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Mistreß Branican

Mistreß Branican

Titel: Mistreß Branican Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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mehr wiedersehen!«…
    Nur Thränen waren die Antwort Mr. William Andrew’s.
    Mrs. Branican fiel plötzlich bewußtlos auf einen Stuhl hin.
    Mr. William Andrew rief eine der Frauen des Hauses herbei, die Dolly rasch zu helfen suchte. Einer der Commis lief schnell nach Dr. Brumley, der in demselben Viertel war und auch gleich erschien.
    Mr. William Andrew setzte ihn rasch von dem Vorgefallenen in Kenntniß. Durch Zufall, durch eine Indiscretion hatte Mrs. Branican Alles erfahren. Ob sie das im Prospect-House oder in den Straßen von San-Diego erfuhr, war ja gleichgiltig. Sie wußte es jetzt! Sie wußte, daß vier Jahre seit dem Tode ihres Kindes verflossen waren, daß sie vier Jahre geisteskrank gewesen war, daß vier Jahre vorübergegangen waren, ohne daß man von dem »Franklin« etwas hörte…
    Nur mit Mühe brachte Dr. Brumley die unglückliche Dolly wieder zum Bewußtsein, während er sich fragte, ob ihr Geist diesem furchtbarsten Schlage, der sie noch treffen konnte, widerstanden hätte.
    Als Mrs. Branican allmählich wieder zur Besinnung kam, da wußte sie sofort, was ihr enthüllt worden war… Sie war mit dem vollen Geiste wieder zum Leben erwacht!… Und durch Thränen hing ihr Blick fragend an dem Gesichte Mr. William Andrew’s, der neben ihr kniete.
    »Sprechen Sie… sprechen Sie… Herr Andrew!«
    Das waren die einzigen Worte, die sie hervorbringen konnte.
    Mit schluchzender Stimme theilte ihr dann Mr. William Andrew mit, welche Unruhe ihm das Ausbleiben jeder Nachricht über den »Franklin« bereitet habe… Depeschen und Briefe seien nach Indien und Singapore abgeschickt worden… eine Untersuchung der Route, welche John hätte nehmen sollen, wäre eingeleitet worden… Nichts habe auf eine Spur der Schiffbrüchigen geführt!…
    Unbeweglich, schweigend, hörte Mrs. Branican zu. Als Mr. William Andrew mit seinem Berichte fertig war, da sagte sie leise:
    »Mein Kind todt!… Mein Gatte todt!… Ach, warum hat mich Zach Fren dem Tode entrissen!«
    Doch ihr Gesicht belebte sich plötzlich, ihre angeborene Energie trat auf einmal so deutlich hervor, daß Dr. Brumley darüber ganz bestürzt war.
    »Seit den letzten Nachforschungen, sagte sie, hat man nichts mehr über den »Franklin« erfahren?
    – Nichts, erwiderte Mr. William Andrew.
    – Und Sie sehen ihn als untergegangen an?
    – Ja… untergegangen.
    – Und von John und seinen Leuten ist nichts gehört worden?
    – Nein, arme Dolly, und wir haben gar keine Hoffnung mehr…
    – Keine Hoffnung mehr,« erwiderte Mrs. Branican in ironischem Tone.
    Sie erhob sich, trat ans Fenster, aus welchem man auf das Meer sehen konnte.
    Mr. William Andrew und Dr. Brumley beobachteten sie ängstlich, da sie für ihren Geist fürchteten.
    Aber Dolly war im vollen Besitze desselben und mit Feuer wiederholte sie:
    »Keine Hoffnung mehr!… Sie sagen, keine Hoffnung mehr!… Herr Andrew, wenn John für Sie verloren ist, so ist er es doch nicht für mich!… Dieses Vermögen, welches mir gehört, ich will es nicht ohne ihn haben… Ich werde es dazu benutzen, um John und seine Mannschaft zu suchen!… Und mit Gottes Hilfe werde ich sie wiederfinden!… Ja, ich werde sie wiederfinden!«
Zehntes Capitel.
Vorbereitungen.
    Ein neues Leben begann für Mrs. Branican. Wenn sie die volle Gewißheit von dem Tode ihres Kindes hatte, so hatte sie doch nicht die von dem Tode ihres Mannes. Konnten John und seine Leute nicht den Schiffbruch überlebt und sich auf eine jener zahlreichen Inseln in den Gewässern der Philippinen, von Celebes oder Java gerettet haben? War es den unmöglich, daß sie in die Gefangenschaft eines dortigen Volkes gerathen waren und nicht die Mittel hatten zu entfliehen?
    An diese Hoffnung sollte sich Mrs. Branican von nun an klammern, und zwar mit einer so außerordentlichen Zähigkeit, daß sie bald in ganz San-Diego die allgemeine Meinung über den »Franklin« umstürzte. Nein! Sie glaubte es nicht, sie konnte es nicht glauben, daß John und seine Mannschaft untergegangen wären, und vielleicht war es gerade dieser ausdauernde Gedanke, der sie nicht wieder den Verstand verlieren ließ. Waren auch einige geneigt zu glauben, daß diese ihre Idee nichts anderes als der »Irrsinn einer überspannten Hoffnung« wäre, so war doch keine Störung ihrer geistigen Kräfte vorhanden, wie uns das Folgende zeigen wird. Mrs. Branican war im vollen Besitze ihrer Geisteskräfte und sie hatte jene scharfe Urtheilskraft wieder erlangt, die sie seit jeher ausgezeichnet

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