Mistreß Branican
stellte Briefe zu und trug die Neuigkeiten von Dorf zu Dorf, selbst in die zerstreut liegenden Dörfer, östlich und westlich von der Telegraphenlinie. Er kam damals von Emu-Spring, einer Ortschaft am Südabhange der Buff-Ranges, nachdem er die Gegend, die sich bis zu den Mac-Donnell-Ranges ausdehnt, durchzogen hatte.
Godfrey gelang es nur zwei oder drei dieser schnellen Thiere zu erreichen. (S. 246.)
Dieser Courier, welcher zu der Classe der »Roughmen« gehörte, glich recht den alten französischen Postillonen. Er ertrug Hunger und Durst, wurde überall freundlich aufgenommen, wenn er auch keinen Brief aus der Tasche zog, war muthig, entschlossen und ritt, den Revolver im Gürtel, auf seinem tüchtigen Rosse Tag und Nacht dahin, indem er keine Gefahr scheute.
»Achtung! Da sind sie!« rief Tom Marix. (S. 251.)
Mrs. Branican fand ein Vergnügen daran, mit ihm zu sprechen und sich bei ihm nach den Stämmen zu erkundigen, mit denen er in Berührung gekommen war.
Dieser tüchtige Mann antwortete in schlichter und einfacher Weise. Er hatte, wie alle Leute, von der Katastrophe des »Franklin« reden hören, doch wußte er nicht, daß unter der Leitung der Frau des John Branican eine Expedition von Adelaïde aus unternommen würde, um die Gebiete Centralaustraliens zu durchforschen.
Mrs. Branican erzählte ihm noch, daß nach den Berichten Harry Felton’s der Capitän John bei den Indas seit vierzehn Jahren gefangen gehalten werde.
»Haben Sie auf Ihren Wegen, fragte sie, einige Eingeborne dieses Stammes kennen gelernt?
– Nein, Mistreß, obwohl diese Indas manchmal dem Alexandralande nahe gekommen sind, erwiderte der Courier, und ich oft von ihnen habe sprechen hören.
– Können Sie uns nicht sagen, wo sie sich jetzt befinden? fragte Zach Fren.
– Mit den Nomaden ist es schwer… In dieser Jahreszeit sind sie da, in jener wieder dort…
– Aber ihren letzten Aufenthaltsort? fragte wieder Mrs. Branican, die auf dieser Frage beharrte.
– Ich glaube behaupten zu können, erwiderte der Courier, daß sie sich vor einem halben Jahre im Nordwesten von Ostaustralien an den Ufern des Fitz-Roy aufgehalten haben. denn diese Gegenden suchen die Völker Tasmaniens sehr gern auf. Zum Teufel! Sie wissen doch, wenn man in diese Ländereien vordringen will, daß man die Wüsten des Centrums und des Westens durchwandern muß, und ich brauche Ihnen wohl nicht zu sagen, welche Gefahren da zu bestehen sind!… Nun, mit Muth und Energie kommt man weit… So wünsche ich Ihnen denn eine glückliche Reise, Mrs. Branican.«
Der Courier nahm noch ein Glas Branntwein zu sich und einige Büchsen Conserven in die Tasche. Dann bestieg er wieder sein Pferd und verschwand bald hinter dem Rücken der Mac-Donnell-Ranges.
Zwei Tage darauf überschritt die Karawane die höchsten Uebergänge dieser Gebirgskette, die der Gipfel des Liebigberges beherrscht, und gelangte an die Grenze der Wüste, hundertdreißig Meilen nordwestlich von der Station Alice-Spring.
Neuntes Capitel.
Das Tagebuch der Mistreß Branican.
Bei dem Namen »Wüste« erinnern wir uns sofort an die Sahara mit ihren ungeheuren sandigen Ebenen, die von grünen, frischen Oasen unterbrochen wird. Aber die Gegenden von Centralaustralien haben mit den Gegenden Afrikas nichts gemeinschaftlich, höchstens den Wassermangel. Das Wasser hat sich in den Schatten gezogen, sagen die Eingebornen, und die Reisenden müssen von Cisterne zu Cisterne ziehen, die meistens in großer Entfernung von einander liegen. Obwohl der Sand, sei es in der Ebene, sei es als Düne, sich über einen großen Theil der australischen Erde ausbreitet, so ist der Boden doch nicht ganz öde, indem hin und wieder Strauchwerk mit Blüthen, Gummibäume, Akazien oder Eukalypten vorkommen und so dem Ganzen doch nicht jenen nackten Anschein geben, den die Sahara zeigt. Aber diese kleinen Sträucher und Bäume geben weder eßbare Früchte noch Blätter, so daß die Karawanen ihre Lebensmittel mitbringen müssen, umsomehr, als man in dieser Einöde kaum auf animalisches Leben stößt und nur selten den Flug eines Zugvogels beobachten kann.
Mrs. Branican trug Alles regelmäßig und mit großer Genauigkeit in ihr Tagebuch ein, so daß einige Blätter desselben uns diesen beschwerlichen Marsch viel besser beschreiben können, als ein bloßer Bericht; sie werden auch deutlicher zeugen von dem Muthe Dollys, ihrer Entschlossenheit, unerschütterlichen Zähigkeit, nie zu verzweifeln, selbst in dem
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