Misterioso
sagte er schließlich und sog an seiner Zigarre. »Das hier sind übrigens Niklas Grundström und Ulf Martensson von den Internen Ermittlungen. Ob sie auch hier sind, um dir zu gratulieren, kann ich nicht sagen.«
Da Brauns kleine Ansprache klang, als wollte er sich zurückziehen, erhoben die beiden Herren sich von dem Sofa. Es gab einen kurzen Moment der Irritation, als der Kommissar ungerührt sitzen blieb und seine schwarze Zigarre schmauchte – genau jenen Anflug von Unsicherheit, den die beiden um keinen Preis vermitteln wollten. Hjelm bedankte sich bei Bruun mit einem scheinbar neutralen Blick, der angemessen erwidert wurde. Der Kommissar nahm einen letzten Zug und erhob sich schwerfällig.
»Der Arbeitsschutzbeauftragte hat festgelegt, dass ich das Zimmer nicht mit brennender Zigarre verlassen darf«, entschuldigte er sich und verließ, in Rauchschwaden gehüllt, den Raum. Der ausgedrückte Zigarrenstummel schickte immer noch Rauchzeichen zur Decke.
Grundström schob den Aschenbecher weg, als handele es sich um eine übergärige Latrinentonne, und setzte sich, nicht ohne Widerwillen, in Brunns geräucherten Schreibtischsessel. Märtensson sank wieder auf das Sofa. Grundström legte seine Aktentasche auf die Arbeitsplatte und nahm eine Brille mit fast kreisrunden Gläsern heraus, die er umständlich aufsetzte. Danach zog er einen braunen Umschlag und eine Abendzeitung hervor. Nachdem er die Aktentasche zurück auf den Boden gestellt hatte, hielt er Hjelm die Titelseite des Expressen entgegen. Fette Schlagzeilen verkündeten: »Extra. Der Held von Fittja. Polizist Held in Geiseldrama«. Unter der Überschrift war ein bestimmt zehn Jahre altes Foto des damaligen Polizeiassistenten Paul Hjelm abgedruckt.
»Die Medien haben die Rollen bereits verteilt«, sagte Niklas Grundström in blasiertem Ton und faltete die Zeitung zusammen. Dabei fixierte er Hjelm. »So etwas geht heutzutage unerhört schnell, nicht wahr. Dass sie es schon in der Abendausgabe bringen. Da war der Stift mal wieder schneller als der Gedanke.«
»Altes Dschungelsprichwort«, rutschte Hjelm heraus, ehe er den Denkapparat einschalten konnte. Er biss sich auf die Zunge.
Grundström musterte ihn, ohne eine Miene zu verziehen. Dann bückte er sich und nahm ein kleines Aufnahmegerät aus der Aktentasche.
»Ich hatte gehofft, darauf verzichten zu können«, sagte er und drückte den Startknopf. »Verhör mit Kriminalinspektor Paul Hjelm, geboren am 18.02.57, ausgeführt von Grundström und Märtensson in der Polizeidienststelle Huddinge am 30. März um 17 Uhr 06.«
»Verhör?« fragte Hjelm.
»Verhör«, bestätigte Grundström. »Sie haben es selbst so gewollt.«
Hjelm biss sich erneut auf die Zunge. Jetzt bloß kein Wort zuviel. Und dann ging es los:
»Sind oder waren Sie jemals Mitglied einer ausländerfeindlichen Organisation?«
»Nein«, antwortete Hjelm und beschwor sich, ganz ruhig zu bleiben.
»Wie ist Ihr Verhältnis zu Ausländern?«
»Weder gut noch schlecht.«
Grundström kramte in dem großen braunen Umschlag und fischte schließlich etwas heraus, das wie ein Register aussah. Er fasste zusammen: »42 Prozent der Festnahmen während Ihrer Dienstzeit in diesem Distrikt sind gegenüber Personen ausländischer Herkunft durchgeführt worden. Im letzten Jahr ist die Zahl sogar auf 57 Prozent gestiegen.«
Hjelm hüstelte und konzentrierte sich. »In der gesamten Gemeinde Botkyrka sind nach neuesten Erkenntnissen 32 Prozent der Bevölkerung ausländischer Herkunft, wovon 20 Prozent ausländische Staatsbürger sind. Im nördlichen Teil, das heißt in Alby, Fittja, Hallunda und Norsborg, liegt die Zahl erheblich höher, deutlich über 50 Prozent. Dass 42 Prozent der Festnahmen in dieser Gegend gegenüber Einwanderern vorgenommen werden, ist ja wohl eher ein Indiz dafür, dass bei Personen schwedischer Herkunft ein ausgeprägterer Hang zur Kriminalität vorliegt. Jedenfalls liefert diese Zahl nicht den geringsten Beweis für Rassismus, wenn es das ist, worauf Sie hinauswollen.«
Hjelm war äußerst zufrieden mit seiner Antwort; Grundström nicht.
»Was hat Sie geritten, einfach da reinzustürmen und den Mann wie ein zweiter Dirty Harry umzunieten?«
»Dieser Mann, wie Sie sagen, gehört der albanischen Minorität in der Provinz Kosovo im südlichen Serbien an. Sie wissen ja sicher, wie die Situation dort aussieht. So gut wie alle Kosovoalbaner, mit denen wir in diesem Bezirk zu tun haben, Menschen, die sich eingelebt und Schwedisch
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