Misterioso
wurden zu einem Büro im hinteren Teil des Lokals geschickt. Auf ihr Klopfen hin öffnete Cassola selbst.
Er sah aus wie ein waschechter Mafiaboss, war aber sehr freundlich und entgegenkommend. Als sie ihr eigentümliches Anliegen vorgetragen hatten, sagte er: »Ich bin mit Jim Barth
Richards ins Gespräch gekommen, als er Ende der Siebziger hier in Göteborg gespielt hat. Damals hat er mir erzählt, dass er ein paar außergewöhnliche Monk-Aufnahmen hätte. Das war das erste Mal, dass ich was von ihm gekauft habe. Er gab seine Sachen sehr sparsam ab, ich nehme an, nur, wenn er einen finanziellen Engpass hatte. Insgesamt habe ich vier Aufnahmen von ihm gekauft. Die letzte, nach der Sie suchen, im Sommer ‘85. Um Mitternacht lege ich hin und wieder Jazz auf, und da nehm ich am liebsten die unbekannten Stücke, um zu sehen, ob irgendeiner meiner Gäste reagiert.«
»Und, hat es schon mal eine Reaktion gegeben?« fragte Holm.
»Auf Risky nicht, soweit ich mich erinnere. Aber auf ein paar andere schon.«
»Haben Sie das Band kopiert?«
Guido Cassola dachte nach, wobei er sich unter der Nase kratzte. »Als ich das Cafe Ricardo noch hatte, waren wir zwei Inhaber. Es gab eine Zwillingskneipe, das Cafe Tregua, nur ein paar Häuserblocks entfernt. Die beiden Läden sahen exakt identisch aus, als Gag, und dieselbe Musik haben wir auch gespielt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich Roger aus dem Tregua das Band kopiert habe.«
»Roger?«
»Roger Hackzell. Irgendwann haben wir die Partnerschaft aufgelöst, weil es Probleme in der Zusammenarbeit gab. Ende der Achtziger hat er Göteborg verlassen und irgendwo in Südschweden ein Lokal aufgemacht, in Smaland, glaube ich. Die Kneipe heißt Hackat und Malet, er führt sie zusammen mit einem gemeinsamen alten Bekannten, Jari Malinen. In Jönköping, Växjö oder Kalmar.«
»Könnten Sie das Band holen?« sagte Holm und zeigte fragend auf das Telefon. Cassola nickte und verließ das Büro. Holm rief noch einmal ihr ehemaliges Revier, Wachdistrikt 3, an. Diesmal war sie kürzer angebunden. Hjelm bildete sich ein, dass das an seiner Anwesenheit lag. Aber im Moment bildete er sich viel ein.
»Hallo, ich bin’s noch mal«, sagte sie. »Ja, ja, ich weiß. Aber was wäre die Reichskripo wohl ohne ihr Fußvolk?« Ein bisschen dick aufgetragen vielleicht. »Doch ... Ja, doch ... Es geht um eine Kneipe in Smaland, die Hackat und Malet heißt. Vermutlich in Jönköping, Växjö oder Kalmar. Gut. Nein, ich melde mich wieder. Woher soll ich wissen, wie es ihm geht? Schlecht, hoffentlich. Hör schon auf. Tschüß.«
»Dein Ex ist also auch Bulle?« fragte Hjelm auf gut Glück.
»Die Kehrseite der Inzucht«, sagte sie mit einem schwer zu deutenden Blick.
Guido Cassola kam zurück und spielte ihnen in dem kleinen Kassettenrekorder, der auf seinem Schreibtisch stand, ein Stück vor. Es war die Aufnahme, die sie suchten.
Sie spielen unseren Song, dachte Hjelm und fühlte sich hundselend.
Sie nahmen den Abendflug nach Malmö. Vom Flughafen aus rief Kerstin Holm noch einmal bei ihrem Revier in der Färgaregatan an und bekam die Adresse der Kneipe Hackat und Malet in Växjö.
Hjelm schlief während des kurzen Fluges tief und traumlos. Als Holm ihn weckte, war ihm trotzdem so, als hätte er etwas Wichtiges geträumt.
Trotz der späten Stunde machten sie sich noch auf den Weg zum fünften und letzten Käufer von White Jims Monk-Aufnahme.
Die Unternehmung erwies sich als Schuss in den Ofen. In der dritten Etage des Mietshauses in der Barkgatan in Mölle-vangen, wo Robert Granskog hätte wohnen sollen, gab es kein Schild mit diesem Namen. Sie klingelten an vier Türen, und bei der vierten öffnete eine junge Frau mit kurzen Haaren, die bestätigte, dass ein Robert Granskog in ihrer Wohnung gewohnt hatte – bis kurz vor ihrem Einzug 1992. Granskog war auf nicht sehr schöne Art und Weise in der Wohnung gestorben, weswegen sie sie recht billig bekommen hatte.
Auf dem Weg zurück ins Zentrum diskutierten sie die verschiedenen Möglichkeiten, gegebenenfalls an den Nachlass des Verstorbenen heranzukommen. Die Aussichten waren mehr als gering. Trotzdem beschlossen sie, sich am nächsten Morgen zu trennen. Holm sollte in Malmö bleiben und versuchen, Robert Granskogs Erben aufzutreiben, und Hjelm würde mit dem Zug weiter nach Växjö fahren. Sie beendeten den Abend in einem gemütlichen französischen Lokal am Stortorget, nicht weit vom Savoy entfernt, in dem abzusteigen sie sich gegönnt
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