Misterioso
verschiedener Biersorten, dazwischen ein paar Andy-Warhol-Plakate. Insgesamt eine ziemlich konventionelle Einrichtung. Der breitschultrige, schnauzbärtige Mann hinter der Theke strahlte eine solche Autorität aus, dass es sich nur um einen der Inhaber handeln konnte.
Es war Roger Hackzeil höchstpersönlich.
Hjelm fragte Hackzeil ohne Umschweife, ob die Namen Guido Cassola, Cafe Ricardo und Cafe Tregua ihm etwas sagten, und bekam drei gebrummelte »Ja« zur Antwort. Danach erkundigte er sich so detailliert wie möglich nach der Kassette und bedauerte, nicht Kerstins und Jorges Sachkenntnis zu haben.
Während Hackzell über die Antwort nachdachte, fragte Hjelm ihn, ob er wohl einen doppelten puren Wodka bekommen könnte. Hackzell sah den Polizisten erstaunt an, goss ihm aber einen Absolut-Wodka in ein Wasserglas.
»Ich geh mal gucken, ob ich die Kassette finde. Ich hab keine Ahnung von Jazz, aber die meisten von Guidos Aufnahmen müssten hier noch irgendwo rumliegen. Wenn Sie sich einen Moment gedulden wollen...«
Hjelm betrachtete das Wasserglas, schnupperte misstrauisch am Inhalt. Sobald die letzten Gäste das Lokal verlassen hatten, ging er an einen der Tische, schnappte sich eine leere Mineralwasserflasche und nahm sie mit zur Theke. Dort füllte er den Wodka in die Flasche um, nahm einen benutzten Weinkorken aus einem Körbchen auf der Theke, drückte ihn in die Wasserflasche und ließ diese in seiner Tasche verschwinden. Zwei Sekunden später kam Hackzell zurück.
»Tut mir leid, ich kann das Band nicht finden. Vielleicht ist es beim Umzug verlorengegangen.«
Hjelm nickte, bezahlte den Wodka und trat in den strahlenden Sonnenschein hinaus.
Das nächste Ziel auf Hjelms Liste war der Spirituosenladen. Die Verkäuferin hinter dem Tresen starrte ihn verblüfft an, als er sie fragte: »Kann man Wodkasorten nach dem Geschmack unterscheiden, oder schmecken die alle gleich?«
»Das weiß ich nicht«, sagte die Verkäuferin in breitestem Smaländisch.
»Könnten Sie wohl den Chef holen?« fragte Hjelm und zeigte der Frau seinen Dienstausweis. Das war immer noch die einfachste Art, lange Diskussionen zu vermeiden.
Ein ernst dreinblickender Mann mittleren Alters erschien hinter dem Tresen. Er trug einen Anzug. Hjelm wiederholte seine Frage.
»Ganz genau weiß ich das nicht«, sagte der Mann. »Aber Wodka ist die reinste Spirituose, die es gibt. Ich könnte mir denken, dass die einzelnen Sorten sich weniger im Geschmack als im Alkoholgehalt voneinander unterscheiden.«
Hjelm bedankte sich und verließ den Laden. Er spürte seine Müdigkeit bis in die Fingerspitzen und setzte sich auf eine Bank vor dem Spirituosenladen, um für eine Minute die Augen zu schließen.
Roger Hackzell hatte sichtlich nervös reagiert, als Hjelm ihm seinen Dienstausweis gezeigt und die Reichskripo erwähnt hatte. Und als er dann auch noch die Kassette ins Gespräch gebracht hatte, war der Kneipier regelrecht panisch geworden.
Als Hjelm die Augen wieder aufschlug, saß ein verhältnismäßig junger Penner neben ihm auf der Bank, der auf den ersten Blick fast als gut trainierter Bodybuilder hätte durchgehen können. Sein gieriger Blick klebte an Hjelms ausgebeulter Jackentasche.
»Hast du was?« fragte das alkoholisierte Muskelpaket in edelstem Smaländisch.
»Ja«, sagte Hjelm. »Eine Frage. Sie sind doch sicher Experte. Kann man Wodkasorten nach dem Geschmack unterscheiden, oder schmecken sie alle gleich?«
»Wenn ich ‘ne kleine Flasche intus habe, kann ich mich auf
den Geschmack konzentrieren«, sagte der junge Säufer gewieft. »Sie haben einen Alkoholkenner vor sich.«
»Wenn ich Ihnen eine kleine Flasche kaufe ...«
»...stehe ich Ihnen mit Vergnügen für weitere Geschmacksproben zur Verfügung.«
In dem Gefühl, es hier nicht mit einem gewöhnlichen Saufbruder zu tun zu haben, ging Hjelm ein zweites Mal in den Laden und kaufte eine kleine Flasche Explorer. Der Bodybuilder leerte sie in weniger als sechs Minuten und hatte danach einen erstaunlich klaren Blick.
»Na, was ist jetzt mit der Geschmacksprobe?« fragte er und stellte die leere Explorerflasche auf den Boden.
Hjelm zog die Mineralwasserflasche aus der Jackentasche und entkorkte sie. Der Steroid-Säufer schnupperte daran, schüttelte die Flasche, nahm einen Schluck und behielt ihn im Mund wie ein perfekter Weinkenner.
»Verdünnt«, sagte er. »Aber immer noch durchschnittliche Umdrehungszahl.«
»Das ist also ein ursprünglich stärkerer Wodka, der
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