinem nächsten Opfer lange genug gefolgt ist, antwortet er: ›Lange genug.‹ Das kann bedeuten, dass er schon heute nacht erneut zuschlägt. Obgleich er erst vorige Nacht in Göteborg aktiv war. Gut, das ist nicht viel Zeit, aber genügend Zeit, um zu handeln. Also: Anderssons Aufenthaltsort in Stockholm kriegen wir vermutlich über Lena Lundberg heraus, das nächste Opfer wird vermutlich Alf Rüben Winge sein, und der Mord soll aller Voraussicht nach heute nacht stattfinden. Ich rufe Holm an, du informierst Söderstedt wegen Winge. Nimm mein Handy.«
Hjelm stand einen Moment einfach da und versuchte, sich zu orientieren. Hultin war in Kampfbereitschaft. Sein Gespräch mit Kerstin Holm war fast zu Ende, als Hjelm endlich das Handy nahm und Söderstedts Nummer wählte.
»Arto. Winge ist der nächste, vermutlich heute nacht. Was hast du rausbekommen? Wo bist du überhaupt?«
»Hier«, sagte Söderstedt melodramatisch und stieß die Tür zu Hultins Büro auf. Er schaltete das Handy aus. »Ich war an meinem Schreibtisch. Was hat sich bei euch getan?«
»Holm ist schon auf dem Weg zu Lena Lundberg«, sagte Hultin, unbeeindruckt von dem effektvollen Entree. Erst danach wandte er sich an Söderstedt. »Wen hast du über Winge befragt?«
Söderstedt schaltete blitzschnell um.
»Seine Ehefrau Camilla im Narvavägen, eine Sekretärin und eine Büroangestellte in seiner Firma Urbolnvest in der Sturegtan, Lisa Hägeblad und Wilma Hammar, seine zwei Mitarbeiter in der Firma, Johannes Lund und Vilgot Öfverman, sowie einen Nachbarn des verrammelten Sommerhauses auf Värmdö, Oberst Michel Sköld.«
»Wie hart hast du sie rangenommen?«
»Nicht sehr hart.«
»Gab es die leiseste Andeutung, dass einer von ihnen mehr weiß, als er oder sie gesagt hat? Denk genau nach.«
»Bis auf eine gewisse Bitterkeit bei seiner Frau ... Vielleicht ein allgemeines Gefühl von Geheimniskrämerei in der Firma ...«
»Gut. Wisst ihr, ob Chavez und Norlander schon wieder zurück sind?«
»Die beiden sind noch unterwegs«, sagte Söderstedt.
»Dann kümmern wir uns selbst darum«, sagte Hultin, stand auf und zog sein Jackett an. »Es ist jetzt ... halb sechs. Wenn wir Glück haben, sitzt noch jemand bei Urbolnvest, wir rufen von unterwegs an. Jeder fährt in seinem Wagen. Arto übernimmt die Ehefrau, Paul und ich fahren in die Firma. Wenn dort niemand mehr ist, müssen wir die Leute woanders suchen. Und wir halten einander über jedes Resultat, positiv oder negativ, via Handy auf dem laufenden. Bitte keine Funkgeräte. Ich versuche, Viggo und Jorge zu erreichen, und warte auf Kerstins Anruf aus Algotsmäla. Alles klar?«
»Keine Verstärkung?« fragte Söderstedt.
»Das hat noch Zeit«, antwortete Hultin.
Auf der Treppe wären sie fast mit Niklas Grundström von der Abteilung für Interne Ermittlungen zusammengestoßen. Sein Blick begegnete Hjelms, und Hjelm blieb automatisch eine Sekunde stehen.
»Na, Schäfchen im trockenen, Hjelm?« fragte Grundström leise.
»Oder auch nicht«, sagte Hjelm ebenso leise.
»Vielleicht solltest du mal bei Döös und Grahn vorbeischauen. Die zwei können deine Unterstützung wirklich brauchen.«
Grundström sah ihnen hinterher, als sie die Treppe hinunterrannten und zu ihren Autos hasteten. Dann ging er weiter, um zwei Säpo-Männer zu entlassen.
Bis Östermalm fuhren sie, so schnell es ging, hintereinander her durch den Berufsverkehr.
»Vilgot Öfverman ist noch bei Urbolnvest«, teilte Hjelm übers Handy mit. »Er wartet auf uns. Die übrigen sind schon nach Hause gegangen. Ich habe die Adresse einer der Sekretärinnen bekommen, Wilma Hammar, in der Artillerigatan. Die anderen beiden wohnen außerhalb der Stadt. Soll ich sie übernehmen?«
»Ja«, sagte Hultin.
Die drei Autos fuhren in gleicher Formation bis Humlegärden weiter. Kurz vor der Kreuzung Sturegatan-Karlavägen meldete Hultin, dass Kerstin Holm jetzt bei Lena Lundberg sei.
»Sie meldet sich so schnell wie möglich wieder. Kein Kontakt zu Jorge. Viggo guckt sich in Ösmo eine Wohnung an. Kein Kommentar. Er kommt, so schnell er kann.«
Söderstedt und Hjelm bogen nach links auf den Karlavägen ab, während Hultin noch ein Stück weiter auf der Sturegatan blieb. Ein paar Häuserblocks weiter bog Hjelm in die Artillerigatan ein, während Söderstedt weiter zum Karlaplan und Narvavägen fuhr. Hjelm klingelte bei Hammar und wurde von einer freundlichen Männerstimme hereingebeten. In der dritten
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