Mistreß Branican
mitleidige Frau hatte aber auch die Familien nicht vergessen, welche durch das Verschwinden des »Franklin« in Noth gerathen waren. In dieser Richtung hin hatte sie nur die schon von dem Hause Andrew getroffenen Maßregeln ergänzt und zu den öffentlichen Subscriptionen ihr Scherflein beigetragen. Unterdessen war für die Angehörigen der Schiffbrüchigen des »Franklin« genügend gesorgt, bis die Expedition der Mrs. Branican die Lieben wieder zurückbringen würde.
Warum konnte sie das gute Werk, welches sie für die so schwer geprüften Familien gethan hatte, nicht auch für Jane Burker thun? Sie erfuhr jetzt, wie gut diese arme Frau sie in ihrer Krankheit gepflegt, daß Jane sie nicht einen Augenblick allein gelassen hatte. Jetzt wäre Jane im Prospect-House, würde ihre Hoffnungen theilen, wenn die betrügerischen Handlungen ihres Gatten sie nicht genöthigt hätten, San-Diego, vielleicht ohne Zweifel sogar die Vereinigten Staaten, zu verlassen. Wir sehr auch Len Burker wegen seines Vorgehens zu verurtheilen war, so war es sicher, daß Jane sich ihr gegenüber als eine aufrichtige, aufopferungswürdige Verwandte gezeigt hatte. Dolly hatte ihr also noch immer die alte Freundschaft bewahrt und bedauerte jetzt, in ihren glänzenden Verhältnissen, daß sie nichts für sie thun konnte, um ihre Dankbarkeit zu bezeugen. Aber trotz der sorgfältigsten Nachforschungen Mr. William Andrew’s konnte man nicht erfahren, was aus dem Ehepaare Burker geworden war. Wenn ihr Aufenthaltsort bekannt geworden wäre, so hätte Mrs. Branican sie zwar auch nicht nach San-Diego zurückbringen können, da Len Burker wegen Betrugs verhaftet worden wäre, aber sie hätte Jane schleunigst Hilfsmittel zukommen lassen, deren die Unglückliche sicher sehr bedurfte.
Am 27. Juli war der »Dolly-Hope« zur Abfahrt bereit. Mrs. Branican kam am Morgen dieses Tages an Bord des Schiffes, um dem Capitän Ellis noch einmal ans Herz zu legen, Alles zu versuchen und Nichts zu scheuen, um die Spuren des »Franklin« zu finden. Sie zweifelte übrigens nicht, daß es ihm gelingen werde. Man würde John, man würde die Mannschaft zurückbringen!… Sie wiederholte diese Worte mit einer solchen Ueberzeugung, daß die Matrosen in die Hände schlugen. Alle theilten ihr Vertrauen, ihre Freunde, ihre Verwandten, Alle, die zur Abfahrt des »Dolly-Hope« herbeigeeilt waren.
Der Capitän Ellis wandte sich Mrs. Branican wie Mr. William Andrew zu, der sie an Bord des Schiffes begleitet hatte, und sagte:
»Vor Ihnen, Mistreß, vor Mr. William Andrew schwöre ich im Namen meiner Officiere und meiner Bemannung, ja, ich schwöre, daß ich vor keiner Gefahr, vor keiner Anstrengung zurückschrecken werde, um den Capitän John und seine Leute wiederzufinden. Das Schiff, welches Sie ausgerüstet haben, heißt »Dolly-Hope« und wird seinen Namen auch rechtfertigen…
– Mit Gottes Hilfe und mit der Hingebung Derer, die auf ihn vertrauen, erwiderte Mrs. Branican.
– Hurrah!… Hurrah für John und Dolly Branican!«
Die Rufe pflanzten sich durch die Zuschauermenge fort, die dicht gedrängt auf den Quais des Hafens stand.
Die Anker wurden aufgezogen, der »Dolly-Hope« gehorchte den ersten Drehungen der Schraube und fuhr gegen den Ausgang des Hafens. Sobald er denselben verlassen hatte, nahm er die Richtung nach Süd-West und war unter dem mächtigen Arbeiten seiner großen Maschine bald dem amerikanischen Festlande entschwunden.
Elftes Capitel.
Die erste Landung im malayischen Archipel.
Nach einer Fahrt von zweiundzwanzighundert Meilen oder vierzigtausend Kilometern kam der »Dolly-Hope« in Sicht des Gebirges Mouna-Kea, das sich fünfzehntausend Fuß hoch auf der Insel Hawaï, der südlichsten der Sandwichgruppe erhebt.
Diese Gruppe besteht außer fünf großen und drei kleinen Inseln noch aus einer Anzahl von Inselchen, wo man nach dem »Franklin« gar nicht erst zu suchen brauchte. Es war augenscheinlich, daß dieser Schiffbruch längst bekannt geworden wäre, wenn er an den zahlreichen Klippen dieses Archipels, wie an denen von Medo-Manou stattgefunden hätte, obwohl diese nur von zahlreichen Seevögeln bewohnt sind. In der That sind die Sandwichinseln dicht bevölkert – die Insel Hawaï hat allein hunderttausend Bewohner – und Dank den französischen, englischen und amerikanischen Matrosen, die sich auf diesen Inseln aufhalten, hätte die Nachricht von diesem Unglücke bald nach San-Diego gelangen müssen.
Außerdem trafen sich vor vier Jahren, wo der
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